twitter: Alles nur Sensationsmache und Betrügerei?
Woher kommt dieser Wille, ein freies und demokratisches Kommunikationsmedium wie das Internet zu beschneiden? Wer solle die Millionen von Chats denn moderieren, wie Prof. Grimm fordert? Wer liege die ethischen Normen fest, nach denen Youtube-Videos und Suchergebnisse bewertet/gesperrt würden? Da ist der Weg in den Überwachungsstaat nicht mehr weit. Dieses Thema in aller Füller zu behandeln, würde den Rahmen sprengen. Deswegen möchte ich in erster Linie auf die Äußerungen bezüglich des Microblogging-Dienstes twitter Stellung nehmen.
Die Art und Weise, wie hier mit falschen Tatsachen "Stimmung" gegen dieses Kommunikationsmedium gemacht wird, ist unerträglich. Hier zeigt sich ein tiefes Unverständnis für Online-Kommunikationsformen, welches offenbar in Angst und Anblehnung dieser mündet. Der Ausdruck "Parajournalismus" ist ein Schlag ins Gesicht jeden Bloggers, viele davon professionelle Journalisten. Leser sowie Blogger schätzen die Kultur des Kommentierens und Bewertens von Artikeln - dies sind zentrale Pfeiler dieser Form des Publizierens. Dies als "Tyrannei der Schnatterei" abzutun zeigt, dass Frau Prof. Grimm dieses Medium nicht verstanden hat.
Warum versucht Prof. Grimm die Unterschiede zwischen Journalismus und twitter so zu betonen? Dieser Vergleich ist an den Haaren herbeigezogen. Der Vorwurf, twitter-Nutzer würden versuchen, Journalisten zu ersetzten entbehrt jeder Grundlage. Twitter ist ein globaler Kommunikationskanal und wird auch als dieser genutzt und verstanden, auch von Journalisten. Dort wird nicht kommuniziert um "[...]Aufmerksamkeit zu erregen und um Sensationen ins Netz zu stellen." Übrigens sind 42% aller twitter-Nutzer zwischen 35 und 45 Jahre alt und mehrheitlich nicht anonym unterwegs. Die Jugendlichen, die Frau Prof. Grimm also schützen möchte bewegen sich woanders.
Frau Prof. Grimm liegt mit ihren Äußerungen voll im Trend. Der Graben zwischen Bloggern einerseits und den alteingesessenen Medienhäusern und "echten" Journalisten andererseits tut sich immer weiter auf. Der Journalist Stefan Niggemeier bezeichnet die Entwicklungen bereits als "Kulturkampf gegen das Web 2.0". Als weitere Lektüre zum Thema empfehle ich den Lesern diesen Artikel in seinem Blog.
Frau Prof. Grimm geht sicherlich mit den richtigen Intentionen an das Thema Jugendschutz. Natürlich bietet das Internet auch Inhalte, die kriminell und unerträglich sind. Hier sollte mit allen Mitteln vorgegangen werden. Dies muss allerdings geschehen, ohne Internet-Nutzer und das Medium per se an der Pranger zu stellen. Die Förderung von Medienkompetenz ist der richtige Ansatz, eine Fähigkeit, die aber nur im kritischen Umgang mit dem Medium erlangt werden kann. Hier von vornherein zu verbieten und zu verurteilen wäre der falsche Weg.