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Ein weiterer Grund


12.04.2012 10:30 - Gestartet von grafkrolock
einmal geändert am 12.04.2012 10:30
a) auf Facebook nur unter Decknamen zu operieren,
b) das Urheberrecht umfassend zu reformieren bzw. einzuschränken oder abzuschaffen.
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[1] Gar kein Grund...
noplease antwortet auf grafkrolock
13.04.2012 18:44
Benutzer grafkrolock schrieb:
a) auf Facebook nur unter Decknamen zu operieren, [...]
Dann braucht man aber auch Deckfreunde, Deckveranstaltungen, Deckfollower, ausschließlich anonyme Zugehörigkeiten in anderen Lebensbereichen etc, ..., denn alle, die mit einem Decknamen in Verbindung stehen, bringen die latente Gefahr der Enttarnung mit sich.
Der vermutlich sinnvollste Weg, solchen Problemen zu entgehen, ist der, gar nicht erst dem Ich-muss-auch-immer-alles-mitmachen-Virus zu verfallen.
Soll heißen: wer sein Leben auch ohne virtuelle Fangemeinde auf die Kette bekommt, braucht keine Decknamen und muss auch keine Angst vor so begründeten Abmahnungen haben.


Benutzer grafkrolock schrieb:
[...] b) das Urheberrecht umfassend zu reformieren bzw. einzuschränken oder abzuschaffen.
So kann nur jemand denken, der
- im eigentlichen Sinn kein Urheber ist
- und sich nicht bewusst ist, wie oft sie/er sich auf die Echtheit von etwas verlässt.

Stell' Dir mal vor, Du gehst zum Porsche-Händler und kaufst ein Fahrzeug. Kurz darauf stellst Du einzelne Probleme fest und es wird klar, dass das Fahrzeug ein fast komplettes Plagiat ist. Da zuvor aber das Urheberrecht abgeschafft wurde und in diesem Zusammenhang auch Wort- und Bildmarken, weil auch diese intellektuelle Schöpfungen darstellen und da man Trivialpatente für nichtig erklärt hat, um den Fortschritt der Menschheit nicht aufzuhalten, hast Du jetzt Pech und bleibst auf dem Schaden sitzen. Denn es darf ja nach Belieben kopiert und nachgeahmt werden und Du kannst für Deine eigene Unfähigkeit, das Original nicht eindeutig erkennen zu können, den Händler nicht haftbar machen.

Stell' Dir mal vor, Du hast in jahrelanger Kleinarbeit recherchiert, Tage und Nächte über und sozusagen in Büchern verbracht, auf viel Spaß im Leben verzichtet, bist weit gereist, hast hunderte von Leuten befragt und gesprochen, sogar jede Menge Sach- und Geldwerte eingesetzt, um Deine Dissertation fertigzustellen und nun soll es völlig in Ordnung sein, wenn jemand sich wie 'K-T' an den gemachten Tisch setzt, einfach erhebliche Teile davon fertig übernimmt und mit fremder Leistung promoviert, weil man es einfach so tun darf?

Stell' Dir mal vor, Ihr habt Euch zu viert als Band zwei Jahre konsequent 2-3x pro Woche getroffen und für euren großen Traum neben Schule/Arbeit/Ausbildung/Studium/Extrajob/Hobbies an 15 eigenen Songs für Euer allererstes eigenes Album geschrieben. Dutzende von Licks, Leads, Loops, Sounds, Backings, Texten und Artikulationen wurden entworfen, eingeübt, geprobt, doch wieder aus den verschiedensten Gründen verworfen oder geändert, wieder eingeübt, ...
... und zwei Monate, nachdem Ihr Eure Promo-Disk an ein paar Produzenten und Labels rausgeschickt habt, hört Ihr einen von Euren eigenen Songs als Chart-Neueinsteiger im Radio - von anderen performt, die dafür natürlich auch den Ruhm und die Moneten einsacken. Ihr könnt aber kein Stück dagegen tun, weil es kein Urheberrecht mehr in der Form gibt.

Vielleicht gäbe es auch gar keine Charts mehr, weil sowieso keiner mehr so richtig weiß, wer einen bestimmten Song gerade am besten singt oder von wem er tatsächlich stammt.
Vielleicht singen und musizieren die Radio- und TV-Moderatoren dann alles selbst - die Noten und Texte sind dann ja alle frei für jeden im Netz zu finden.


