Frei Sprechen
10.03.2008 22:57

CeBIT-Besucherzahlen im Plus - Wem wundert es?

Wie verschenkt man möglichst viele Freikarten um die Besucherzahlen zu erhöhen?
teltarif.de Leser fmeier636 schreibt:
teltarif.de hat gestern über den Besucherzuwachs auf der CeBIT 2008 berichtet. Unter anderem heißt es in der News: "Der Vorstandschef der Deutschen Messe AG, Sepp Heckmann, sagte, die CeBIT habe eine "neue Phase des Wachstums" eingeläutet. Trotz einer um einen Tag verkürzten Messedauer stieg die Zahl der Besucher im Vergleich zum Vorjahr um drei Prozent auf 495 000." Als ich das gelesen habe, kam ich mir doch etwas veralbert vor.

Ich konnte dieses Jahr beruflich bedingt nur am Samstag auf die CeBIT. Welch ein Fehler. Die Hallen waren stellenweise so voll, dass man sich lieber in der Sonne gesetzt hat, als sich durch die Massen zu kämpfen. Es waren unverkennbar mehr Besucher da, als auf der CeBIT im vergangenen Jahr. Nur waren das auch wirklich alles Fachbesucher, die sich ernsthaft für die Innovationen, wofür die CeBIT ja bekannt und unter den Unternehmen und wirklichen Fachbesuchern geschätzt wird, interessieren? Ich glaube kaum!

Tütenträger und Jugendgangs

Nach dem ich mich eine Zeitlang durch die Hallen gedrängt hatte, habe ich mich aus Frust in die Sonne gesetzt und die vorbeiziehenden Besucher beobachtet. Ich habe auf der CeBIT noch nie so viele Tütenträger und Jugendgruppen gesehen, wobei letztere stellenweise auch in jedem Hollywoodfilm als ordentliche Jugendgang durchgegangen wären. Sieht so die Zukunft der CeBIT aus? Soll die CeBIT zukünftig an den Wochenenden eher einem Freizeitpark, als einer Fachmesse gleichen?

Ich bin der Meinung, dass die CeBIT mit ihrer derzeitigen Strategie nicht auf dem richtigen Weg ist. Die CeBIT muss aufpassen, dass die Messe an den Wochenenden nicht freizeitparkähnlichen Verhältnisse annimmt. Von letzterem profitieren die Aussteller so gut wie gar nicht. Außerdem macht es nicht gerade einen guten Eindruck bei unseren ausländischen Ausstellern und Fachbesuchern.

So kann man die Besucherzahlen im nächsten Jahr bestimmt noch Toppen

Ich bin ja mal gespannt, wie die CeBIT-Veranstalter die Zuschauerzahlen im nächsten Jahr weiter nach oben schrauben werden. Vielleicht mit eine Kooperation mit der Hannoverschen Allgemeinen und deren Partner. HAZ & Co. haben laut IVW 1/07 immerhin eine Auflage von 330.030 Exemplare und einer Reichweite von 849.000 Leser. Die Besucher hätten auch nur eine kurze Anreise zur CeBIT. Die CeBIT-Veranstalter könnten z.B. allen, die eine HAZ & Co. erworben haben, eine oder gar mehrere Freikarten schenken.

Denkbar wäre doch auch eine Koop mit der Bravo oder gar mit RTL? Und wenn man dann noch die ganzen Freikarten für die Unternehmen dazu rechnet, bekommt man im nächsten Jahr bestimmt wieder einen Besucherzuwachs von 3 Prozent hin...

2x geändert, zuletzt am 11.03.2008 08:21
Kommentare zum Thema (9)
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zoink antwortet
11.03.2008 09:25
Benutzer fmeier636 schrieb:
Denkbar wäre doch auch eine Koop mit der Bravo oder gar mit RTL? Und wenn man dann noch die ganzen Freikarten für die Unternehmen dazu rechnet, bekommt man im nächsten Jahr bestimmt wieder einen Besucherzuwachs von 3 Prozent hin...

Freikarten in der Bravo? Gute Idee, aber gleich mit Guide, wo es Kugelschreiber, Schlüsselbänder und die größten Taschen gibt. Am besten noch mit Angabe wieviel man mitnehmen kann, bevor man vom Stand geschickt wird. ;)


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CeBIT: Messe für Fachbesucher oder doch ein Paradies für Beutelratten?
milford6 antwortet
11.03.2008 15:46
Also ich muss sagen, der Beitrag könnte so oder in ähnlicher Form auch aus meiner Feder stammen. fmeier636 spricht mir aus der Seele. Bei so vielen frei verfügbaren Tickets war jedoch – wenn man ehrlich ist – nichts anderes zu erwarten.

