Benutzer arndt1972 schrieb:
50.000 überwacht, das macht ca. 0,03268%!
Hier geht es nicht (nur) um Mathematik. Es geht um Privatsphäre und um das Lebensgefühl der Privatheit. Mich würde es bereits stören, wenn ich wüsste, dass 10 Menschen in der BRD abgehört werde, ohne dass es ein Richter genehmigt hätte.
Bei dieser Posteo-Durchsuchungs-Androhung hat möglicherweise ein Polizist etwas arg gedrängt. Und es ist dann immer eine Frage des ursprünglichen Standpunktes, ob man der Posteo-Darstellung glaubt, oder ob man sich vorstellen will, dass der Polizist einen Kriminellen jagt und sich wirklich nur eine rechtskräftige Verurteilung des Kriminellen für Straftaten erhofft, die dieser begangen hat.
Die Brücke bis hinüber zur Gesellschaftspolitik und die Phantasie, dass es sich um die Anfänge einer politischen Kampagne (am besten des industriell-militärischen Komplexes) handelt ist schon ein sehr, sehr schmales Brett.
Ich hatte beruflich schon mit der Rehabilitierung von Kleinkriminellen zu tun. Die verraten sich mannigfaltig. Und da kommt auch mal eine Handy-Ortung zum Einsatz. Meinetwegen. (egal ob ich es für notwendig halte, die verraten sich so mannigfaltig)
Aber auf der anderen Seite (wie im Transparenzbericht der Telekom erwähnt) mit Verweis auf die G10-Gesetze "Terroristen" auszuspionieren und sich nicht in die Karten schauen zu lassen finde ich tiefgreifend undemokratisch. Es kann doch nicht sein, dass ein 8-köpiges G10-Gremium die Oberaufsicht hat und mit vier Mann beschlussfähig (wenn ich es richtig verstanden habe) die Verlängerung solcher Geheimdiensttätigkeiten veranlassen kann. - Und das war's!
Wenn man wenigstens nach 10 Jahren die Unterlagen nachträglich allen Parlamentariern zugänglich machen würde. Das wäre bereits irgendeine Kontrolle. Die Regierung muss doch mal nachweisen, ob er die Posten richtig besetzt hat. Jeder Bürgermeister eines Dorfes muss es sich gefallen lassen, dass die Stammtischen es besser wissen (oder zumindest dergleichen glauben).
Nur bei den Geheimdiensten scheint es überhaupt keine tiefgreifende Kontrolle sowohl hinsichtlich Effizienz als auch hinsichtlich Angemessenheit zu geben.
Jedes Mini-Bauprojekt braucht eine Umweltverträglichkeitsprüfung, die dann öffentlich eingesehen werden kann.
Bei Verfassungsschutz vs. Zschäpe bei US-Kampfdrohne vs. Einwohner in Afghanistan, bekomme ich regelmäßig den Eindruck, dass es keine zweite Kontrollinstanz gibt. Einer beschließt, einer nickt und nicht einmal Stichprobenartig scheint kontrolliert zu werden, ob dieser Entscheidungsabläufe verbesserungsbedürftig sind oder nicht. Wäre doch viel zu peinlich etwas zuzugeben, lieber verschwinden Akten in Reißwölfen und zur Belohnung wird jemand frühverrentet.
Ehrlich, solange da niemand nachkontrolliert sind mir auch 0,3 Promille zuviel.
Dass man dem Überwachten keinen Warnhinweis schicken kann, "ab morgen wirst Du überwacht", erkenne ich als inhärenten Sachverhalt an. Dennoch sind geheimtagende Gremien nicht demokratie-förderlich. Wenn wir schon solche undemokratischen Vorgänge brauchen, brauchen wir auch eine wirksame Kontrolle. In einem G10-Gremium müsste z.B. routinemäßig auch der Bundesdatenschutzbeauftragte drin sitzen. Es kann doch nicht sein, das der Datenschützer nur Daten von niedriger Wichtigkeit schützen darf, wenn es aber um die nationale Sicherheit -pardon, wenn es um den Bestand der Bundesrepublik geht- dann hat er kein Mitspracherecht.
Nur mal so als Anregung. Dass das G10-Gesetz aus der RAF-Zeit nicht an die Datenschutzmechanismen des 21.Jahrhunderts angepasst wurde, sagt doch auch schon viel aus, wo der Hammer hängt.