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Sind die Schweizer jetzt verrückt geworden?


29.02.2024 12:51 - Gestartet von wolfbln
2x geändert, zuletzt am 29.02.2024 13:06
Diese Frage muss man sich ehrlich stellen. Swisscom ist auf dem Heimatmarkt eher der bräsige Anbieter, solide, aber geht lieber nicht in den Preiskampf mit Salt oder Sunrise, wo es möglich ist.

In Italien weht ein ganz anderer Wind. Dort gibt es den wohl am härtesten umkämpften Markt (andere sagen: überhitzten Markt) in Europa. Wenn man dort nicht mit sehr harten Bandagen kämpft, geht man unter. Darüber wacht ein sehr strenger Regulierer, der wie nirgendwo anders in Europa die 30 Tage für einen Monat auch durchgesetzt hat und nicht 28.

In Italien verbrennt jeder Anbieter Geld in den letzten Jahren: die TIM (Telecom Italia) ist fast pleite und muss staatlich gerettet werden, Wind ist mit Tre fusioniert, um zu überleben. Darauf stieg Iliad von X. Niehl als 4. Anbieter in Italien ein und alle zusammen verbrennen Unmengen Geld in doch sehr überlasteten Netzen. Bei den Preisen ist das kein Wunder. Darum zieht Vodafone auch in Italien jetzt die Reissleine. Italien neben Spanien war ihr Sorgenkind.

Die Preise sind in Italien für uns Deutsche einfach unvorstellbar günstig. Um Kunden anderer Anbieter abzuwerben, werden sog. Operator Attack Angebote geschaltet. Da bietet Vodafone gerade für 9,99 € im Monat eine unlimitierte Datenflat an, wenn man etwa von Iliad kommt, für 24 Monate garantiert. Oder nehmen wir ihre regulären Datenflat "Infinito" in 5G, also etwa dem o2 unlimited Max bei uns vergleichbar. Der kostet dort offiziell 39,99 €. Er enthält aber neben einer Triple Flat, auch eine Anrufflat in die EU und sogar 5G GB und 500 min im Roaming außerhalb der EU. Alleine diese Add-ons kosten bei uns weit mehr als 40 €, wenn man sie nutzt.

Bei Vodafones Billigmarke ho. mit LTE 30 Mbit/s ohne 5G kosten 100 GB 6,99 € oder 150 GB 8,99 € jeweils mit Allnet- und SMS-Flats. In diesen Umfeld will sich die Swisscom behaupten?

Das übliche Blabla der Synergieeffekte haben wir doch schon zu häufig gehört. Sie haben dort ein Festnetz mit Fastweb, kürzlich sogar teuer 5G ersteigert, läuft ganz gut und träumen jetzt von konvergenten Multiplay-Angebote. Sicher ist es ganz nett, zum Festnetz auch Mobilfunk, Internet und TV-Inhalte aus einer Hand anzubieten. Nur gibt es halt viele Fälle, wo das nicht geklappt hat. Bestes Beispiel ist doch gerade Vodafone in Deutschland. Da kauft Vodafone bei uns für viel Geld Kabel Deutschland und später Unity Media. Die Synergieeffekte sind aber minimal. In Berlin besitzen sie mit großen Abstand das größte Kabelnetz, dagegen aber kaum Mobilfunkkunden auch über ein Jahrzehnt nach der Transaktion. Jetzt fällt es ihnen nach Abschaffung des Nebenkostenprivilegs noch auf die Füße. Es kann eben auch ziemlich schiefgehen. Und bei Swisscom in Italien sind die Chancen dafür sehr hoch. Es gibt kaum erfolgreiche Beispiele, wo ein Ex-Staatstelko im Ausland gut Kasse gemacht hat, insbesondere, wenn die Verkaufskultur sich unterscheidet. Die meisten haben sich dabei die Finger verbrannt und wenn der neue Markt größer als der Heimatmarkt ist, kann das auch an die Existenz gehen. Mir fällt positiv eigentlich nur die Telekom in den USA ein, aber das ist auch eine besondere Cinderella Story.
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[1] hrgajek antwortet auf wolfbln
29.02.2024 14:04
Hallo,

Benutzer wolfbln schrieb:
>Swisscom ist ... solide,

Genau.


In Italien weht ein ganz anderer Wind. Dort gibt es den wohl am härtesten umkämpften Markt (andere sagen: überhitzten Markt) in Europa.

Die Netze sind dort ziemlich "überlastet". Für den Netzausbau war bislang kein Geld da.

Vielleicht könnte ein "High Quality Ansatz" funktionieren. Das alte Netz massiv ausbauen und dabei Preise rauf.

Ja klar, da werden die allermeisten Kunden "flüchten", aber am Ende könnten die Kunden übrig bleiben, die für bessere Qualität gerne mehr Geld ausgeben können und wollen.

Sehr riskant, gewiss.

Schau mer mal...