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unlogische Schlußfolgerung


25.02.2007 22:45 - Gestartet von Kai Petzke
Benutzer wesserbisser schrieb:

Diese Schlußfolgerung finde ich nicht logisch. Wenn Windows durch hohe Lizenzkosten deutlich teurer wäre, würde der Anteil von Windows am Betriebssystemmarkt im Vergleich zu nichtkommerzieller Konkurrenz sinken.

Die nichtkommerzielle Konkurrenz gäbe es erst gar nicht, denn die Patente gelten ja auch für die nichtkommerziellen Betriebssysteme. Patentinhaber könnten jederzeit entsprechende Verbreitungsverbote für Software erwirken, die die Patente verletzt. Als Beispiel ist im Editorial der verkrüppelte Medienplayer unter openSUSE angegeben, der eben diverse Codecs einfach nicht beinhaltet.

Wie auch bei Viren ist der deutliche Marktführer ein viel lohnenswerteres Ziel für Patentkläger.

Je mehr man mit einem Patent verdienen kann, desto eher lohnt es sich, auch die Nummer 2, 3, 4, 5 usw. zu verklagen. Das ist so ähnlich, wie mit den Abmahnungen der Musikindustrie - so lange die "Abmahnkosten", die die verlangen können, so hoch sind, wie derzeit, werden die Privatnutzer weiterverfolgen. Kommen die 50 Euro "Kostengrenze", wie von einigen Politikern vorgesehen, könnte dort sehr schnell Ruhe sein. Je mehr Geld mit Softwarepatenten verdient werden kann, desto eher drohen uns auch hier eine "Raubkopierer-sind-Verbrecher"-Kampagne, mit dem ganzen bekannten Drumherum.

Durch stärkeren Patentdruck hätten es freie Formate deutliche leichter gegenüber kommerzieller Konkurrenz (ogg vs. MP3).

Hier stimme ich zu. Wobei man eben genau unterscheiden muss, ob die Patente die Basistechnologien blockieren (etwa: "Speicherung von Audiostreams in Dateien"), oder spezielle Eigenschaften eines speziellen Codecs. Sind die Basistechnologien blockiert, schadet dass auch der freien Software, sind nur spezielle Implementationen betroffen, kann es ihr nutzen, aber nur dann, wenn (wie bei MP3 der Fall) nicht auch die speziellen Implementierungen schon zum de-facto-Standard geworden sind. Der aktuelle Hickhack könnte sicherlich die Verbreitung von Ogg Vorbis befördern. Aber selbst dann, wenn sich dessen Verwendung in den nächsten 3 Monaten verdoppelt, wäre es immer noch "Lichtjahre" von MP3 entfernt.


Kai
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[1] comfreak antwortet auf Kai Petzke
26.02.2007 12:11
Benutzer Kai Petzke schrieb:
Benutzer wesserbisser schrieb:


Durch stärkeren Patentdruck hätten es freie Formate deutliche leichter gegenüber kommerzieller Konkurrenz (ogg vs. MP3).

Hier stimme ich zu. Wobei man eben genau unterscheiden muss, ob die Patente die Basistechnologien blockieren (etwa: "Speicherung von Audiostreams in Dateien"), oder spezielle Eigenschaften eines speziellen Codecs. Sind die Basistechnologien blockiert, schadet dass auch der freien Software, sind nur spezielle Implementationen betroffen, kann es ihr nutzen, aber nur dann, wenn (wie bei MP3 der Fall) nicht auch die speziellen Implementierungen schon zum de-facto-Standard geworden sind. Der aktuelle Hickhack könnte sicherlich die Verbreitung von Ogg Vorbis befördern. Aber selbst dann, wenn sich dessen Verwendung in den nächsten 3 Monaten verdoppelt, wäre es immer noch "Lichtjahre" von MP3 entfernt.

