Konkurrenz?

Google-Betriebssystem Chrome OS: Alles im Netz

Google veröffentlicht Quellcode für sein Linux-basiertes System
Von Ralf Trautmann

Fast fünf Monate nach der Ankündigung eines eigenen Betriebssystems hat Google jetzt in Mountain View den Quellcode seines Chrome OS veröffentlicht. Das System basiert auf einem Linux-Kern, soll sich aber durch eine besondere Ausrichtung auszeichnen: Es agiert abseits der Betriebssystem-Basis als komplett Web-orientiertes System. Optisch ist Chrome OS quasi ein zum Betriebssystem erhobener Chrome-Browser - abseits dieser Oberfläche gibt es keinen Desktop. Daten liegen nicht mehr auf der heimischen Festplatte, sondern - vornehmlich verschlüsselt auf den Servern von Google - ausschließlich im Netz und auch die Anwendungen werden rein internetbasiert realisiert.

Chrome-Logo Chrome-Logo
Bild: Google
Dies soll zudem die Sicherheit erhöhen, vermutlich aber wohl nur, wenn man den potenziellen Google-Zugriff auf Daten nicht als Bedrohung wahrnimmt. Entsprechend lässt sich keinerlei Software auf dem eigenen Rechner installieren, nicht mal kleinste Zubehör-Programme sind vorhanden. Dies bringt aber immerhin einen Mehrwert: Das System startet innerhalb von Sekunden, da ja nichts außer der Betriebssystem-Basis geladen werden muss. Andererseits gibts natürlich ein großes Manko: Ohne Web-Anbindung ist nicht zu machen. Die Menschen wollten einfach schnell ins Internet, verlautete von Google. Das mag stimmen - ob sie aber nur ins Internet wollen, bleibt fraglich.

Erste Rechner mit dem OS soll es in rund einem Jahr geben. Google adressiert wohl zum Start primär den Netbook-Markt. Theoretisch läuft das System aber auf allen PCs, wobei in der finalen Version sowohl x86- als auch ARM-Architektur unterstützt werden soll. Einschränkungen gibt es aber trotzdem, so bietet Chrome OS ausschließlich Support für Solid State Disks (SSD), aber nicht für klassische Festplatten, was den Nutzerkreis erheblich einschränkt. Die Attraktivität für Netbook-Hersteller liegt auf der Hand: Hier spielt vor allem der Preis eine Rolle - und Chrome OS ist kostenlos. Wer indes das System einmal testweise installieren will, wird enttäuscht werden: eine Download-Möglichkeit für ein fertiges System wird es wohl nicht geben. Entsprechend kommt Chrome OS nur vorinstalliert, bereits vor geraumer Zeit hatte Google die Kooperation mit zahlreichen Hardware-Größen bekannt gegeben. Natürlich können IT-Experten das System auch selbst kompilieren - für den Normalnutzer ist das nichts.

Ein echter Windows-Konkurrent?

Trotz Linux-Kern ist das Google OS ist keine weitere Variante in der langen Linux-Liste. Denn abseits der Ausrichtung als reines Web-System hat Google einen entscheidenden Trumpf in der Hand: seine Marktmacht. Ob das reicht, um einen signifikanten Marktanteil zu erreichen, darf aber bezweifelt werden. Denn die Web-Ausrichtung mag zukunftsweisend sein - doch oft erleben Systeme, die ihrer Zeit weit voraus sind, eben nicht mehr die Zeit, die zu ihnen passt. Für die Idee, wirklich alles im Web zu realisieren, ist es wohl einfach zu früh. Der Nutzer ist einfach gewöhnt, dass Anwendungen auf seinem Rechner laufen - hier spielt die Gewohnheit eine große Rolle. Allerdings kann Google durch seinen großen finanziellen Rückhalt hier auch einen langen Atem haben.

Allerdings bleibt auch die Datenproblematik: Zwar ist (bisher) nicht bekannt, wie Google hier bei im Zuge der Chrome-OS-Nutzung gelagerten Daten verfährt, ein Grund-Vertrauen zu entwickeln, dürfte aber angesichts Googles Firmen-Geschichte schwierig sein.

Microsoft muss sich also wohl mittelfristig keine Sorgen machen - zumal die Einsetzbarkeit hardwareseitig sowie durch die fehlende Möglichkeit des Downloads beschränkt ist. Das Google sein System gerade jetzt vorstellt, dürfte wohl auch dem Marketing-Gedanken geschuldet sein: Vielleicht wollte Google nach dem gelungenen Windows-7-Start in Punkto Betriebssyst em nicht in Vergessenheit geraten.

Eine ausführliche Einschätzung zum neuen Chrome OS finden Sie auch in unserem Folgeartikel. Ein offizielles Video zum Google-Chrome-OS-Konzept und weitere interessante Informationen aus der Live-Präsentation in Mountain View, zum Beispiel bezüglich der Nutzbarkeit der Web-Office-Anwendungen von Microsoft, hat der Techblog Netbux.de zusammengetragen.

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