Frei Sprechen
15.04.2008 11:18

Flatrate-Kündigungen durch den Anbieter

Sind die Kündigungen eine "Frechheit"?
teltarif.de Leser Jochen_O2 schreibt:
Es wurde in letzter Zeit viel diskutiert, ob die aktuellen Kündigungen von "Power-Usern" gerechtfertigt sind oder nicht.

(1)
Der Anbieter kündigt zum Ende der Laufzeit.
Beide Vertragspartner haben ohne Angabe von Gründen das Recht, das Vertragsverhältnis zum Ende der Laufzeit zu kündigen.
Jeder Kunde ist doch froh, wenn er (irgendwann einmal) von diesem Recht Gebrauch machen kann - das gleiche müssen wir auch dem Vertragspartner zugestehen. Sicher, es ist ärgerlich, dass wir uns dann leider einen neuen Anbieter/Tarif suchen müssen, aber in der Regel finden doch solche Kündigungen durch den Anbieter äußerst selten statt, denn er will mit uns ja weiterhin Geld verdienen.
Kurzum: man darf sich nicht beschweren, wenn man bewusst einen Tarif mit kurzer Vertragslaufzeit wählt, dann aber fristgerecht zum Ende der Laufzeit gekündigt bekommt.
Dabei spielen die Gründe keine Rolle, und der Anbieter handelt in jedem Fall völlig legitim.
Dass sich ein Anbieter dadurch von "unrentablen" Kunden trennt, die eine Flatrate unverhältnismäßig und bis zum "Geht-Nicht-Mehr" ausreizen, ist aus wirtschaftlicher Sicht absolut verständlich und auch richtig.
Jeder intelligente Kunde wird Verständnis dafür aufbringen müssen.

(2)
Der Anbieter kündigt fristlos zum sofortigen Zeitpunkt.
Nun ja, rechtlich gesehen ist es natürlich sehr fragwürdig, wenn ein Anbieter mit einer Flatrate "ohne Grenzen" wirbt und dann bei einem bestimmten Minutenkontingent oder Datenvolumen dem Kunden vorzeitig kündigt.
Wo genau ist der Unterschied zwischen privater Vielnutzung und unverhältnismäßiger Dauer-/Extremnutzung?
Das ist nirgends klar definiert, und so ist es natürlich zunächst unverständlich, wie eine Kunde eine "echte" (grenzenlose) Flatrate missbrauchen kann.
Ich finde es jedenfalls nicht korrekt, dass zunächst keine Mahnung oder Verwarnung ausgesprochen wird, sondern der Kunde direkt mit der fristlosen Kündigung konfrontiert wird.

Trotzdem muss man sagen, dass selbst eine echte Flatrate bei normalem Gebrauch eben keine Dauernutzung sein kann: denn bei einem normalen Gebrauch schläft der Kunde in der Regel 6-8 Stunden pro Tag, es gibt Zeiten der Wenig-/Nichtnutzung (z.B. Urlaub, Arbeitszeiten) oder einfach Tage/Zeiträume, in denen selbst Quasselstrippen das Handy weniger oder gar nicht brauchen.
Viele Kunden missbrauchen die Flatrate in unangemessener Weise: hier werden Festnetz-Flats als "Standleitung" benutzt um das Handy als Babyfon nutzen zu können. Andere verschicken täglich (!) SMS-Nachrichten im dreistelligen Bereich. Dass sich so ein "SMS-Chat" für den Anbieter nicht lohnen kann, müsste jedem Kunden klar sein. Ich würde wetten: müsste man nur 1-2 ct/SMS bezahlen, würde man solch einen Nachrichten-Austausch per E-Mail oder ICQ-Messenger abwickeln.
Von daher kann in solchen Fällen eigentlich nicht mehr von einem normalen Nutzerverhalten oder "Fair Use" gesprochen werden. In diesen extremen Beispielen ist eine sofortige Kündigung wohl einigermaßen nachvollziehbar, dennoch sollten die Anbieter vorher festlegen, was sie unter einem Missbrauch verstehen - nur so sind für beide Vertragspartner die Grenzen deutlich abgesteckt.

Fazit:
Meiner Meinung nach sind die heutigen Kosten für eine Flatrate viel zu gering und lohnen sich damit für den Kunden sehr schnell. Der Anbieter macht dadurch jedoch großen Verlust - da hilft auch eine gute Mischkalkulation nichts.
Insbesondere die Sprachflatrates in alle Netze für etwa 60 Euro/Monat kann man sehr schnell ausreizen, wenn man sehr viel in die verschiedenen Mobilnetze telefoniert.

