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Definition: VoIP-Telefonat?


26.09.2006 13:45 - Gestartet von Martin Ramsch
3x geändert, zuletzt am 26.09.2006 14:25
Liebe Teltarif-Redaktion,

in meinen Augen verwenden Sie den Begriff "VoIP-Telefonat" manchmal irreführend.

Als VoIP-Gespräche würde ich NUR und ausschließlich Telefonate bezeichnen, die von meiner Seite aus per Internet transportiert werden.
Das "IP" von Voice-over-IP bedeutet ja "Internet-Protokoll".

Konkretes beispiel Ihr heutiger Artikel
| Jajah: Handy-Software für günstigere Auslandsgespräche
| https://www.teltarif.de/arch/2006/kw39/...

In meinen Augen handelt es sich hier bei dem Jajah-Angebot ebenso wie bei PeterZahl.de schlicht um Call-Back-Dienste, wobei bei PeterZahlt.de der Call-Back per Web-Formular ausgelöst wird, bei Jajah durch die "Mobile Suite"-Software am Handy.

Wie der jeweilige Anbieter die beiden Äste des Call-Back-Gesprächs realisiert - ob per Festnetz, per VoIP, per Mobilnetz - ist für mich als Kunden im Grunde völlig unbedeutend! Ich bekomme einfach einen Anruf und werde weitervermittelt.

Zur Erläuterung noch ein Beispiel: Es ist für mich als Kunden ja auch völlig irrelevant, ob die T-Com in ihren Vermittlungsstellen Technik von Siemens oder von anderen Herstellern verwendet. Hauptsache es funktioniert in der gewünschten Qualität ...

Ich würde mich über Kommentare freuen, was Sie von Teltarif.de als auch andere Leser dazu meinen.

Ciao,
__ Martin
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[1] lowtechdesign antwortet auf Martin Ramsch
27.09.2006 21:58
VoIP ist eine Technologie, und kein Produkt oder Dienst.

Also ist es auch egal, wo im Call die Technologie eingesetzt wird. Man spricht auf vom volldigitalisierten Telefonnetz (seit 1998 auch in Deutschland), obwohl es noch Millionen von analogen Teilnehmeranschlüssen gibt.

Oder ist dann ein über ATA angeschlossenes DECT Telefon auch kein VoIP?

Neue Dienste nutzen VoIP als Marketing-Begriff, um z.B. günstige Tarife zu suggerieren. Damit verändert sich die Art, wie der Begriff verstanden und eingesetzt wird. Flatrates sind ja auch nicht flat. Wo liegt das Problem?
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[1.1] Spion "Siegmar" antwortet auf lowtechdesign
08.10.2006 04:56
i have a suggestion :
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[1.2] Martin Ramsch antwortet auf lowtechdesign
14.10.2006 15:20

3x geändert, zuletzt am 14.10.2006 17:25
"lowtechdesign" schrieb:
VoIP ist eine Technologie, und kein Produkt oder Dienst.


Also ist es auch egal, wo im Call die Technologie eingesetzt wird.

Diese Folgerung ist für mich nicht logisch, denn ...

Man spricht auf vom volldigitalisierten Telefonnetz (seit 1998 auch in Deutschland), obwohl es noch Millionen von analogen Teilnehmeranschlüssen gibt.

... gerade Dein Beispiel zeigt sehr schön, worauf es mir ankommt! Ich erkläre das gleich.

Unser Telefonnetz ist nämlich nur _beinahe_ volldigital. Denn die "letzte Meile" zum Kunden wird ja oft noch analog betrieben! Deshalb unterscheidet die T-Com ja zwischen analogen T-Net-Anschlüsse und digitale T-ISDN-Anschlüssen; nicht nur ein großer technischer Unterschied, sondern auch ein Unterschied im Grundpreis und (zumindest früher mal) in deren Tarifen.

