Netzpolitik 2012

Rückblick: 2012 wurde die Netzpolitik endgültig erwachsen

Das Internet macht Politik, in diesem Jahr mehr denn je. Die Netzgemeinde hat sich nicht nur mit dem Aus für das Acta-Abkommen als politischer Faktor etabliert. Auch Urheberrecht und Leistungsschutzrecht standen auf der Agenda.
Von mit Material von dpa

Der Deutsche Bundestag bekam nach 2012 einen ständigen Internet-Ausschuss. Zu Beginn dieser Legislaturperiode wäre das noch undenkbar gewesen. Doch spätestens 2012 hat dafür gesorgt, dass sich die Netzpolitik etabliert hat. "Netzpolitik ist endlich auf der politischen Agenda angekommen, sie ist eine der zentralen Querschnittaufgaben unserer Zeit", sagte Malte Spitz vom Bundesvorstand der Grünen.

"Wir haben einen großen Sprung gemacht", sagte der CDU-Netzpolitiker Thomas Jarzombek im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. "Vorher wurde die Netzpolitik oft belächelt, jetzt ist sie zu einem wichtigen, zentralen Politikfeld geworden. Dazu hatten viele Dinge beigetragen, unter anderem die Enquete-Kommission, die Piratenpartei oder die Debatte über Acta."

Acta: Hinterzimmer-Lobbyvertrag löste weltweite Protestwelle aus

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Foto: dpa
Acta - das war einmal ein internationales Abkommen für ein einheitliches Vorgehen staatlicher Behörden gegen Urheberrechtsverletzungen im Internet. Verhandelt in Hinterzimmern, offenbar auch unter dem Einfluss von Lobbyisten, und lange Zeit nur wenigen Fachleuten bekannt, löste dieser Vertrag im Februar eine Welle von Protesten aus - erst im Netz und dann auf der Straße. Am 11. Februar gingen mehrere zehntausend Menschen in Deutschland auf die Straße. "Hier demonstriert das Internet", sagte ein Teilnehmer in Berlin. Die Bundesregierung versagte Acta die Unterzeichnung, für das endgültige Aus sorgte das Europaparlament in Brüssel.

Auch andere Netzpolitiker sahen in der Acta-Debatte einen wichtigen Einschnitt - nicht zuletzt auch für die Art, wie Politik und internationale Diplomatie betrieben wurden. "Im Jahr 2012 ist die Netzpolitik endgültig den Kinderschuhen im Bundestag entwachsen", erklärte der FDP-Abgeordnete Sebastian Blumenthal. "Die Relevanz des Themengebietes ist mittlerweile allen bekannt und wir Netzpolitiker müssen nicht mehr so mühsam für die Netzpolitik im Berliner Politikbetrieb werben wie noch zu Beginn der Legislatur."

Netzpolitik geht weniger um Technik, mehr um Transparenz und Beteiligung

"An der Anerkennung müssen wir noch arbeiten", sagte Jarzombek. Das Besondere an der Netzpolitik sei die hohe Geschwindigkeit bei der Entwicklung ihrer Themen sowie die extreme Vernetzung aller Akteure. CDU und CSU hatten dafür Anfang April den Verein cnetz gegründet, der seit 2012 für eine "bürgerliche und verantwortungsvolle" Netzpolitik eintritt, die "Maß und Mitte" gegen "Ideologie und Irrationalität" stellen will.

Weil es bei der Netzpolitik meist weniger um Technik als um Transparenz, Beteiligung und Kultur geht, wurde es hier schnell mal kontrovers. Wie lässt sich das Urheberrecht im Internet neu gestalten? Soll es ein Grundrecht auf Informationsfreiheit geben? Muss die Netzneutralität gesetzlich verankert werden? "Bisher waren wir viel zu viel in der Tagespolitik und im Baustellendenken eingespannt", sagte Jarzombek und räumte ein: "Das hat kein gutes Bild nach außen gegeben." Der von der Enquete-Kommission Internet und Digitale Gesellschaft empfohlene ständige Bundestagsausschuss könnte auch ein Konzept entwickeln, "wie wir eine digitale Gesellschaft entwickeln und befördern können, wie wir sie gerne haben möchten".

Auf der folgenden Seite zeigen wir auf, wie Datenschutz, Netzneutralität, Urheberrecht und Leistungsschutzrecht nicht nur die Gemüter der Politiker, sondern auch der Internet-Nutzer erregt haben und wie sich die Diskussion immer mehr auf soziale Netzwerke verlagert .