Mit der Betitelung "Tütenträger" wählst Du aber noch eine sehr humane Bezeichnung. Nicht selten habe ich auch den Begriff "Beutelratte" gehört. Schaut man sich die riesigen Taschen an, voll mit irgendwelchen Werbegeschenken, ist der Begriff zutreffend. Man könnte meinen sie decken sich für Jahre mit Kugelschreibern, Schlüsselbändern und Süßigkeiten ein, da diese in den Geschäften ausverkauft sind. Vielleicht findet ja im nächsten Jahr die Meisterschaft im Giveaways-Sammeln, die dieses Jahr erstmalig auf der Tourismus-Messe in Berlin stattfand, Einzug in Hannover.

Während meiner Gespräche an verschiedenen Ständen tauchten immer wieder vermeintliche "Fachbesucher" auf, die nach Werbegeschenken fragten. Die müssen wohl auf der falschen Messe gewesen sein… Überhaupt war der Anteil an Kindern und Jugendlichen sehr hoch.

Wie es dann abschließend zu Aussagen kommt "Die Aussteller seien hochzufrieden, die Auftragsbücher voll. Das Nachmessegeschäft werde stärker ausfallen als in den Vorjahren." kann ich auf Basis dieser Beobachtungen und auch Äußerungen von Ausstellern nur schwerlich glauben. Aber die Deutsche Messe muss es ja wissen...

Rückblickend betrachtet werde ich mir zukünftig einen Besuch auf der CeBIT an einem Samstag nicht mehr antun. Wenn terminlich nur das Wochenende in Frage kommt, werde ich lieber ganz auf einen Messebesuch verzichten. Ob das jedoch im Sinne des Erfinders ist? Ich weiß ja nicht.

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Kann doch trotzdem richtig sein
arndt1972 antwortet
11.03.2008 16:05
Wenn diejenigen die die Freikarten ausgeben diese, zumindestens teilweise, bezahlen, ist das doch für den Veranstalter ok. Die wollen Geld verdienen wodurch und womit ist denen egal.
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Netzwerkservice antwortet auf arndt1972
11.03.2008 16:42
Benutzer arndt1972 schrieb:
Wenn diejenigen die die Freikarten ausgeben diese, zumindestens teilweise, bezahlen, ist das doch für den Veranstalter ok. Die wollen Geld verdienen wodurch und womit ist denen egal.

Ich denke mehr Geld bekommen habe die Veranstalter nicht durch mehr Besucher.

Ein großer Hersteller fragte mich am Telefon ob ich noch Freikarten bräuchte, man hätte dieses Jahr die x fache Menge an Freikarten bekommen und wüsste nicht wohin damit.

Da ja wohl auch "ComputerBILD" Freikarten via eTicket verschenkt hat, wundert mich nichts mehr.

Ich selber war am Di. da und da war gegen Nachmittag der Kinder/Jugendliche-Anteil schon recht hoch.

Manche Aussteller entwickeln schon Konzepte wie man diese "Kunden" vom Stand fernhält.

Gruß

Kaweh Jazayeri
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Kinder & Jugendliche
swessels antwortet auf Netzwerkservice
12.03.2008 11:33
Es klingt hier mitunter so, als seien die Kinder und Jugendlichen nur Störenfriede. Und obwohl es natürlich stimmt, dass sie kein "Fachpublikum" sind, möchte ich folgendes aus der Kids-Verbraucher-Analyse 2007 zu bedenken geben:

"Über 1,5 Milliarden Euro regelmäßige Geldzuwendungen und fast eine weitere Milliarde Euro an Geldgeschenken (Geburtstag, Weihnachten, Ostern) können die 5,76 Millionen Kinder im Jahr ausgeben.(...)
Auf fast vier Milliarden Euro beläuft sich inzwischen das Sparvermögen der Kids.
(...)
Über 80 Prozent (2005: 74 Prozent) der 10- bis 13-Jährigen sitzen zu Hause vor einem Rechner, bei den 6- bis 9-Jährigen sind es dagegen knapp die Hälfte (46 Prozent – 2005: 38 Prozent),
(...)
2,1 Millionen Kinder (37 Prozent) nennen inzwischen ein Handy ihr eigen.
(...)
Als relativ neuer Kostenfaktor kann immer noch das Handy gelten. Monatlich werden 26 Euro dafür ausgegeben, was sich auf jährlich 312 Euro aufsummiert (...)."

