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Lebara Netzwechsel


08.07.2022 10:08 - Gestartet von MerlinG
Ich möchte nicht die wirtschaftlichen Gründe des Netzwechsels beurteilen, denke aber, dass die meisten B2B Verträge den kleinen Anbietern wenig Preis- und Sevicegestaltungsspielraum bieten. Nicht umsonst versuchen sich viele als MVNO Netzbetreiber.

Mir geht es eher darum, dass ich nicht denke, dass Lebara mutwillig das Risiko einer Bestandskundenmigration eingegangen ist. Das Rufnummernvergabeprozedere der BNetzA wird wohl eher eine Rolle spielen. Da Rufnummern ein knappes Gut sind, nehme ich an, dass Lebara als Entscheidungsbasis für die Migrationsstrategie vielleicht einen neuen Rufnummernpool von 1,5 Millionen Rufnummern hatte, eher weniger. Vergleichen wir das mit deinen Annahmen.

Du gehst von 800 000 aktiven Kunden aus. Das sind wahrscheinlich Kunden, die in den letzen 1-3 Monaten ihren Service genutzt haben. Im Prepaid Markt werden Karten aber sehr häufig nur kurzfristig, im Schnitt nach ca 3-6 Monaten gar nicht mehr genutzt. Man kann also davon ausgehen, dass so ziemlich jeder Anbieter zusätzlich zu den Karten der Basiskunden noch ca 30% aktive aber nicht genutzte Karten mit sich rumschleppt. Diese Karten werden nach 90 Tagen deaktiviert und nach einer Wartezeit von 3-6 Monaten ( hängt vom Provider ab) kann die Rufnummer wieder genutzt werden. Bedeutet für Lebara also, dass sie 800 000 plus ca 240 000 Rufnummern in Nutzung haben. Hätte man diesen Kunden nun allen eine neue Karte geschickt, wäre der Lebara Rufnummernpool von angenommenen 1,5 Millionen schon fast leer. Das würde der BNetzA aber überhaupt nicht passen, da das kein vernünftiges Haushalten mit Rufnummern wäre. Die nicht migrieren Rufnummern ständen nämlich nicht dem freien Markt zur Verfügung, sondern würden zurück an die Telekom fallen. Hinzu käme das Problem, dass Lebara keine Möglichkeit hätte, genug Karten ( mit dazu ‚reservierten‘ Rufnummern) im Markt zu verteilen, um alle Verkaufsstellen zu bedienen.

Von daher glaube ich, dass sie nicht mutwillig sondern gezwungenermaßen das Risiko eingegangen sind. Es war ihnen wahrscheinlich nicht möglich, erst neue Rufnummern zu verteilen und darauf zu warten, dass die Kunden selbst die Portierung ihrer alten Nummer mit korrekter Adresse usw. beantragen. Das wäre ja ein vom Kunden initiiert und manueller Prozess gewesen, der garantiert einfacher gelaufen wäre.

Somit ist die BNetzA Rufnummernvergabe wahrscheinlich mit Teil der Probleme. Und für uns Endkunden ist das halt auch nicht schön, da die kleineren und Nischenanbieter einfach mit Prozessen kämpfen müssen, die für die Großen gar kein Problem sind, und dies eben am Ende Einfuss auf die Preisgestaltung für den Endkunden hat.

Der Grund für die Probleme mit den Daten- und Anrufverbindungen könnten auch fehlende Routingeinträge in der Tabellen der anderen Provider verantwortlich sein und falsche APN Settings. Letztere kann man gerade bei neueren Geräten nicht immer automatisiert einstellen, weil die Hersteller das verhindern oder sich das extrem teuer bezahlen lassen. Es ist halt so, den kleinen Anbietern wird es in diesem gesättigten Markt recht schwer gemacht. Hätte ich zu entscheiden, würde ich so einen Netzwechsel als Kleiner nur durchführen, wenn ich eine Menge Geld auf dem Konto hätte ;-)
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[1] hrgajek antwortet auf MerlinG
08.07.2022 12:37
Hallo Merlin,

Benutzer MerlinG schrieb:
Ich möchte nicht die wirtschaftlichen Gründe des Netzwechsels beurteilen, denke aber, dass die meisten B2B Verträge den kleinen Anbietern wenig Preis- und Sevicegestaltungsspielraum bieten. Nicht umsonst versuchen sich viele als MVNO Netzbetreiber.

Wäre es nicht sinnvoller gewesen, das neue Netz mit neuen Rufnummern und neuen Kunden (die ja auch alte Kunden sein können) in Ruhe hochzufahren und dann, wenn es stabil läuft, dann an die Bestandskunden heranzutreten, ob sie wechseln möchten (aber nicht müssen) ?

