Benutzer Kai Petzke schrieb:
Ansonsten verstehe ich nicht, was Sie mit Ihrem Vorwurf des "copy&paste" meinen: Die Agentur liefert gegen Geld Texte an, wie jeder andere freie Redakteur auch. Und natürlich werden die Texte in der Redaktion nochmal geprüft und bei Bedarf inhaltlich korrigiert oder stilistisch angepasst. Doch muss sich eine solche Prüfung auf Plausibilität beschränken, denn sämtliche Originalquellen nachzurecherchieren würde zwangsläufig heißen, dass wir auf den "Agenturmitarbeiter" dann auch komplett verzichten und alles selber schreiben könnten.
Das finde ich, mit Verlaub, ein journalistisches Armutszeugnis. Ich sehe die Aufgabe von Pressemeldungen eher darin, Anstöße zum eigenen Denken und Recherchieren zu geben. Wenn es nur ums Abschreiben geht, fällt die Existenzberechtigung der vielen Medien weg. Von der Pressevielfalt ist schon heute nicht mehr viel übrig, weil sie faktisch nicht mehr genutzt wird. Ist das aber der Gedanke der Pressefreiheit? Eine reine Abschreibefreiheit?
Natürlich braucht es zur Verwirklichung Mitarbeiter, die irgendeinen journalistischen Stil und zu Recherchen die Zeit haben und intellektuell in der Lage sind etwas Anspruchsvolles zu produzieren. Das ist bei Onlinemedien sicher weniger der Fall als bei Printmedien.
Natürlich ist mir auch klar: Forderungen stellen und meckern ist immer einfach. Das als Arbeitgeber, der es heute nicht leicht hat, in der Praxis zu verwirklichen und mit wirtschaftlichen und anderen Rahmenbedingungen in Einklang zu bringen, ist ungleich schwieriger. Aber am Befund ändert das eben nichts.
In Tageszeitungen läuft das auch nicht anders.
Na, nicht ganz so schlimm (zu erkennen auch schon an der Form wie Rechtschreibung und Zeichensetzung, eigentlich etwas Grundlegendes bei Medien). Außerdem heißt das ja nicht, dass man sich das deshalb zum Vorbild nehmen muss.
Auch andere Online-Portale wie heise.de verwenden Agenturtexte weitgehend unverändert, z.B. heute ebenfalls zur Telekom-Ausschüttung:
http://www.heise.de/newsticker/meldung/100233
Bei Heise kommt meist (nicht immer) noch irgendein Hintergrundwissen oder eine Zusatzinformation dazu, oder es wird in einen bestimmten politischen Kontext gesetzt, der dann eben für Heises Individualität steht. Bei Teltarif gibt es das kaum. Vielleicht, weil bei den Redakteuren einfach der geistige Horizont fehlt? Weil eine journalistische Strategie fehlt? Weil der Chef es selbst nicht besser weiß? Ich weiß es nicht.
Beispiel:
https://www.teltarif.de/arch/2007/kw49/... vs.
http://www.heise.de/newsticker/meldung/100035
Wir vergleichen: Teltarif knollt nur von Heise ab. Woher hatte denn Heise die Info? Und Heise hat den Verfügungsantrag gelesen, im Ggs. zu Teltarif wahrscheinlich. Auch über Gesetzentwürfe berichtet Heise regelmäßig nach deren Lektüre und deckt dabei nicht selten Interessantes auf, Teltarif berichtet ohne sie gelesen zu haben. Heise bringt in der Meldung noch umfangreiche Rahmeninfos über Video Buster Entertainment, über weiter Abmahnungen, die Reaktion anderer Provider, die Sperrfolgen, es wird verwiesen auf die BGH-Rechtsprechung zur Haftung, und es wird über die Absichten Huchs und dessen Verfassungsbeschwerde und deren Bedeutung berichtet. Schließlich hat Heise selbst mit Huch gesprochen, während Teltarif auch das nur abknollt. Das alles ist, sind wir ehrlich, eine Recherche- und Denkleistung, die ein Teltarif-Redakteur nie und nimmer auf die Beine gebracht hätte.
Sicherlich fällt diese Telekom-Finanzmeldung nicht gerade in Heises Kernbereich und interessiert die Zielgruppe auch nur bedingt. In Teltarifs auch nicht, insofern würde ich den Copy&Paste-Vorwurf nicht speziell hier festmachen, wohl aber in sehr, sehr vielen anderen Meldungen. Das Problem ist: Bei Teltarif sind leider auch die Meldungen so fad, die thematisch in den Kernbereich fallen! Teltarif kann fast gar nicht anders.
Was ich z.B. gut fände, wäre eine Art Editorial, die du aber dann bitte nur über Themen der Physik oder auch des TK-Markts schreibst. Über die anderen Themen schreiben Experten, die sich damit auskennen. Das andere ist Stammtischgerede und in meinen Augen nicht veröffentlichungswürdig. Klar, über "Tele099 erhöht seine Tarife morgen um 0,2 Cent" kann auch sonstwer schreiben.
Vielleicht fehlt den Redakteuren auch einfach ein professionelles Hintergrundwissen welchen Fachs auch immer, das sie beim Schreiben einbringen und so Schwerpunkte setzen könnten, so dass sie bei der Recherche für einen guten Artikel so leider immer bei Adam und Eva anfangen müssten, was sie natürlich nicht machen.
So schreiben in c't juristische Artikel und auch Tickermeldungen meist Juristen, das hat dann fachlich Hand und Fuß. Bei Teltarif vielleicht alle Jahre wieder RA Gottschalkson, ansonsten wird sich halt irgendwas aus den Fingern gesaugt oder maximal RA X zitiert. Und so kann man das in weiteren Fachrichtungen fortsetzen. Der Teltarif-Leser merkt eigentlich nie: "Mensch, der Redakteur kennt sich da aus, weil er das studiert hat oder sonst eine Ausbildung hat o.ä." Stattdessen merkt man: "Mensch, der hat eigentlich gar keinen Bezug zu dem, über das er schreibt, und eigentlich hat er keinen Bock und will nach Hause." Und dann hat der Leser eben auch keinen Bock. Gut, nach Hause will ich auch immer, wenn ich in Berlin bin, aber drum wohne und arbeite ich auch nicht dort.
Wir bemühen uns bei teltarif.de insofern um eine gute Qualität, als wir uns gleich alle drei der genannten Agenturen leisten, und bei offensichtlichen Widersprüchen zwischen deren Texten auch abgleichen.
Ich fände es viel anerkennenswerter, wenn Teltarif auch mal danebenhauen oder Gewagtes schreiben würde, wenn es denn eine eigene Leistung wäre.
Leserbeirat
Ohne mich als notorischer Miesmacher betätigen zu wollen und nicht auch Chancen in einem solchen Konzept zu sehen: Ich sehe nicht, wie ein solcher "Leserbeirat" schlecht qualifizierte und/oder schlecht bezahlte und/oder unter schlechten Bedingungen arbeitende Redakteure in journalistisch fruchtbarer Weise kompensieren soll.
Soll er ihnen eine Weiterbildung finanzieren? Ein Studium? Soll er die Gehaltsdifferenz zahlen, die Teltarif nicht zahlt? Soll er eine Teltarif-Stiftung gründen? Soll er selbst ehrenamtlich als Redakteur tätig werden?
spl