Benutzer Bjoern_Koenig schrieb:
Lieber wolfbln,
im Artikel wird sehr deutlich darauf verwiesen, dass es in Deutschland keine direkte Verbindung zwischen Staat und ÖR gibt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass er unabhängig ist. So sind die Rundfunkräte unter anderem politisch bzw. sogar mit Regierungsmitgliedern besetzt. Beispielsweise ist der Leiter der bayerischen Staatskanzlei, Dr. Florian Herrmann, gleichzeitig auch Mitglied im Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks. Von einer oft kolportierten Staatsferne kann hier also wohl kaum eine Rede sein. Ich wage zu bezweifeln, dass zum Beispiel der Aufsichtsrat der ProSiebenSat.1 Media SE verstärkt mit aktiven Regierungsmitgliedern besetzt ist.
Hallo Björn
Ich habe auch betont, dass Sie es nicht gleichsetzen so wie RT=ARD und TRT=ZDF, aber es wird in eine Reihe gestellt. Das ist problematisch, aber für eine Diskussion der Staatsnähe von Rundfunk schon möglich. Der Artikel suggeriert nur in der Überschrift, die Staats-TV-Sender Russlands und der Türkei zu betrachten, während er im 2.Abschnitt effektiv Staatsnähe überhaupt und insbesonders in deutschen ÖR TV reflektiert.
Wie man auf die Idee kommt, dass die Vergabe von Rundfunkfrequenzen auf eine nicht vorhandene Staatsferne aller Rundfunksender schließen lässt, ist mir ehrlich gesagt vollkommen schleierhaft.
Na ja, dass ist doch wirklich nicht so schwer. Die Frequenzen werden in Deutschland über die Medienanstalten vergeben, die man schon als staatsnah bezeichnen kann. Das betrifft die klassischen Ausspielwege von Rundfunk und TV, private wie ÖR. Da gibt es eine gewisse "Auswahl" weil Frequenzen begrenzt sind und nicht jeder senden kann, was er will.
Wer sich mit den Anfängen der ARD unter den Westallierten, des ZDF unter Adenauer und der privaten TV-Sender unter Kohl befasst, sieht, dass ihr Aufstieg stark mit einer politischen Agenda der damals Regierenden bestimmt war.
Auch später während der Wiedervereinigung spielten landespolitische Erwägungen bei der Medienpolitik eine wichtige Rolle. Eine Figur wie z.B. Leo Kirch zeigt sehr deutlich auch die Verquickung privater Medien mit der Politik.
Ich wollte eigentlich nur sagen, dass eine völlige Staatsferne Illusion ist, egal in welchen System. Man kann versuchen, die "Rundfunkanstalten" als "öffentlich-rechtliche" weiter weg von den Regierenden zu konstruieren, völlig unabhängig kann man sie von ihnen nicht machen - wie die Privaten nicht völlig unabhängig von ihren Geldgebern sind.
Wenn der "Staat" uns alle bezeichnet und nicht nur die jeweils Mächtigen, hätte ich dagegen auch nichts einzuwenden, denn das Meinungsspektrum in Deutschland abzubilden ist ja eine Aufgabe von Medien. Das ist dann aber die andere Frage, ob die Meinungen fair abgebildet werden, nur der "Mainstream" oder nur "Linke".
Hier ist ein Massenmedium wie TV und Rundfunk halt eher den Mainstream verschrieben. Das kann man kritisieren, aber es läuft mehr Pop als Blasmusik. Da bietet ja das Internet die Möglichkeit von Musik-Streaming bis abstrusen Politikphilosophien alles darzustellen, was ein Massenmedium eher nicht kann. Mich nicht falsch verstehen: daraus leite ich jetzt nicht ab, dass nur noch Pop gespielt werden soll. Aber Massenmedien haben immer die Tendenz zum Mainstream. Darum verstehe ich den Vorwurf nicht.
Diese Diskussion ist aber so alt wie der Rundfunk. Wenn man ein (fast) rein privates System wie in den USA anschaut, hat das nicht zu mehr Programmvielfalt oder weniger Einflussnahme geführt. Fox News als Haussender Trumps ist ein privater Sender. Die Programme der großen Networks ABC, CBS und NBC sind sehr ähnlich und im FM dort läuft nicht mehr Musikvielfalt als im deutschen UKW.