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Die EU will nur eine Backdoor


06.07.2022 17:17 - Gestartet von Tzupa
4x geändert, zuletzt am 06.07.2022 17:25
Die meisten Messenger verwenden eine Ende-zu-Ende Verschlüsselung. Auch WhatsApp. Das macht den Behörden das Ausspionieren von Messenger-Nachrichten sehr schwer bis unmöglich, weil Nachrichten schon vom Sender-Smartphone so verschlüsselt werden, dass nur das Empfänger-Smartphone sie entschlüsseln kann.

Ein Zusammenschalten verschiedener Messenger Dienste wird diese durchgängige Ende-zu-Ende Verschlüsselung faktisch unmöglich machen. Die Nachrichten müssen dann serverseitig irgendwo für den anderen Dienst neuverschlüsselt werden. Genau hier ist dann der Schwachpunkt fürs Abhören.

Das ergibt dann eine ähnliche Situation wie bei den bekannten Cloudspeicherdiensten: Der Transport der Daten zwischen Server und Client wird zwar verschlüsselt, jedoch wird die Verschlüsselung vom Server nach Empfang aufgehoben und die Daten dann für die Weiterverarbeitung (also Abspeicherung) neuverschlüsselt. Das Problem: Der Server kennt den Schlüssel und bietet damit eine Backdoor.

Nachdem die EU ja schon lange Pläne hat, Ende-zu-Ende Verschlüsselung zu verbieten (https://www.heise.de/amp/meinung/Warum-die-Versuche-der-EU-Verschluesselung-auszuhebeln-gefaehrlich-sind-6147092.html), verwundert dieser Schritt nicht. Der Zweck ist ganz bestimmt nicht die hier vorgeschobene Interoperabilität, sondern das gezielte Erzwingen von Sollbruchstellen und Hintertüren in der Verschlüsselung.

Die von Threema vorgebrachten Datenschutzprobleme kommen natürlich dazu, sind aber am Ende noch das kleinere Problem.
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[1] foobar99 antwortet auf Tzupa
06.07.2022 17:37
Benutzer Tzupa schrieb:
Ein Zusammenschalten verschiedener Messenger Dienste wird diese durchgängige Ende-zu-Ende Verschlüsselung faktisch unmöglich machen. Die Nachrichten müssen dann serverseitig irgendwo für den anderen Dienst neuverschlüsselt werden.

Nö, warum denn? Die Schnittstelle muss nur den Schlüsseltausch vor dem Versenden ermöglichen.
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[1.1] Tzupa antwortet auf foobar99
06.07.2022 17:56

2x geändert, zuletzt am 06.07.2022 17:58
Benutzer foobar99 schrieb:


Nö, warum denn? Die Schnittstelle muss nur den Schlüsseltausch vor dem Versenden ermöglichen.

Ganz so einfach ist das nicht. Es würde erfordern, dass alle Clients stets den Algorithmus aller anderen Clients verstehen und benutzen können. Bei einer Vielzahl von Messengern ist das operativ ein Ding der Unmöglichkeit. Auch kleine und neue Anbieter müssten Clients schaffen, die mit allen anderen Messengern zusammenarbeiten können.
Das berührt dann vor allem auch Intellectual Property Rights der jeweiligen Anbieter, zu deren Preisgabe man sie überhaupt nicht zwingen kann.

Die Erfahrung zeigt, dass auch bei anderen interoperablen Lösungen (wie z.B. SMS) einfach serverseitig "umverschlüsselt" wird und eine Ende-zu-Ende Verschlüsselung regelmäßig nicht zur Anwendung kommt.

Den Schuh zieht sich keiner an.
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[1.1.1] an0n antwortet auf Tzupa
06.07.2022 18:01

einmal geändert am 06.07.2022 18:01
Benutzer Tzupa schrieb:
Ganz so einfach ist das nicht. Es würde erfordern, dass alle Clients stets den Algorithmus aller anderen Clients verstehen und benutzen können. Bei einer Vielzahl von Messengern ist das operativ ein Ding der Unmöglichkeit.

Naja ob es nun ein Ding der Unmöglichkeit ist, sowas wie einen gemeinsamen Standard zu entwickeln?

Das berührt vor allem dann auch Intellectual Property Bereiche der jeweiligen Anbieter, zu deren Preisgabe man sie überhaupt nicht zwingen kann.

Naja, Security by Obscurity ist zwar super toll, aber eine open source Grundlage mit nem knallharten Auditing und dicken Bug Bounties wäre auch nicht schlecht.
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[1.1.1.1] Tzupa antwortet auf an0n
06.07.2022 18:11

6x geändert, zuletzt am 06.07.2022 18:25
Benutzer an0n schrieb:


Naja ob es nun ein Ding der Unmöglichkeit ist, sowas wie einen gemeinsamen Standard zu entwickeln?

Man kann nicht alle Messenger-Anbieter zwingen, den gleichen Standard für alle Teile der Verschlüsselung zu benutzen. Das funktioniert nirgends, auch z.B. beim DRM nicht. Hier muss man auch berücksichtigen, dass die Grenzen des Internets nicht mit den Grenzen der EU identisch sind... Auch wenn man das in der EU gerne hätte bzw. manchen Leute dort denken, dass es so sei.