Es ist also absolut sinnvoll, zu sagen: "Ich führe ein Analoggespräch" oder "Ich führe ein ISDN-Gespräch" (man könnte ja sogar beide Anschlussarten zugleich im Haus haben, wenn man wollte).

Gemeint ist immer, auf welchem Weg das Gespräch das Haus verlässt und "raus" ins Netz geht!

Da ist es für den T-Net-Kunden völlig irrelevant, dass seine Gespräche ab der Vermittlungsstelle volldigital vermittelt werden. Für ihn ist sowohl technisch als auch tariflich nur relevant, dass er T-Net hat: das ist entscheidend für die anschließbaren Telefone oder TK-Anlagen, das bestimmt die zur Verfügung stehenden Dienstmerkmale, das bestimmt sein Kosten mit.

Genau in diesem Sinne halte ich es für logisch, nur dann von einem VoIP-Telefonat zu sprechen, wenn das Gespräch mein Haus per Internet verlässt!

Wie im Vorgängerbeispiel T-Net vs. T-ISDN brauche ich auch hier wieder ein zur Technik passendes Endgerät (in diesem Fall also ein Softphone, einen ATA oder direkt ein VoIP-Telefon) und habe eng mit der Technik verbundene eigene Tarife (kostenlos bei reinen Internet-Gespräche oder entsprechend des gewählten VoIP-Anbieters).

Als vierte und fünfte Technik könnte man noch die Handynetze (= GSM-Telefonie) und Satelliten-Telefonie nennen. Jeweils brauche ich die passenden Endgeräte, die Gespräche verlassen "mein Haus" auf technisch unterschiedlichen Wegen und es gibt spezifische Nutzungskosten.

Oder ist dann ein über ATA angeschlossenes DECT Telefon auch kein VoIP?

Doch, ist es (nach meiner Sichtweise) immer noch, da das entscheidende die Schnittstelle von mir ("mein Haus") nach draußen ("das Netz") ist. Weil das Gepräch per Internet raus geht, ist es ein VoIP-Gespräch.

Nach Deiner Sichtweise dürfte übrigens ein GMX-VoIP-Telefonat zu einer Festnetznummer gar nicht VoIP genannt werden, weil ja ein Teil der Verbindung, nämlich von GMX bis zum Zielteilnehmer, mit konventioneller Technik erledigt wird. Nach meiner Sicht sind diese Details der Vermittlungstechnik eben egal; entscheidend ist, dass das Gespräch von mir weg (und hin zu GMX) per Internet läuft und ich deshalb von einem VoIP-Telefonat sprechen kann.

Ein Bekannter von mir war übrigens mal per DECT am Anschluss eines Freundes "beteiligt", von dem er dann monatlich eine kleine Privatrechnung über seinen Telefonkostenanteil bekam. Hier hätte ich dann tatsächlich aus Sicht des Bekannten von DECT-Telefonaten gesprochen :-)

Neue Dienste nutzen VoIP als Marketing-Begriff, um z.B. günstige Tarife zu suggerieren. Damit verändert sich die Art, wie der Begriff verstanden und eingesetzt wird. Flatrates sind ja auch nicht flat. Wo liegt das Problem?

Ich denke, wenn Werbung und Marketing technische Begriffe ungenau oder sogar falsch verwenden, ist das zum Schaden aller!

Dass ein Begriff falsch verwendet wird, macht es doch nicht automatisch richtig, oder? Wenn irgendeine Firma eine Volumenpauschale fälschlich als "Volumenflatrate" bezeichnet und damit jedem etablierten Begriff von Flatrate (= Fixbetrag pro Monat, egal wie lange und wie viel genutzt - eben ohne Grenzen) widerspricht, dann verliert das Wort Flatrate dadurch nicht gleich seine Bedeutung! Es bleibt einfach eine Falschnutzung des Wortes - und teilweise würde ich sowas sogar im Bereich bewusste Kundentäuschung ansiedeln ...

