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Teilverständnis für Amazon-Mitarbeiter


07.07.2016 10:36 - Gestartet von DL7FOS
Dass Konten gesperrt werden geht bei einer Größe dieses Unternehmens aus meiner Sicht einerseits gar nicht. Andererseits treten alleine schon statistisch bei solch einer Konzerngröße Problemfälle deutlicher auf, es ist daher eine Gradwanderung zwischen kompromisslosem Serviceangebot und der Schwelle zum missbräuchlichen Service durch die Kunden.

Das größte Problem sehe ich aber an unmotivierten (weil unzureichend entlohnt) oder schlecht geschulten Servicemitarbeitern. Ob Rücksendungen falsch verbucht werden kann ich als Kunde nicht nachvollziehen, aber dass bereits geöffnete Retourenwaren als Neuware verschickt wurden trat im letzten Jahr bei mir überdurchschnittlich häufig auf. In einem Fall war es sogar ein defekter Artikel, der nicht einmal original verpackt war. Die Rücksendung enthielt auch einen entsprechenden Kommentar dazu.

Im ansonsten gut geschriebenen Editorial wurde meiner Ansicht nach dieses Problem vernachlässigt, zum Einen die Mitarbeiter und zum Anderen die Unmöglichkeit des Kunden, einen Fehler durch den Mitarbeiter in einem internen Prozess nachvollziehen zu können. Beim geschilderten Kaffeevollautomaten wird dieser im gereinigten Zustand, wenn alles richtig läuft, als Warehouse Deal angeboten worden sein.

Dabei ist die Sachlage juristisch klar, wenn auch nicht sauber definiert. Ich als Gewerbetreibender habe (bis auf einige Branchen) das Recht zu entscheiden, mit wem ich Geschäfte machen will. Möchte ich einen Kunden aus welchen Gründen auch immer nicht bedienen (Ausnahme Benachteiligung aufgrund einer körperlichen oder seelischen Beeinträchtigung), ist das absolut legitim. Für den Online-Handel dürfte das so nicht gelten, hier müsste also ein Ausschlusskriterium gelten, ähnlich wie das Fernabsatzrecht des Kunden. Dies könnte etwa lauten, dass ein Kunde nicht vom Handel ausgeschlossen werden darf, sofern dieser das freiwillige Angebot des Händlers entsprechend wahrnimmt. In diesem Fall müsste der Händler klar ersichtlich und vor Allem im Vorfeld definieren, wie viele Rücksendungen der Kunde generell oder jährlich ohne einen Grund, der in die Händlergewährleistung fällt, tätigen darf. Beispiel: "Sie haben noch fünf kostenlose Rücksendungen übrig". Danach könnte der Kunde Bestellungen nur noch unter dem expliziten Hinweis aufgeben, dass er freiwillig auf das Fernabsatzrecht verzichtet und im Falle einer nicht autorisierten Rücksendung wegen Nichtgefallen die entstehenden Kosten vollständig übernimmt, dazu gehört auch eine Entwertung der ware durch alleiniges Auspacken. Das Prinzip ist nicht neu, Apple macht dies bereits im AppStore für Kunden, die zu häufig Apps reklamieren.

Natürlich muss solch ein Vorgehen klare Spielregeln haben, die der Kunde im Rahmen der allgemeinen Geschäfts-, Liefer- und Zahlungsbedingungen ausdrücklich akzeptieren muss, ähnlich wie "zahlungspflichtig bestellen". Warum das nicht längst Alltag ist kann ich nicht nachvollziehen. Einem Versender muss heutzutage klar sein, dass er sich dem Fernabsatzrecht zu beugen hat. Klappt dies kalkulatorisch nicht, sollte er seine Preise wieder in nachvollziehbare Regionen (bei Amazon teils nach oben) lenken und durch einen seriösen Wettbewerb bestehen lernen. Amazon hatte die ersten Jahre massive Verluste eingefahren, das hat sich inzwischen relativiert. Als KUnde haben wir nur die Macht, dort einerseits nicht zu arbeiten, andererseits unsere Waren woanders zu bestellen. Mein erster Schritt in die Richtung: Das von mir ohnehin nicht genutzte Prime abzuschaffen.
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[1] jackieoh antwortet auf DL7FOS
07.07.2016 11:08

einmal geändert am 07.07.2016 11:09
Benutzer DL7FOS schrieb:
Dass Konten gesperrt werden geht bei einer Größe dieses Unternehmens aus meiner Sicht einerseits gar nicht. Andererseits treten alleine schon statistisch bei solch einer Konzerngröße Problemfälle deutlicher auf, es ist daher eine Gradwanderung zwischen kompromisslosem Serviceangebot und der Schwelle zum missbräuchlichen Service durch die Kunden.