Von daher werden die Preise für eine Flatrate entweder enorm steigen - oder der Anbieter wird in Zukunft deutlich darauf aufmerksam machen, dass es irendwelche Limits gibt.
Am Ende ist es jedoch der Kunde, der verliert - in beiden Fällen.
Vielleicht hätten die "Power-User" mal vorher überlegen sollen, ob diese massive Ausnutzung längerfristig von Vorteil ist...

Vorstellbar wären solche Limits:
- bei einer Datenflatrate eine großzügige Zeit- und Volumenbegrenzung, sodass man bei einem normalen Nutzerverhalten gut in den Grenzen bleibt - das ganze jedoch abgerechnet über einen Zeitraum von 3 Monaten. Alles, was dann über diese Limits geht, wird zu einem günstigen Preis zusätzlich berechnet. So kann der Anbieter ziemlich genau kalkulieren und auch der Kunde kann eigentlich noch ganz gut die Flatrate benutzen, da die Hauptnutzung über den Flatrate-Preis "gedeckelt" ist. Wer eben extrem viel mehr Downloads braucht, muss eben dafür einen fairen Preis bezahlen.
- bei einer All-Net-Sprachflatrate: zwar eine "echte" Flat ins dt. Festnetz und community-intern, aber die schlecht kalkulierbaren externen Minuten auf ein bestimmtes Kontingent begrenzen. Alle externen "Extra-Minuten" werden zu einem günstigen Preis weiterberechnet, sodass der Kunde eben freiwillig aufs Festnetz ausweicht (da von der Flatrate abgedeckt) - alles bleibt für den Anbieter leichter kalkulierbar.

Jedenfalls muss den "Power-Usern" ein Riegel vorgeschoben werden, denn letztlich sind es die anderen Kunden, die für diesen Missgebrauch mitbezahlen müssen.
Die genauen Konditionen sollten in jedem Fall VOR (!) Vertragsabschluss geregelt werden, es kann nicht sein, dass man mit "endlos telefonieren" wirbt, und dann bei entsprechender Nutzung eine fristlose Kündigung kassiert.

Es ist alles andere als eindeutig und für den Kunden nur schwer zu erraten, wo die Grenzen liegen, sodass ich den Anbieter letztendlich in der Verpflichtung sehe, seine Versprechen zumindest bis zum Ende der regulären Vertragslaufzeit weiter einzuhalten!


Dass es generell für Flatrates auch gewisse Grenzen gibt, finde ich prinzipiell durchaus sinnvoll. Nur so kann der monatliche Preis für die Flatrate wirklich "flat" gehalten werden.
"Flatrate" heißt ja nicht Dauernutzung, sondern einfach (frei übersetzt) "gleichbleibende monatliche Gebühr", durch die eben der Hauptteil der monatlichen Telefon- bzw. Internetgebühren abgedeckt wird (Stichwort "Kostenkontrolle").
Ich halte es (für beide Vertragspartner) für absolut fair, wenn es auch bei einer Flatrate Grenzen gibt, jedoch muss von vorneherein klar sein, wo diese liegen.
Eine fristlose Kündigung seitens des Anbieters ist nicht gerecht, weil falsche Versprechungen gemacht wurden. Die Anbieter haben falsch kalkuliert: sie hätten eigentlich damit rechnen müssen, dass es eben Leute gibt, die nie genug bekommen und so einen Tarif in unverhältnismäßiger Weise extrem ausnutzen. Der Fehler einer falschen Kalkulation liegt somit eindeutig bei den Anbietern. Meiner Meinung nach ist es aber nur eine Frage der Zeit, bis die Anbieter hier "nachbessern" und solche Grenzen einführen - was bleibt ihnen denn anderes übrig?

5x geändert, zuletzt am 17.04.2008 14:37
Kommentare zum Thema (56)
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uwm antwortet
15.04.2008 11:44
Flartrate ist und bleibt Flatrate - zumindest für mich.
Unbegrenzt heißt nunmal unbegrenzt, wenn das für den Anbieter schief geht - so what ?

Ich habe im übrigen auch noch keinen Mobilfunkmanager Hartz IV beantragen sehen - die holen sich das Geld woanders wieder rein, ruiniert wurde durch eine Flatrate jedenfalls noch kein Mobilfunkanbieter.