Naja, Security by Obscurity ist zwar super toll, aber eine open source Grundlage mit nem knallharten Auditing und dicken Bug Bounties wäre auch nicht schlecht.

Ich bin mir sicher, dass faktisch alle Anbieter Standard-Verschlüsselungstechnologien verwenden. Das ist auch gut so. Wenn es aber um den Algorithmus z.B. zum Schlüsselaustausch geht, sieht es schon wieder anders aus. So wirst du z.B. mit einem Apple FairPlay DRM Client niemals einen Videostream entschlüsseln können, der mit Google Widevine verschlüsselt ist, und das, obwohl die eigentlich Payload-Verschlüsselung (das Video) bei beiden dem selben Standard folgt (CENC). Es scheitert daran, dass der Apple Client vom Google Server keinen Schlüssel bekommt, weil er dessen Secrets nicht kennt und daher auch nicht mit ihm kommunizieren kann.

Hier geht es um Dinge, wie z.B. das Sicherstellen, dass es sich bei dem Gegenüber um einen verifizierten, echten Client handelt. Also der, den der Client vorgibt, zu sein. Ein erzwungenes Öffnen dieser Authentifizierung wird dem Missbrauch Tür und Angel öffnen.

Aber warten wir mal ab, wie WhatsApp darauf reagiert. Threema, die angeblich davon profitieren sollten, halten schonmal nichts davon. Das spricht ja schon Bände.

Nachtrag: Weitere Beispiele aus der Realität gefällig?

1. beA, das elektronisch Anwaltspostfach:

Hier wollte man ein interoperables, sicheres elektronisches Kommunikationsmittel schaffen, mit dem Anwälte und Gerichte sichererer als mit Email kommunizieren können. Die Integration in unterschiedliche Clientsysteme führte genau zur oben beschriebene Problematik: Eine serverseitige Umverschlüsselung.
https://www.heise.de/news/Anwaltspostfach-beA-Bundesregierung-findet-Entschluesselungsrisiko-akzeptabel-5033927.html

2. DeMail "Bullshit Made in Germany":

Das ist schon so stark durchgekaut, das muss man nicht mehr erklären.
https://www.ccc.de/de/updates/2013/bullshit-made-in-germany


Beim ersten Mal könnte man es noch mit "Dummheit" ODER "Vorsatz" erklären. Beim wiederholten Mal eigentlich nur noch mit "Vorsatz".
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[1.1.1.1.1] little-endian antwortet auf Tzupa
06.07.2022 20:17
Benutzer Tzupa schrieb:

Man kann nicht alle Messenger-Anbieter zwingen, den gleichen Standard für alle Teile der Verschlüsselung zu benutzen.

Sicherlich nicht, doch natürlich wird sich diese ganze Geschichte ohnehin auf die "üblichen Verdächtigen" und damit bekannten Messenger beschränken und in der Anzahl nominell gegen unendlich tendierende Alternativen außer Acht lassen, was bereits die gesamte Argumentation, man müsse Einblicke in die Kommunikation via Whatsapp & Co. haben, ad absurdum führt - als ob man nicht stets sein eigenes Ding machen könnte, um A und B zu verbinden.
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[1.1.1.1.1.1] An3as antwortet auf little-endian
07.07.2022 07:11
Dann könnte es eben einen Hinweis geben, dass die Kommunikation über die Grenzen des eigenen Messengers hinweg unverschlüsselt erfolgt. Die Entscheidung liegt bei jedem Einzelnen, ob man "komme später" oder "bring Brötchen mit!" unverschlüsselt sendet. Der jüngeren Generation scheint Datenschutz eh nicht vorrangig zu sein.
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[1.1.1.1.2] an0n antwortet auf Tzupa
07.07.2022 14:36

einmal geändert am 07.07.2022 14:56
Benutzer Tzupa schrieb:
Nachtrag: Weitere Beispiele aus der Realität gefällig? 1. beA, das elektronisch Anwaltspostfach:
2. DeMail "Bullshit Made in Germany":

Naja die beiden Projekte waren halt Versuche der öffentlichen Hand, direkt die digitale Infrastruktur zu finanzieren. Das war beides schon sehr peinlich, keine Frage - aber einerseits würde ich da mal behaupten dass es nicht peinlicher war als typische analoge Projekte der öffentlichen Hand (da fallen dir auch gleich 10 Beispiele ein, Maut, BER, und so weiter), und andererseits ist die Gesetzesregelung der EU halt was völlig anderes, da geht es ja um das Setzen von Vorschriften und Rahmenbedingungen, nicht um das Finanzieren eines EU-Messengers.

Am Ende ist natürlich schon gut möglich dass da nix bei rauskommt, keine Frage. Aber dass es da um die Erzwingung einer Backdoor geht, glaube ich nicht. Schlimmstenfalls, um jetzt mal Beispiel Threema zu nehmen, tauchen da eine Menge "Sicherheit Rot" Verbindungen auf, und dann gibt es ein Default An Blockfeature.