Ungenauigkeiten und Falschnutzungen bei technischen Begriffen (gezielt oder aus Unwissen, egal) führen nur dazu, dass Werbung missverständlich oder sogar irreführend wird. Das hilft kundenunfreundlichen Unternehmen, Abzokkern und Betrügern! Was Gutes kann ich nicht darin sehen ...

Je klarer und genauer die Begriffe verwendet werden, desto leichter kann sich der Kunde informieren und informiert entscheiden!

Deshalb ist meine Bitte (auch an teltarif.de): Lasst uns nicht vor Werbung & Co. kapitulieren! Wenn weiterhin als falsch oder irreführend angekreidet wird, was falsch oder irreführend ist, hilft das uns allen!

Ciao,
__ Martin
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[1.2.1] lowtechdesign antwortet auf Martin Ramsch
16.10.2006 21:01
Ich halte die These, eine "korrekte" Verwendung von Begriffen führe zu einer besseren Welt, für sehr gewagt. Vielleicht würde der Konsument auch besser verstehen, um was es geht, wenn wir alle Anglizismen streichen.

Ich fürchte aber, dass es dem Konsumenten so ziemlich egal ist, ob z.B. die Umseztung von analog auf digital im Telefonhörer, in der Nebenstellenanlage oder im Netz passiert. Wenn er überhaupt den Unterschied zwischen digital und analog versteht.

Wird wirklich alles besser, wenn die Technik Begriffe definiert und Werbung und Marketing sich daran zu halten haben? Ich bin selbst Ingenieur, aber das würde ich nie behaupten.
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[1.2.1.1] Martin Ramsch antwortet auf lowtechdesign
18.10.2006 13:14
"lowtechdesign" schrieb:
Ich halte die These, eine "korrekte" Verwendung von Begriffen führe zu einer besseren Welt, für sehr gewagt.

Ich auch, aber ich habe das ja so auch nicht gesagt.

Ich habe weder das Wort "korrekt" verwendet - Deine Anführungszeichen lassen aber ein Zitat vermuten - noch sprach ich von "einer besseren Welt". Durch diese beiden Übertreibungen meiner Aussage hast Du sie so verzerrt, dass es nicht mehr das ist, was ich meinte!

Wie sagt Schopenhauer schon: »Durch Gebrauch solcher Dialektischen Kunstgriffe verrät ein Schriftsteller, daß er sich im Stillen bewußt ist, Unrecht zu haben.«
Siehe: http://gutenberg.spiegel.de/schopenh/eristik/erist01.htm

Aber zur Erläuterung dessen, _was_ ich gemeint habe, vielleicht ein Beispiel aus der PC-Welt:
Wenn das RAM für die benutzte Software nicht ausreicht, dann fängt das System an, Speicher auf die Festplatte auszulagern ("es swappt") und wird dadurch stark gebremst.
Baut man nun mehr RAM ein, wird das System nicht im eigentlichen Sinne schneller, wie das beim Einbau eines schnelleren Prozessors wäre, sondern es wird nur nicht mehr durch's Swappen gebremst!

Ganz im Sinne dieses Vergleichs glaube ich nicht, dass durch Genauigkeit im Ausdruck alles besser wird (schneller wie beim Prozessor-Upgrade), sondern nur, dass unnötige Probleme (Swappen) vermieden werden.

Jetzt klarer?

Überleg Dir doch auch im Umkehrschluss: was ist die Folge, wenn man _bewusst_ alles möglichst mehrdeutig, unklar oder sogar falsch bezeichnet? Okay? Das kann's also nicht sein ... :-)

Vielleicht würde der Konsument auch besser verstehen, um was es geht, wenn wir alle Anglizismen streichen.

Das ist zwar ein Aspekt, der mit meinem ursprünglichen Anliegen direkt _nichts_ zu tun hat. (Beim dem ging es nicht um den Stil der Wortwahl, sondern um Bedeutungsklarheit.)