Eine Gratwanderung ist es meiner Ansicht nach durchaus nicht. Siehe mein Beitrag: https://www.teltarif.de/forum/s51983/gew...

Das größte Problem sehe ich aber an unmotivierten (weil unzureichend entlohnt) oder schlecht geschulten Servicemitarbeitern. Ob Rücksendungen falsch verbucht werden kann ich als Kunde nicht nachvollziehen, aber dass bereits geöffnete Retourenwaren als Neuware verschickt wurden trat im letzten Jahr bei mir überdurchschnittlich häufig auf. In einem Fall war es sogar ein defekter Artikel, der nicht einmal original verpackt war. Die Rücksendung enthielt auch einen entsprechenden Kommentar dazu.

Ich stimme im grunde zu, zumal es ein Klischee ist. Wird ein Mitarbeiter schlecht bezahlt und schlecht behandelt, arbeitet er halt schlecht. Die Motivation der Mitarbeiter spielt aber keine entscheidende Rolle, WEIL diese Regel überall gelten dürfte, wo Mitarbeiter schlechte Arbeitsbedingungen vorfinden. Jedoch gibt es Positivbeispiele und Negativbeispiele. Es gibt sogar Mitarbeiter, die schlecht arbeiten, obwohl sie gute Arbeitsbedingungen vorfinden.
Ein Höchstmaß an Kontrolle bei sogenannter 'unskilled work' muss die Qualität sichern, nicht das Vertrauen in die Motivation des Mitarbeiters, im Gegensatz zu 'skilled work'.


Im ansonsten gut geschriebenen Editorial wurde meiner Ansicht nach dieses Problem vernachlässigt, zum Einen die Mitarbeiter und zum Anderen die Unmöglichkeit des Kunden, einen Fehler durch den Mitarbeiter in einem internen Prozess nachvollziehen zu können. Beim geschilderten Kaffeevollautomaten wird dieser im gereinigten Zustand, wenn alles richtig läuft, als Warehouse Deal angeboten worden sein.

Nein, der Kern des Problems ist in Wahrheit etwas ganz anders. Siehe dazu meine Ausführungen: https://www.teltarif.de/forum/s51983/gew...

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[1.1] DL7FOS antwortet auf jackieoh
07.07.2016 11:58
Benutzer jackieoh schrieb:
Eine Gratwanderung ist es meiner Ansicht nach durchaus nicht. Siehe mein Beitrag:

Habe ich gelesen, aber hier vergleichen Sie meiner Ansicht nach zumindest ein Wenig Äpfel mit Birnen. Bevor man diesen Umstand als gegeben und maßgeblich betrachtet wäre eine statistische Erhebung sehr zweckdienlich, welche exakt den Unterschied dieser Kunden zu gewöhnlichen Retouren in Zahlen ausdrückt. Und vor Allem ist die Frage, wer nun die Schuld trägt, dass nicht ordnungsgemäß geprüfte Waren wieder in den Handel kommen können. Nehmen wir den Fall des Fernsehgeräts, wieso kann dieses Gerät nach einer ausgewiesenen Überprüfung in diesem Zustand überhaupt wieder bei einem Kunden landen? Weil er nicht geprüft wurde. Warum? Weil der Mitarbeiter entweder sehr großzügig zu seinem Arbeitgeber eingestellt ist, kein Gespür für einen Mangel hat oder - eben demotiviert ist - andere Gründe wollen mir nicht einfallen. Gelangt eine Ware wieder in den Versandkreislauf, sollte ein Mitarbeiter diese geprüft und als okay bestätigt haben. Das muss er auch händisch tun, das habe ich selbst von jemandem erfahren, der dort gearbeitet hat. Wenn dies bei Amazon in Ihrem und auch meinem Fall nicht klappt, wobei es sich um meine Bestellung nicht um eine B-Ware sondern um einen gewöhnlichen Artikel verkauft und versand durch Amazon gehandelt hat, liegt dies an Fehlentscheidungen der Mitarbeiter. Und falls nicht, an was oder wem denn sonst?

Ich stimme im grunde zu, zumal es ein Klischee ist.