Mit der Zeit wäre die Zahl der Bestandskunden im "alten Netz" abgesunken und dann hätte man überlegen können, ob man diese Kunden nun

- zur Telekom oder einem anderen Service-Provider übergibt (Ohne Unterbrechnung, ohne SIM-Karten-Tausch)
- ihnen die Verträge explizit kündigt (mit der Option das Netz zu wechseln und damit zu "bleiben")

Beispielsweise Edeka-Mobil, K-Classic, Lid-Mobile haben diesen Weg gewählt Bestandskunden konnten wechseln, mussten das aber nicht tun.

Bei Schlecker kam die Insolvenz dazu, aber Bestandskunden wurden sowohl im o2-Netz als auch im Vodafone-Netz "aufgefangen" und können in Ruhe weiter telefonieren.

Aber nun ist das Kind in den Brunnen gefallen. Kunden die sich nicht so gut auskennen, haben leider das Nachsehen.

Gruß
Henning Gajek
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[1.1] MerlinG antwortet auf hrgajek
11.07.2022 13:45
Benutzer hrgajek schrieb:
Hallo Merlin,

Benutzer MerlinG schrieb:
Ich möchte nicht die wirtschaftlichen Gründe des Netzwechsels beurteilen, denke aber, dass die meisten B2B Verträge den kleinen Anbietern wenig Preis- und Sevicegestaltungsspielraum bieten. Nicht umsonst versuchen sich viele als MVNO Netzbetreiber.

Wäre es nicht sinnvoller gewesen, das neue Netz mit neuen Rufnummern und neuen Kunden (die ja auch alte Kunden sein können) in Ruhe hochzufahren und dann, wenn es stabil läuft, dann an die Bestandskunden heranzutreten, ob sie wechseln möchten (aber nicht müssen) ?

Mit der Zeit wäre die Zahl der Bestandskunden im "alten Netz" abgesunken und dann hätte man überlegen können, ob man diese Kunden nun

- zur Telekom oder einem anderen Service-Provider übergibt (Ohne Unterbrechnung, ohne SIM-Karten-Tausch)
- ihnen die Verträge explizit kündigt (mit der Option das Netz zu wechseln und damit zu "bleiben")

Beispielsweise Edeka-Mobil, K-Classic, Lid-Mobile haben diesen Weg gewählt Bestandskunden konnten wechseln, mussten das aber nicht tun.

Bei Schlecker kam die Insolvenz dazu, aber Bestandskunden wurden sowohl im o2-Netz als auch im Vodafone-Netz "aufgefangen" und können in Ruhe weiter telefonieren.

Aber nun ist das Kind in den Brunnen gefallen. Kunden die sich nicht so gut auskennen, haben leider das Nachsehen.

Gruß
Henning Gajek

Hallo Henning,

ja da hast du recht, vor allem aus Sicht der Kunden.

Das von dir aufgezeigte Szenario setzt aber voraus, dass die Telekom als Ex-Partner diese Strategie mit tragen würde. Es ist ja immer auch eine Frage der Customer Ownership. Wenn die Telekom also die Kunden der Lebara ins eigene Netz übernommen hätte und damit vielleicht auch die Ownership bekommen hätte, dürfte Lebara diese Kunden rechtlich gar nicht mehr mit einem eignen Angebot gezielt zum Wechsel in ihr Netz ansprechen. Die Frage ist im Grunde wie die Absprachen zwischen Lebara und der Telkom waren. Bei einigen der von dir genannten Beispiele gab es auf jeden Fall Gentlemen Agreements zwischen dem abgebenden und aufnehmenden Provider. Die Frage ist also, gab es die hier auch?

Viele Grüße
Merlin
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[1.2] JAKM antwortet auf hrgajek
30.08.2022 13:15
Benutzer hrgajek schrieb:
Hallo Merlin,

Benutzer MerlinG schrieb:
Ich möchte nicht die wirtschaftlichen Gründe des Netzwechsels beurteilen, denke aber, dass die meisten B2B Verträge den kleinen Anbietern wenig Preis- und Sevicegestaltungsspielraum bieten. Nicht umsonst versuchen sich viele als MVNO Netzbetreiber.

Wäre es nicht sinnvoller gewesen, das neue Netz mit neuen Rufnummern und neuen Kunden (die ja auch alte Kunden sein können) in Ruhe hochzufahren und dann, wenn es stabil läuft, dann an die Bestandskunden heranzutreten, ob sie wechseln möchten (aber nicht müssen) ?

Mit der Zeit wäre die Zahl der Bestandskunden im "alten Netz" abgesunken und dann hätte man überlegen können, ob man diese Kunden nun

Es ist sehr wahrscheinlich, dass das Problem auf Seiten LEBARAs liegt, da diese genauso ein Chaos in Frankreich hatten.

Liegt sicher an der knappen Marge, die sie erzielen, was nur ein minimales Technikteam und minimale Hotline Kapazitäten zulässt.

Probleme dabei:
- schlechte Adressqualität
- keine eigenen Shops/Shop-Software

Trotzdem ist LEBARA das Risiko eingegangen und hat aus Frankreich nicht gelernt. Also die Kunden sind ihnen egal. Der Deal war wohl zu gut.