Problematisch wird es nur dann, wenn das sogen. "freie" Format dann per einer "open irgendwas"-Lizenz zwar für private Zwecke kostenlos ist, sobald es aber eine Firma in ein Produkt integrieren will muss sich dann wieder doch Lizenzgebühren zahlen. Also könnte es bspw. sein, dass Apple Ogg Vorbis in seinen iPod einbauen will, dann aber möglicher Weise (hohe) Lizenzkosten an dessen Entwickler zahlen muss, weil dies eine kommerzielle Nutzung ist. Ich weiß jetzt nicht ob das bei Ogg der Fall wäre, aber es nehmen wir das mal einfach spekulativ an. In diesem Fall müsste Apple also Lizenzgebühren zahlen. Warum sollten die das tun? Wenn die Kosten für eine Eigenentwicklung gleichhoch wären, dann machen die das halt und schaffen somit einen neuen proprietären Standard. Womit im Sinne der Interoperabilität weder dem Nutzer geholfen ist noch Apple. Deshalb setzen sich dann oftmals die technisch besseren Lösungen nicht durch.
Der Punkt ist doch der:
Wenn die Lizenzgebühren niedrig genug sind, werden die Technologien auch lizensiert. Dann kommt es zu keinen Verletzungen von Patenten und alle sind glücklich - Nutzer und Unternehmer. Solange sich aber durch die Eigenentwicklungen Geld sparen lässt bzw. mehr verdienen lässt, werden die Hersteller dies auch machen laufen dann allerdings Gefahr, für viel Geld verklagt zu werden. Was langfristig billiger ist wird sich durch noch viele viele Urteile zeigen.
Das Ziel eines Patents muss sein, die kommerzielle Verwertbarkeit für den Erfinder für einen Zeitraum zu sichern, der die Ammortisierung seiner Entwicklungskosten ermöglicht und somit die Investition in die Erfindung rechtfertigt. Bei freien Entwickungen genauso wie bei kommerziellen. Was die Unternehmen da individuell draus machen ist dann deren Sache. Aber im Moment führen diese Milliardenklagen eher zu einem Trend von weniger Investition in neue Erfindungen und gleichzeitig dazu, sich alles patentieren zu lassen, was man sich nur möglichst billig ausdenken kann. Damit man zukünftig einiges von dem Geld zurück bekommen kann, was man anderswo verliert.
Bestenfalls kommt da also ein Nullsummenspiel heraus, bei dem vor allem einer Verdient: Der Anwalt für Patent- oder Schadensersatzklagen. Und der hat eine sehr gute Lobby, vor allem in den USA.
Irgendwie muss man jedoch die Größenordnung der Forderungen deckeln, damit wieder mal ein wenig Rechtssicherheit geschaffen wird. Vielleicht sollte bei der Patentanmeldung gleich mit eingereicht werden, wieviel die Lizensierung der angemeldeten Technologie in Zukunft kosten wird. Dann kann sich jeder potenzielle Käufer das ausrechnen. Evtl. sollte zusätzlich ein Verfallsdatum für Schadensersatzansprüche eingeführt werden. So könnte man dann sagen, wer seinen Anspruch nicht binnen fünf/zehn Jahren abe Erscheinen eines Produktes mit nicht-lizensierter Technologie geltend macht, erklärt sich mit der Nutzung durch den anderen einverstanden. Damit schützt man dann Unternehmen davor, dass sie nach 19,9 Jahren noch auf Schadensersatz aus nicht gezahlen Lizezkosten verklagt werden und daran möglicher Weise Pleite gehen.
Wenn ein Patent allerdings unbewusst übersehen wird, gut, da kann man nicht viel machen. Dummheit schützt vor Strafe nicht, sagt man im Rechtsdeutsch. Aber es sollte den Unternehmen und den Bürgern auch möglich sein, eben nicht "dumm" zu sein und die Patente nicht zu kennen. Daher mein Aufruf: Nieder mit Trivialpatenten á la "One-Click" Einkauf bei Amazon.

In diesem Sinne,

Comfreak
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[1.1] ezc antwortet auf comfreak
26.02.2007 17:02
Benutzer comfreak schrieb:
Verfallsdatum für Schadensersatzansprüche eingeführt werden. So könnte man dann sagen, wer seinen Anspruch nicht binnen fünf/zehn Jahren abe Erscheinen eines Produktes mit nicht-lizensierter Technologie geltend macht, erklärt sich mit der Nutzung durch den anderen einverstanden. Damit schützt man

Ist ein Problem, da er ja von der Patentverletzung erst Kenntnis erlangen muss, um dagegen vorgehen zu können. Das ist nicht immer trivial, insbesondere, wenn das Patent nicht in Produkten für den Endverbraucher verwertet wird. Die Frage hier ist doch eher, wie die gigantische Summe zustande kommt. Ich habe meine Zweifel, ob die angemessen ist.

die Patente nicht zu kennen. Daher mein Aufruf: Nieder mit Trivialpatenten á la "One-Click" Einkauf bei Amazon.

Richtig, die Sache mit der "Erfindungshöhe" sollte wieder ernster genommen werden. Das MP3-Patent (Fraunhofer) allerdings gehört sicher nicht zu den "Trivialpatenten". Ob das angeblich verletzte Patent von Lucent dazugehört, kann ich nicht beurteilen.
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[2] Mort antwortet auf Kai Petzke
26.02.2007 12:13
Benutzer Kai Petzke schrieb:

Die nichtkommerzielle Konkurrenz gäbe es erst gar nicht,

Naja, von heute auf morgen würde sie nicht verschwinden. Aber vermutlich würden die Downloadserver erstmal nur einen Hinweis anbieten bis die problematischen Teile alle ausgefiltert wurden...

>> Wie auch bei Viren ist der deutliche Marktführer ein viel
>> lohnenswerteres Ziel für Patentkläger.

Nö. Im Gegenteil. Der Marktführer hat i.a. auch eine sehr gute Justizabteilung. Da ist es meist besser, sich erstmal an den kleinen Fischen schadlos zu halten. Sieht man ja auch bei vielen Markenrechts- und Copyright-Abmahnwellen.
Und ist nicht ein OpenSource-Player, bei dem man dutzende beteiligte Autoren relativ einfach ermitteln kann, ein traumhaftes Ziel für Abmahn-Anwälte?

>> Durch stärkeren Patentdruck hätten es freie Formate
>> deutliche leichter gegenüber kommerzieller Konkurrenz
>> (ogg vs. MP3).
Hier stimme ich zu. Wobei man eben genau unterscheiden muss, ob die Patente die Basistechnologien blockieren

Da fangen die Probleme schon an. Im Prinzip funktionieren die meisten Audiocodecs ja ähnlich: Was ein normaler Hörer nicht wahrnimmt, wird stärker komprimiert. Darauf ein Patent wäre wohl der Traum der Musikindustrie...
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[] Blauvogel antwortet auf
25.02.2007 23:19
Benutzer wesserbisser schrieb:
Demzufolge frohlocke ich über solchen Urteile aus dem Land der unbegrenzten Dämlichkeiten!
Ich empfehle dringend den Artikel über Softwarepatente bei Wikipedia zu lesen. Dann wird dir das Frohlocken im Halse stecken bleiben, oder du hast auch dann noch nicht verstanden, worum es geht.