Benutzer koelli schrieb:
Ich weiß nicht, ob man behaupten kann, mobiles Internet sei für die Anbieter defizitär.
Es kommt schließlich darauf an, was INSGESAMT als Gewinn übrig bleibt.
Die meisten Wirtschaftsunternehmen machen sehr wohl Einzelrechnungen pro Produkt. Stimmen die Zahlen nicht, dann wird eine Filiale geschlossen, eine Autoreihe eingestellt (z.B. smart forfour, Volkswagen Lupo etc.), ein Prozessor nicht mehr weiterentwickelt (z.B. Motorola 68000-Serie) oder gar eine ganze Sparte ausgegliedert und verkauft (z.B. wurde die Chip-Sparte von Siemens in Infineon ausgegliedert, deren Speicherchip-Geschäft dann abermals in Qimonda ausgegliedert wurde).
Benutzer spaghettimonster schrieb:
Was ich mich frage, ist, ob man das überhaupt genau auseinanderrechnen kann: Wäre der Netzunterhalt ohne UMTS wirklich viel billiger, so dass man eine solche "Einnahmen-Überschuss-Rechnung" für Daten aufstellen kann?
Viele Investitionen dienen sicher dem Sprach- und dem Datengeschäft. Immer möglich ist aber eine Grenzkostenbetrachtung: "Welche Investitionen und Kosten würden wir sparen, wenn wir kein mobiles Breitband-Internet anbieten?" Als Beispiel seien hier HS(D|U)PA und EDGE genannt: Diese "Datenturbos" bringen für Sprachtelefonie keine Vorteile. Zwar beherrschen (fast?) alle aktuellen GSM- bzw. UMTS-Basisstationen auch EDGE bzw. HSPA. In der Regel muss aber eine zusätzliche Software-Lizenz erworben werden, um die schnelleren Betriebsmodi auch freizuschalten. Analoges gilt für breitere Backbone-Anbindungen und die ganzen Marketing-Kosten für Datenanwendungen.
Es sind diese Kosten, wegen derer sich viele Netzbetreiber in Entwicklungsländern bewusst entschieden haben, erstmal nur GSM aufzubauen. Der führende Ausrüster Ericsson hat erst letztes Jahr den Höhepunkt des Verkaufs von GSM-Ausrüstungen erlebt. Wohlgemerkt: Viele dieser Netze in Entwicklungsländern sind hochprofitabel und gleichzeitig auch eine Bereicherung für die Bevölkerung, die bisher von Telekommunikation abgeschnitten war. Man denke nur an einen Bauern, der auf seinen Feldern einen ihm unbekannten Schädlingsbefall hat, und der nun viel einfacher um Rat fragen kann. Ähnliches gilt auch für medizinische Hilfe, Warnungen vor Unwetter etc. pp.
Im Gegenteil scheinen mir die Netzkosten trotz Daten eher niedriger zu werden, siehe fallende ARPUs und fallende Datenpreise.
Im Gegenzug zu den fallenden ARPUs steigt die Zahl der SIM-Karten. Die Gesamtumsätze der Mobilfunkbranche (= ARPU * Zahl der SIMs) in Deutschland sind (fast) stabil.
Auch die Investitionen sind bei den Netzbetreibern recht stabil. Aber nicht deswegen, weil die alte Voice-Technik so schnell kaputt geht. Sondern weil immer mehr Datentechnik daneben gestellt wird. Bezahlt wird das aber mit den weiterhin hohen Tarifen für mobile Telefonate.
Außerdem muss bei Datenaufrüstung wenig neu gebaut, sondern es müssen nur die bestehenden Masten umgerüstet werden, wenn auch viell. hardwaremäßig.
Wenn man eine UMTS-Basisstation neben eine GSM-Basisstation oder eine LTE-Basisstation neben eine GSM/UMTS-Basisstation baut, kann man, wenn man Pech hat, nicht einmal den Funkmasten "recyceln", weil dieser bereits bis zum Limit mit Antennen behängt ist. Und die aktive Technik muss sowieso einem kompletten Review unterzogen werden: Stromversorgung samt Notstromversorgung noch ausreichend? Kühlung? EMV-Grenzwerte? Backbone-Anbindung? Platz im Server-Rack?
Ist dann alles am Platz, müssen die Antennen eingemessen werden. Jede Frequenz breitet sich anders aus.
Wenn die Anbieter das nicht bezahlt bekommen, dann wundert mich das nicht angesichts der Datenpreise - die ja aber zum Glück, auch dank fehlender IC-Entgelte, allmählich sinken.
Die Anbieter verlangen, was die Kunden bereit sind zu zahlen, und freuen sich über ein paar Prozent Umsatzzuwachs. Sie können sich aber Jahr für Jahr Milliardeninvestionen in den Datenausbau leisten, weil Sprache weiterhin so teuer ist und den Umsatz sichert.
Im Übrigen wird ihnen wohl eh nichts anderes übrig bleiben, wenn sie LTE nicht für die Katz aufrüsten wollen, wo anscheinend Sprachtelefonie nur als eine Art NGN möglich ist. Ohne ein ordentliches Datennetze kommen sie da ja nicht weiter, was übrigens bei E-Plus spannend wird, wenn ob der miserablen Datenleistung - in der neuen c't bildet EP wieder mal das Schlusslicht, auch und gerade bei den HSPA-Latenzzeiten - künftig auch Voice zusammenklappt. Dann wird Voice eh abhängig von Daten.
LTE wurde in Rekordzeit "aus dem Boden gestampft" um WiMAX abzuwehren. Wie schon in einem früheren Editorial geschrieben, bin ich durchaus skeptisch bezüglich der Fähigkeiten der neuen Technik:
https://www.teltarif.de/lte-auktion-milliarde-...Das sind übrigends generelle Einwände gegen NGN über LTE; die betreffen nicht nur E-Plus.
Kai