...dass wir schon im Wirtschaftslehreunterricht gelernt und ich aus meiner beruflichen Praxis schon öfters erlebt habe. Wobei man die Motifation nicht ausschließlich an der Entlohnung ableiten kann sondern auch an der Führungsqualität des Arbeitgebers und dem entsprechenden Anspruch und der Lebenseinstellung jedes Einzelnen. Wenn beispielsweise ein arbeitsloser Akademiker aushilfsweise im Amazon Verteilzentrum arbeitet, hat er sich dafür entschieden und verfügt vermutlich auch über die soziale Ausstattung zu erkennen, dass er diesen Job freiwillig und somit auch mit bestem Wissen und Gewissen ausüben sollte, da er auch an ein gutes Arbeitszeugnis denkt. Wenn diesen Job allerdings Menschen machen, die entsprechend einiger Recherchen der ARD zurfolge auch noch unzureichend behandelt werden und diesen Job unter Druck ausüben, können Fehler auftreten oder eben aus Lustlosigkeit oder weil ihnen die Gabe fehlt zu entscheiden, wie mit einer Retoure zu verfahren ist oder weil sie das Procedere möglicherweise auch nicht verstanden haben. Ich denke es sind viele Faktoren und dazu zählen eben auch die Arbeitsbedingungen, das hat mit Klischee wenig zu tun. So kann man auch nicht sagen, die meisten Kunden seien Versandmissbräucher. Nur hat der Versandhandel in den letzten 20 Jahren einen massiven Aufwind erlebt, weshalb die Regeln des letzten Jahrtausends nicht mehr gelten. Damals gab es auch noch keinen Rechtsanspruch, wie er im Fernabsatzrecht festgeschrieben ist. Auch hat beispielsweise der OTTO Versand in Hamburg seit je her eine Abteilung, die Retouren zum neuen Versand auffrischt, wie sich die OTTO-Verkaufsverpackungen von den gewöhnlichen manchmal unterscheiden ist interessant. Und dort herrschen meines Wissens nach ganz andere Qualitäten.

Die Motivation der Mitarbeiter spielt aber keine entscheidende Rolle, WEIL diese Regel überall gelten dürfte, wo Mitarbeiter schlechte Arbeitsbedingungen vorfinden.

Sehe ich anders, man könnte hier eine Menge Ketten und entsprechende Nachlässigkeiten anführen, drei oder vier Beispiele fielen mir da aus meiner eigenen Erfahrung schon ein. Stellvertretend sei hier mal der Lappenmissbrauch bei einer Burger-Kette erwähnt, ich denke dass niemand dieser Mitarbeiter zuhause mit dem Spüllappen das Klo putzen wird. Aber da - ist doch egal. Ich hatte am Rande mit Personalführung einiges zu tun gehabt und ich erkenne sofort, ob das Arbeitsklima gut oder schlecht ist. Dabei habe ich schon oft einen deutlichen Unterschied erlebt, wie sich beispielsweise die Aufmerksamkeit und Umsicht der Mitarbeiter im Team unterscheidet. Natürlich heißt das nicht, dass es in einem guten Team auch mal unaufmerksame Mitarbeiter geben könnte und umgekehrt. Aber selbst das, was ich so die letzten Jahrzehnten erlebt habe, liefert hier schon ein eindeutiges Bild ab. Das Problem hier ist aber, dass es einen solchen Team-Gedanken nicht gibt. Zufällig hatte ich mal jemanden kennengelernt, der eine Zeit in einem Verteilzentrum gearbeitet hat und kenne die Einstellungen auch von Mitarbeitern in anderen Versandunternehmen, denen ist das doch egal, was mit der Ware passiert. Die reißen ihre Arbeitszeit ab, schütteln den Kopf über Entscheidungen des Arbeitgebers und gut. Kann ich sogar nachvollziehen, würde ich wahrscheinlich ähnlich so machen.

Jedoch gibt es Positivbeispiele und Negativbeispiele. Es gibt sogar Mitarbeiter, die schlecht arbeiten, obwohl sie gute Arbeitsbedingungen vorfinden.

Natürlich, das war ja auch nicht Tenor meines Ursprungs-Posts. Nur kann man davon ausgehen, dass diese Negativbeispiele in bestimmten Bereichen eben häufiger anzutreffen sind. Übrigens tragen zu meiner Ansicht aktuell auch die Gewerkschaften ein Stück dazu bei, welche mit ihren Tarifforderungen Einzelhandel statt Logistik den Amazon-Mitarbeitern implizieren, dass sie aufgrund ihrer Unterbezahlung und den schlechten Arbeitsbedingungen auch unzufrieden sein sollten.

Ein Höchstmaß an Kontrolle bei sogenannter 'unskilled work' muss die Qualität sichern, nicht das Vertrauen in die Motivation des Mitarbeiters, im Gegensatz zu 'skilled work'.

Kontrolle durch den Mitarbeiter. Der entscheidet und hier ist die Schwachstelle, wo sonst?

Nein, der Kern des Problems ist in Wahrheit etwas ganz anders. Siehe dazu meine Ausführungen:

Sie kennen die Wahrheit und bestellen bei Amazon? Ich ziehe einen Schluss, die Wahrheit zu pachten würde ich mir nie anmaßen. Menschen die glauben, es gäbe nur ihre Wahrheit, haben in Wahrheit schon manche Gesellschaften ruiniert.