sind wir schon so abgestumpft?

Leider gibt sich der Autor des Artikels nicht zu erkennen - aber es kommt deutlich zum Vorschein, daß die jahrelange Arbeit im Telekom-Journalismus ihn langsam betriebsblind erscheinen lässt.
Was ist die Aussage hinter dem Artikel? Mehr als "man gewöhnt sich an alles, sei es noch so spektakulär" kann ich den zwei Seiten nicht entnehmen.
Mit ein bisschen Wohlwollen komme ich noch auf die Binsenweisheit: "Wenn man ganz oben ist, geht es nur noch bergab".

Als Kenner der Branche gewöhnt man sich noch schneller als der Rest an Neues. Es ist gerade mal 3,5 Jahre her, als Apple angekündigte hatte, man würde das Mobiltelefon neu erfinden. Die ganze Branche hat entweder milde gelächelt oder selbst nach Erscheinen des technisch klar unterlegenen iphones noch gespottet. Welch grandiose Fehleinschätzung! Insbesondere Nokia hat sich bis heute nicht davon erholt, obwohl das damalige E90 bereits alle technischen Möglichkeiten des iphone 3GS hatte.
In Folge suchte die gesamte Branche nach Antworten - und tut es noch heute. Außer mannigfaltigem Kopieren von Apple's Ideen ist dabei bisher nichts neues herausgekommen.
Natürlich nähert man sich dem Original langsam an. Wenn man aber mal genauer hinschaut, dann gibt es immer noch einen großen Unterschied. Der wiederum liegt weniger in der Hardware, sondern in der perfekten Vernetzung und Bedienbarkeit des Gerätes.

Muß Apple also nun das iphone neu erfinden? Nein. Bereits der jetzige Entwicklungszyklus ist mörderisch kurz. Wer einmal in der Entwicklung gearbeitet hat weiß, daß 1 Jahr Zykluszeit nur als mörderisch bezeichnet werden kann. Das Antennenproblemchen ist -neben seiner praktischen Irrelevanz- eine logische Folge davon. Wir sollten also aufhören, sowas zu fordern.
Apple folgt einem eigenen, konsequenten Pfad. Wie also wird das iphone 5 aussehen? Technisch werden wir nichts besonders neues sehen. Ein Radio? Alter Hut. Neuer Prozessor? Besserer Akku? Bessere Auflösung? OLED? Erweitertes Multitasking? Vollkommen uninteressant.
Wir werden in der Software und ihrer Interaktivität Neues sehen. Hier sind noch lange nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. I-OS wird wie Mac OS der Innovationsträger sein. Es reicht ein einziges interessantes Feature, und der Kultfaktor bleibt erhalten. Wie sonst erklären sich trotz breitgetretenem Antennenproblems 14 Millionen verkaufte iphone 4? Ich kenne keinen Besitzer eines iphone 3GS, der nicht gesagt hätte, daß ein upgrade zum iphone 4 nicht lohnt.

Im Gegensatz zur Darstellung im Artikel kann die weite Verbreitung des iphone dem Kultfaktor sogar zuträglich sein, denn bei -zunächst- proprietären Features ist damit die "userbase" groß genug, um Spaß zu machen. Siehe facetime, siehe pingchat, siehe Taxibutton usw. Allein der Preis sorgt schon für den notwendigen Differenzierungsfaktor. Das iphone is "the one to beat", und wird somit, wie lange Zeit vorher der Nokia Communicator, die Referenz bleiben.

Es ist wie mit den Autos. Den Standard setzt Volkswagen. Das Maß der Dinge ist aber Mercedes.
Und nichts ist so konstant wie die Änderung.