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Glückwunsch und Wasser in den Wein


27.07.2022 13:23 - Gestartet von wolfbln
3x geändert, zuletzt am 27.07.2022 13:40
Glückwunsch an Telefónica. Es scheint zu laufen. Die höheren Investitionen in ein (etwas) besseres Netz scheinen sich nun auszuzahlen.

Beim näheren Betrachten muss man aber schon etwas Wasser in den Wein schütten. Profitiert nicht o2 gerade eher von den Schwächen oder Fehlern der Konkurrenten?

Ich kenne nur wenige Nutzer, die von Netz oder Angebot jetzt so total überzeugt wären, weil viele die Vergangenheit noch gut kennen und es auch heute noch an manchen Stellen nicht gut geht. Es ist klar besser geworden, "gut" oder "sehr gut" im internationalen Vergleich ist es aber beileibe (noch) nicht, wenn auch die jährlichen Tests oder Aufkleber an den Shops das gerne anders suggerieren.

Telefónica profitiert davon, dass beide Mitbewerber gerade Preise jenseits von Gut und Böse aufrufen. Vodafone will mehr als das Doppelte für eine unbegrenzte Datenflat, ist aber nur in einigen Regionen wirklich besser aufgestellt als o2, manchmal inzwischen schlechter. Die Telekom will, dass ich eine "Familie" gründe, um mir ihre Preise leisten zu können, um ein zweifelsohne meist besseres Netz nutzen zu können. Was soll das?

Damit sind wir schon an der Wurzel des "Erfolgs" von Telefónica. Angesichts von Inflation und Kostenspirale muss 2/3 der deutschen Bevölkerung rechnen, um über die Runden zu kommen. Da nimmt man lieber einen günstigen Anbieter, wenn er auch nicht immer der Beste ist. Um das restliche 1/3 können sich dann die Telekom und Vodafone streiten, die zahlen offenbar jeden geforderten Preis. Pech haben dabei nur jene Nutzer, wo Telefónica nicht funkt oder überlastet ist.

Telefónica mit seinen Sekundär- und Partnermarken ruft inzwischen Preise auf, die zumindest international einigermaßen noch mithalten können, wenn auch ihr Netz das nicht überall kann. Das ist das große "Geheimnis" des Erfolgs. Ist es jetzt ihr Erfolg oder das Versagen der anderen?

Und dann ist in der Bilanz noch etwas anderes versteckt: 35-40% des Cash Flows kommen gar nicht von Telefónica selbst, sondern von 1&1/Drillisch. Deren Zahlen kommen erst im August heraus und im q1 ging ein Großteil der TEF-Neukunden auf ihr Konto, nicht das von Telefónica.

Warum kann das zu einem Problem werden? Kurzfristig sicher nicht. Irgendwann in den nächsten Jahren wird aber 1&1 die eigenen Kunden ausbuchen, mit neuen SIM-Karten versehen und ins eigene Netz "migrieren". Das hat bis 2025 für die Kunden auch keinen weiteren Effekt und auch wenig für die Bilanz. Zwar werden dann die Kundenzahlen von Telefonica um über 1/3 fallen, aber über Roaming werden noch weiter gute Einnahmen generiert. Erst wenn 1&1 in den nächsten Jahren mit ihrem Netzausbau Erfolg haben sollte, werden sie langfristig zum Problem für Telefónica.