Wäre es Dein Broterwerb, geistige oder künstlerische Schöpfungen zu vollbringen, hättest Du ganz klar andere Ansichten.
Natürlich, es gibt ganz sicher einiges zu verbessern, aber die Lösung besteht weder im Einschränken, noch im Abschaffen. Im Gegenteil.

Würde man das Urheberrecht in der heutigen Form abschaffen oder zu sehr einschränken, hätte das schon jetzt verheerende Folgen für unsere Wirtschaft.
Wir sind längst vom Bauern- über den Industriestaat in großen Teilen schon zur Technologie- und Dienstleistungsgesellschaft geworden. Ein erheblicher Teil der Wertschöpfung, von der wir als Gesamtbevölkerung profitieren, erfolgt durch urheberrechtlich geschützte Werke. Das meiste verdienen wir eigentlich schon längst mit Kopfarbeit.
Aber wir sind beileibe nicht die einzigen, die erfinderisch, technisch innovativ, forschend, kreativ und auf sonstige Arten schöpferisch aktiv sind - andere sitzen uns jetzt schon ziemlich im Nacken, eifern uns auch im Bereich High-Tech sehr nach und können noch auf eine deutlich höhere Leistungsbereitschaft in der Bevölkerung zurückgreifen.
Wären wir dann nicht mehr in der Lage, wichtiges KnowHow für uns zu behalten und auch die übrigen intellektuellen Besitztümer und Ergebnisse unserer Tätigkeiten zu schützen, sie zu Geld zu machen und uns damit zu ernähren, hätten wir ein riesiges Problem.
Das Geld, das wir hier vor Ort immer wieder umsetzen, das Geld, welches unseren Wirtschaftsapparat in Schwung hält, muss schließlich überhaupt erst einmal verdient werden, bevor es innerhalb unserer Gesellschaft in den verschiedenen Bereichen wieder auf's neue kreisen, umverteilt und wieder ausgegeben werden kann. Und wenn wir irgendwann mit dem Export von Gütern nicht mehr so gut verdienen, weil andere gelernt haben, es ebenso gut und zugleich günstiger anzubieten, bleibt nur das Wissen und Können in unseren Köpfen.
Und genau das kann man nicht zuschweißen, wegsperren oder abschließen - weil das nichts Gegenständliches ist. Da funktionieren nur Schutzrechte und deren Durchsetzung.
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[1.1] grafkrolock antwortet auf noplease
13.04.2012 20:03
Benutzer noplease schrieb:
Dann braucht man aber auch Deckfreunde, Deckveranstaltungen, Deckfollower, ausschließlich anonyme Zugehörigkeiten in anderen Lebensbereichen etc, ..., denn alle, die mit einem Decknamen in Verbindung stehen, bringen die latente Gefahr der Enttarnung mit sich.
Nicht unbedingt, es geht mir ja nicht darum, völlig unerkannt zu operieren. Aber es braucht keine Realnamen im Internet, um mit persönlich bekannten Personen in Kontakt zu bleiben und mit denen Informationen auszutauschen.
Das Risiko, daß irgendeiner von denen bei den im Artikel genannten vermeintlichen Urheberrechtsverletzungen Auskunft erteilt, wer der "Verbrecher" ist, kann als eher gering eingestuft werden.

Stell' Dir mal vor, Du gehst zum Porsche-Händler und kaufst ein Fahrzeug. Kurz darauf stellst Du einzelne Probleme fest und es wird klar, dass das Fahrzeug ein fast komplettes Plagiat ist. Da zuvor aber das Urheberrecht abgeschafft wurde und in diesem Zusammenhang auch Wort- und Bildmarken, weil auch diese intellektuelle Schöpfungen darstellen und da man Trivialpatente für nichtig erklärt hat, um den Fortschritt der Menschheit nicht aufzuhalten, hast Du jetzt Pech und bleibst auf dem Schaden sitzen.
Das Problem ist ja nicht, daß Gegenstände absolut 1:1 kopiert werden würden, wenn nicht das ach so wirkungsvolle Urheberrecht dem einen Riegel vorschiebte (tut es das? Man kriegt in China via eBay massenhaft Kopien aller möglichen Markenware). Und wenn die Kopie so erkennbar gleichartig und -wertig wie das Original wäre, würde es
a) mich als Kunden auch nicht stören,
b) der Produzent längst unter einer eigenen Marke produzieren.