Aber ja, ich denke, dass manche Konsumenten tatsächlich bei Anglizismen Verständnisprobleme haben und dass man diese Probleme durch eine einfachere Ausdrucksweise mit (bekannten) deutschen Worten vermeiden kann. Dazu gibt's ja auch genug Beispiele, siehe etwa
Anglizismen - "Come in and find out"
http://www.stern.de/wirtschaft/unternehmen/meldungen/532208.html

Ich fürchte aber, dass es dem Konsumenten so ziemlich egal ist, ob z.B. die Umseztung von analog auf digital im Telefonhörer, in der Nebenstellenanlage oder im Netz passiert. Wenn er überhaupt den Unterschied zwischen digital und analog versteht.

Dem Konsumenten ist es plötzlich gar nicht mehr egal, wenn er sein digitales ISDN-Telefon am volldigitalisierten Telefonnetz gar nicht anschließen kann, weil er einen Analoganschluss hat.
Es könnte ihn zumindest wundern, dass bei der Nutzung des im Artikel beschriebenen Jajah-Dienstes am Handy gar keine Datenverkehrskosten anfallen, obwohl es sich doch angeblich um ein VoIP-Telefonat handelt. Wenn er im Wissen, dass VoIP-Telefonate über's Internet laufen, gutgläubig extra eine kostenpflichtige Datenoption gebucht hat, wird er sich sogar richtig ärgern.

Ich verstehe zwar (glaube ich :), was Du meinst: Dem Endkunden ist die Technik egal, sondern das Produkt (was auch immer) soll einfach funktionieren (wie auch immer).

Klar!

Allerdings ist es eben (leider) doch noch so, dass man ganz ohne Interesse an den technischen Details schnell auf die Nase fällt.

Krasses Beispiel: Wer völlig ohne Interesse an der Technik Shells Slogan "Tanken Sie ein neues Fahrgefühl" gedankenlos folgt und V-Power-Benzin in sein Dieselauto einfüllt, wird tatsächlich ein ganz neues Fahr-, äh, Stehgefühl bekommen. :) Der einzige Unterschied dieses Autobeispiels zum Bereich VoIP ist hier, dass Autowissen (z.B. dass es verschiedenen Kraftstoffarten gibt) mehr oder weniger Allgemeinwissen geworden ist.

Weil das so ist und sich der Konsument doch noch auch über manche technischen Details informieren muss, sollten die Angaben dazu zumindest richtig sein und nicht schwammig oder sogar irreführend!

Wird wirklich alles besser, wenn die Technik Begriffe definiert und Werbung und Marketing sich daran zu halten haben? Ich bin selbst Ingenieur, aber das würde ich nie behaupten.

Ich bin Informatiker und habe und würde das auch nie behaupten.
Die Übertreibung "wird alles besser" stammt ausschließlich von Dir. Ansonsten: siehe Erläuterungen oben.

Oder nochmal: es geht nicht darum, dass Werbung und Marketing die technischen Begriffe verwenden müssen. Es geht mir darum, dass - WENN sie sie verwenden - die technischen Begriffe _richtig_ verwendet werden!

Eins noch: Natürlich _gibt_ es Fälle, wo die technischen Begriffe zwar präzise, aber für die Allgemeinheit zu umständlich oder kompliziert sind. Wo es also sinnvoll ist, einfachere Begriffe zu finden. Das ist auch gut so.

Gutes Beispiel dafür in meinen Augen: Der sperrige Name des Standards "IEEE 1394" bekam den markttauglicheren Namen "Firewire" (und "i.Link" von Apple).
Warum auch nicht? Solange sichergestellt ist, dass immer gilt IEEE 1394 = Firewire = i.Link, gibt's auch keine Verwirrung und kein Problem.


Übrigens: Darf ich Dein Schweigen zur Begriffsdefinition "VoIP-Telefonat" nun als Zustimmung werten bzw. konnte ich Dich davon überzeugen, dass meine Sichtweise durchaus nicht unlogisch ist?

Ciao,
__ Martin