Wenn ein Unternehmen unter einer Flatrate z.B 3000 Minuten und 300 SMS pro Monat versteht, dann sollen sie das sagen, Punkt.
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Robert Beloe antwortet
15.04.2008 11:45

2x geändert, zuletzt am 15.04.2008 11:52
Diesen Beitrag (von Jochen O2) kann ich vollständig unterschreiben. Bei den Mengen an SMS, um die es bei den Kündigungsfällen zum Teil offenbar geht, frage ich mich ohnehin, wie eine solche Nutzung zustande kommen kann. Es kann sich da eigentlich nur um eine Art 'Chat' handeln, und das hat dann wirklich nichts mehr mit der eigentlichen Funktion einer Textnachricht zu tun.

Der Sinn der Komplett-Flatrates leuchtet mir grundsätzlich nicht ein. Ein Pauschaltarif ins Festnetz (und meinetwegen netzintern) ist sinnvoll, aber in alle Netze? Ja, wozu gibt es denn überhaupt das Festnetz und normale Festnetztelefone (beides übrigens oft verbunden mit einer erheblich besseren Sprachqualität als beim Mobilfunk)? Das Mobiltelefon hat ja eigentlich gerade nicht die originäre Funktion, dass damit stundenlang und ununterbrochen telefoniert wird. Und so viele Kunden wird es ja wohl nicht geben, die nie zu Hause oder im Büro auf einem normalen Telefon erreichbar sind. Außerdem gibt es inzwischen ja viele Mobilfunktarife, zu denen sich auch eine Festnetznummer hinzubuchen lässt.

Auch der Hinweis darauf, dass Poweruser den normalen Kunden schädigen, ist m.E. absolut berechtigt. Solche Kunden treiben die Kosten in die Höhe, und jemand, der nicht rund um die Uhr telefoniert oder Textnachrichten verschickt, muss so ein Verhalten mitfinanzieren. Herzlichen Dank den SMS-Chattern! ;)
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Mengerabatt
roland.schuermann antwortet
15.04.2008 11:46

3x geändert, zuletzt am 15.04.2008 11:50
Hallo!

Sehr guter Beitrag, Jochen_O2! Alternativ zur Flatrate könnte ich mir noch eine Art Mengenrabatt vorstellen. Im einzelnen bedeutet das, dass man einen Minutenpreis x für die erste Minute zahlt und auf die folgende Minute y Prozent Rabatt bekommt. Auf den neu entstandenen Preis wiederum y Prozent usw. So könnte sich eine Preiskurve ergeben, die nach den ersten Minuten recht stark sinkt und deren (negative) Steigung dann immer mehr gegen Null geht, so dass im Schnitt ein günstiger Durchschnittspreis herauskommt, der durch höhere Nutzung noch weiter sinkt. So nimmt der Anbieter weiterhin etwas ein, und übermäßige Nutzung würde vermieden bzw. gebremst.

MfG, Roland

P.S.: Für negative sowie positive Kritik bin ich durchaus dankbar.
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Jochen_O2 antwortet auf uwm
15.04.2008 11:53
Benutzer uwm schrieb:
Flartrate ist und bleibt Flatrate - zumindest für mich. Unbegrenzt heißt nunmal unbegrenzt, wenn das für den Anbieter schief geht - so what ?

Stimmt, "unbegrenzt" heißt "unbegrenzt".
Aber Flatrate heißt wörtlich übersetzt weder "Standleitung" noch "Dauernutzung".

Hast Du immer noch nicht verstanden, dass Du Dir mit dieser Einstellung letztendlich selbst ins Bein schießt...?

Die Folge ist, dass die Kosten für die Flats steigen werden, damit der Anbieter profitabel wirtschaften kann! Oder es werden tatsächlich irgendwelche Grenzen eingeführt.
Das ist dann immer noch eine Flatrate (wörtlich: flat rate!), aber eben keine unbegrenzte Dauer-Nutzung.
(Dennoch für beide Seiten eine ziemlich faire Lösung.)


Wenn ein Unternehmen unter einer Flatrate z.B 3000 Minuten und 300 SMS pro Monat versteht, dann sollen sie das sagen, Punkt.

Genau! So sehe ich es auch. Im Vorfeld muss klar sein, was durch die "flat rate" abgedeckt ist. Das ist eigentlich das Hauptproblem an dieser Geschichte.
Insbesondere die fristlosen Kündigungen ohne Vorwarnung finde ich total daneben...