Erinnern wir uns an der seligen IBM-PC. Das Logo IBM hat keiner der Nachbauer draufgeklebt, verkauft haben sie trotzdem deutlich mehr Geräte als IBM selbst. Aus zwei Gründen:
1. Sie waren billiger,
2. sie waren besser.
Es hätte überhaupt niemandem genutzt, ein 1:1-Plagiat herzustellen, außer dieses diente nur dazu, den Kunden übers Ohr zu hauen, indem ihm minderwertiger Dreck angedreht wird.
Aber kannst Du Dir einen seriösen Autohändler vorstellen, der zu realistischen Preisen Porsche-Kopien anbieten würde, selbst wenn es erlaubt wäre? Ich nicht.

Stell' Dir mal vor, Du hast in jahrelanger Kleinarbeit recherchiert, Tage und Nächte über und sozusagen in Büchern verbracht, auf viel Spaß im Leben verzichtet, bist weit gereist, hast hunderte von Leuten befragt und gesprochen, sogar jede Menge Sach- und Geldwerte eingesetzt, um Deine Dissertation fertigzustellen und nun soll es völlig in Ordnung sein, wenn jemand sich wie 'K-T' an den gemachten Tisch setzt, einfach erhebliche Teile davon fertig übernimmt und mit fremder Leistung promoviert, weil man es einfach so tun darf?
Ja und? Die Erkenntnisse, die ich in "jahrelanger Kleinarbeit" ermittelt habe, sind nicht neu. Sind sind einfach in der Welt. Ich trage sie nur zusammen.
Dann kommt jemand und schreibt ab. Was ist da schlimm dran? Wissen ist nicht mein Privateigentum. Jeder kann es sich selbst erarbeiten. Ob er in die Natur geht und beobachtet oder ob er einfach ein Buch liest, spielt dabei doch gar keine Rolle.
Den einzigen Schuh, den ich mir anziehen muß - in beiden Fällen - ist, daß ich möglicherweise weniger Gewinn aus meinen Erkenntnissen ziehe, weil der andere daran teilhat. Werde ich aber nicht verhindern können, egal ob er 1:1 kopiert oder das Wissen irgendwie anders zusammenträgt.

Zwei Fragen:
1. Wieviele Patente stecken in einem Auto von, was weiß ich, VW oder BMW?
2. Wieviele Fahrzeuge MEHR verkauft der jeweilige Hersteller wegen dieser Patente?

Frage 1 kann ich nicht beantworten, bei Frage 2 wette ich allerdings eine Kiste Bier auf die Antwort "Kein einziges".
Die Annahme, der "Schutz" "geistigen Eigentums" führte zu einem wirtschaftlichen Vorteil, ist ein Trugbild. Jede geschützte Entwicklug provoziert die Entwicklung einer (meist besseren) Alternative.
Als der Streichholzvertrieb in Deutschland noch ein Monopol war, hat man eben das Einwegfeuerzeug erfunden.

... und zwei Monate, nachdem Ihr Eure Promo-Disk an ein paar Produzenten und Labels rausgeschickt habt, hört Ihr einen von Euren eigenen Songs als Chart-Neueinsteiger im Radio
Da ich, wäre ich Musiker, die Finger von jeder Art Produzent oder Label lassen würde, stellt sich die Frage nicht.
Zudem ist ja hinreichend bekannt, daß Tantiemen aus Plttenverkäufen alles andere als befriedigend sind, was wohl kaum auf die ach so bösen Raubkopierer zurückzuführen ist (wer würde den ganzen Dreck á la Lady Gaga etc. schließlich wirklich kaufen, den man kopiert so auf der Festplatte rumliegen hat?), als eher auf das Geschäftsmodell der Plattenfirmen. Ein online im Selbstvertrieb verkaufter Song für 1 Euro wirft vermutlich deutlich mehr ab als die "professionelle" Vertrieb via Label.

Vor allem: Ob ein Musiker dauerhaft erfolgreich ist, hängt erfahrungsgemäß kaum davon ab, ob sein Song urheberrechtlich geschützt ist oder nicht. Es gibt genügend gutverdienende (z.B. klassische) Sänger, die freie Werke zum Besten geben.
Wenn der Erfolg eines Musiker nur an der Innovationskraft seines Songs hängt und nicht an seinem Können oder Charisma auf der Bühne, dann hat die Menschheit auch nichts verpasst.

Will sagen: Man kann auch genug Geld verdienen, wenn es sich um Liedgut handelt, daß in ähnlicher Form von anderen Bands aufgenommen wird. Den Erfolg schmälert es keineswegs, wenn man nicht der einzige Interpret ist.