http://www.ehapamedia.de/pdf_download/Pressemitteilung_KVA07.pdf

Auf die ganze Branche gerechnet ist das vielleicht nicht viel, aber auch nicht ganz irrelevant. Jugendliche von 14 aufwärts sind hier noch nicht einmal berücksichtigt. Und die bis-13-Jährigen geben nicht nur selbst Geld aus, sondern beeinflussen auch die Konsumentscheidungen der Eltern. (So dürfte z.B. der iPod auf diesem Weg einiges für die Marke Apple getan haben.) Nicht zuletzt sind sie die Privat- und Geschäftskunden von morgen.

Übrigens gibt es auf vielen Messeständen Shows, die am ehesten an eine Disko erinnern und herzlich wenig mit Geschäft oder Technik zu tun haben. Damit lockt man halt die Leute an, die man damit anlockt.
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Kosten für Freikarten
Kai Petzke antwortet auf arndt1972
13.03.2008 10:04
Benutzer arndt1972 schrieb:
Wenn diejenigen die die Freikarten ausgeben, diese zumindest teilweise bezahlen, ist das doch für den Veranstalter ok.

Die von Dir genannte Regelung galt bis 2007: CeBIT-Aussteller konnten Besuchertickets ordern, die sie als "Freikarten" an ihre Kunden weitergeben konnten, die die Aussteller aber bezahlen mussten, wenn sie benutzt wurden. Dieses Jahr waren die Freikarten aber tatsächlich komplett umsonst. Der Veranstalter der CeBIT, die Deutsche Messe AG, nimmt mit der Standmiete der Aussteller dennoch genügend Geld ein.

Aufgrund des extrem überlaufenen Samstags kann ich mir aber vorstellen, dass die Deutsche Messe AG die Vergabe der Freikarten nächstes Jahr wieder etwas stärker reglementiert.
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Jugendliche sind die ITler von morgen!
Kai Petzke antwortet auf milford6
13.03.2008 10:20
Benutzer milford6 schrieb:

Während meiner Gespräche an verschiedenen Ständen tauchten immer wieder vermeintliche "Fachbesucher" auf, die nach Werbegeschenken fragten. Die müssen wohl auf der falschen Messe gewesen sein. Überhaupt war der Anteil an Kindern und Jugendlichen sehr hoch.

In Berlin gilt bei den meisten Messen (Grüne Woche, ILA, IFA usw.) das Konzept, dass auf einige Fachbesucher-Tage mit hohem Eintritt und teilweise gar Zugangskontrolle jeweils einige Publikumstage folgen, meist am Wochenende. Die ILA gleicht an den Publikumstagen eher einem Volksfest auf dem Flugplatz als einer Messe. Doch was spricht dagegen? So mancher kleine Junge, der auf Papas Rücken einen der großen Flieger ansehen darf, nach lange Schlange stehen sogar kurz ins Innere kann und die Flugvorführungen bewundert, fasst für sich anschließend den Beschluss, so etwas auch bauen oder fliegen zu wollen. Und vielleicht findet der kleine Junge dann künftig Mathe oder Sachkunde (später dann Physik und Chemie) nicht mehr ganz so doof wie bisher, und der Messebesuch wird zum Anfang einer Ingenieurs- oder Pilotenkarriere.

Ähnliches kann auch auf der CeBIT passieren, deswegen habe ich dort nichts gegen Kinder. Wichtig ist für mich nur, dass an den für geschäftliche Besucher prädestinierten ersten Tagen der Messe die Privatbesucher die Messe nicht derartig zudrücken, dass man nicht mehr an die Stände rankommt. Sollte das passieren, müsste man das Berliner Prinzip der Fachbesuchertage auch auf der CeBIT einführen.
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Kinder statt Inder
naehring antwortet
14.03.2008 07:53
Wir sollten froh über jeden Jugendlichen sein, der sich für Technik und IT interessiert. Deutschland ist nicht gerade dafür bekannt, dass wir uns vor geeigneten IT-Fachkräften kaum noch retten können. Die Nachfrage nach IT-Fachkräften ist wesentlich höher als das Angebot. Wenn die Entwicklung so weiter geht, haben wir bald wieder eine "Kinder-statt-Inder"-Diskussion.
https://www.teltarif.de/frei-sprechen/...