Bei Extrem-Fällen (z.B. JEDEN Tag HUNDERTE SMS-Nachrichten) stehe ich jedoch auf der Seite der Anbieter.
Ich meine, es kann mal vorkommen, dass man extrem viel simst, aber das darf man ja nicht täglich ausnutzen. Der gesunde Menschenverstand hilft einem, das ganze richtig einzuschätzen...






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Beschder antwortet auf roland.schuermann
15.04.2008 11:54

So könnte sich eine Preiskurve ergeben, die nach den ersten Minuten recht stark sinkt und deren (negative) Steigung dann immer mehr gegen Null geht, so dass im Schnitt ein günstiger Durchschnittspreis herauskommt, der durch höhere Nutzung noch weiter sinkt.

meinst du z.b. open end von call-ya?
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Flats zu teuer?
handytim antwortet
15.04.2008 12:03
Ich widerspreche nur in einem Punkt:
Du sagst die Flatrates wären zu billig und lohnen sich deshalb für den Anbieter nicht.

Ich meine das Gegenteil, sie sind für den Otto-Normalkunde noch einen Tick zu teuer. Die Folge ist, dass nur die Vieltelefonierer die Flats buchen, aber nicht die große Masse an Durchschnittstelefonierer. Erst wenn diese "Normaltelefonierer" die Extremuser wieder ausgleichen, kann sich eine Flatrate für den Anbieter lohnen.

Soweit scheinen jedoch die Anbieter unisono nicht gehen zu wollen und werfen lieber die Extremuser raus. Jedoch sollte man dann auch bedenken, dass diese Vielnutzer meistens die Multiplikatorkunden sind, die einem Unternehmen oft mehr weitere Kunden bescheren als ein Normaltelefonierer.
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Jochen_O2 antwortet auf handytim
15.04.2008 12:13
Benutzer handytim schrieb:
Du sagst die Flatrates wären zu billig und lohnen sich deshalb für den Anbieter nicht.

Eine interessante Sichtweise, teilweise stimme ich Dir sogar zu.
:-)

Aber sollten sich Flatrates wirklich nur dann für den Anbieter rechnen, wenn es auch viele Kunden gibt, die die Flat eigentlich gar nicht brauchen? Müssen diese Kunden dann die Extremfälle/Vielnutzer kompensieren? Ist das der eigentliche Gedanke, der hinter der Flatrate steckt...?

Klar, die Power-User würden sich freuen, wenn die Preise sinken, und ihnen trotzdem keine Grenzen vorgegeben werden. Aber so wird sich die Flatrate-Idee wohl kaum durchsetzen lassen.
Hierzu ist es notwendig, dass eine breite Masse an Durchschnittstelefonierern die Flat bucht, und diese auch in genau diesem Nutzerverhalten ausnutzt: durchschnittlich, also mal mehr und mal weniger.
So wird das auch was mit der Mischkalkulation.
Generell finde ich diese Berechnungen aber schwierig (abgesehen vielleicht noch von Festnetzflats oder Intern-Sprachflats).

Im Idealfall hast Du absolut recht, aber in der Realität wird es wohl mehr Power-User geben als Leute, die zwar die Flat buchen und bezahlen, sie aber nicht wirklich brauchen (Stichwort: Geiz ist geil).
So kommen wir wohl an gewissen Grenzen nicht vorbei, wirst sehen, die Anbieter werden sich (zumindest bei All-Net-Flats) in Zukunft vorher absichern und klare Grenzen aufzeigen.
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handytim antwortet auf Jochen_O2
15.04.2008 12:22
Wie Du selbst sagst, es ist eine Mischkalkulation, bei der ein Anbieter von einer "durchschnittlichen Nutzung je Kunde" ausgeht. Dabei wird fest mit Extremuser gerechnet, die durch Normaluser gegenfinanziert werden. Natürlich ist es für Congstar schlecht, wenn jemand die Vodafone-Flat für 15 Euro bucht und dann 50 Stunden im Monat telefoniert, was bei Congstar IC-Kosten von über 250 Euro verursacht.

Ich wäre für eine Preissenkung je nach Nutzung. Die ersten 100 Minuten kosten 15 Cent, danach werden die Minuten billiger, dass man am Ende im Durchschnitt bei den Discountern ist. Alternativ könnte man eine Flat einführen und pro Anruf einen Cent extra verlangen. Für Vielnutzer vertretbar und die "Sinnlostelefonate" würden reduziert, da nicht mehr komplett kostenlos.