Vielleicht gäbe es auch gar keine Charts mehr, weil sowieso keiner mehr so richtig weiß, wer einen bestimmten Song gerade am besten singt oder von wem er tatsächlich stammt.
Stört mich nicht im allergeringsten.

Wäre es Dein Broterwerb, geistige oder künstlerische Schöpfungen zu vollbringen, hättest Du ganz klar andere Ansichten.
...in der irrigen Annahme, daß an meinem Mißerfolg böse Raubkopierer schuld seinen, statt meine eigene Unzulänglichkeit und Austauschbarkeit.

Natürlich, es gibt ganz sicher einiges zu verbessern, aber die Lösung besteht weder im Einschränken, noch im Abschaffen. Im Gegenteil.
Meinst Du ernsthaft, bei einer strengeren Durchsetzung des Urheberrechts würden Künstler auch nur einen einzigen Heller mehr in der Tasche haben?
Ihr könnt den Leute verbieten, Kopien anzufertigen. Aber den Kauf Eurer Werke werdet Ihr ihnen niemals aufzwingen können. Immer noch entscheidet der Kunde, für was er Geld auszugeben bereit ist, nicht die Kreativindustrie.

Würde man das Urheberrecht in der heutigen Form abschaffen oder zu sehr einschränken, hätte das schon jetzt verheerende Folgen für unsere Wirtschaft.
Das hätte vor allem einen enormen Innovationsschub zur Folge, da sich keiner mehr auf lachhaften Patenten (siehe Softwarepatente oder sonstiger Trivialkram aus dem Mobilfunk- und Tablet-Sektor) ausruhen könnte, um erfolgreich zu sein. Man müßte tatsächlichen Mehrwert gegenüber der Konkurrenz bieten und könnte damit auch gut Geld verdienen.

Wir sind längst vom Bauern- über den Industriestaat in großen Teilen schon zur Technologie- und Dienstleistungsgesellschaft geworden.
Hätte es in der Steinzeit schon Patente gegeben, wären wir über die Erfindung des Rades noch nicht groß hinausgekommen. Vom Ackerpflug ganz zu schweigen.

Aber wir sind beileibe nicht die einzigen, die erfinderisch, technisch innovativ, forschend, kreativ und auf sonstige Arten schöpferisch aktiv sind - andere sitzen uns jetzt schon ziemlich im Nacken, eifern uns auch im Bereich High-Tech sehr nach und können noch auf eine deutlich höhere Leistungsbereitschaft in der Bevölkerung zurückgreifen.
Eben, und unser Erfolg beruht ja nicht drauf, daß wir unsere Erfindungen mit juristischen Mitteln gegen jede Art von Nachbau schützen (das könnten wir gar nicht, Alternativtechniken gibt es immer), sondern darauf, daß unsere Innovation den anderen voraus ist.
Im Ausland gilt Made in Germany als Qualitätsmerkmal, nicht daß es die Artikel nicht auch in ähnlicher Form von anderen Produzenten gäbe.

Wären wir dann nicht mehr in der Lage, wichtiges KnowHow für uns zu behalten und auch die übrigen intellektuellen Besitztümer und Ergebnisse unserer Tätigkeiten zu schützen, sie zu Geld zu machen und uns damit zu ernähren, hätten wir ein riesiges Problem.
Wie gesagt, JEDE erfolgreiche Erfindung wird früher oder später in irgendeiner Form nachgebaut, egal ob 1:1 oder durch Nutzung anderer Mechanismen.
Das Patent von Opel, den Lichtschalter am Armaturenbrett auch für die Innenbeleuchtung zu verwenden, sorgt nicht dafür, daß es in anderen Autos dunkel bleibt. Die anderen strengen sich auch an, um Gutes zu übernehmen und Schlechtes zu vermeiden. Ganz legal.

Außerdem läuft im Patent- und Urheberrecht in den letzten Jahren einiges aus dem Ruder. Aus meist wirtschaftlichen Zwängen heraus argumentieren Rechteinhaber zunehmend aggressiv und fordern für sich das Recht ein, bei jedem noch so kleinen Geistesblitz das "Eigentum" daran zu besitzen und weitestgehend bestimmen zu dürfen, wer dieses Wissen wie verwenden darf. Das kann nicht sein. Mathematische Naturgesetzte und deren Ableitungen existieren seit Anbeginn der Natur. Wenn ich aus diesen Schlüsse ziehe und zu verwerten hoffe, muß ich damit rechnen, daß ich nicht der einzige bleibe. Wissen ist kein persönliches Eigentum und wird es niemals sein.