Frei Sprechen
08.02.2008 21:56

Ein Plädoyer für VoIP-Anschlüsse

teltarif.de Leser KaiserFranz schreibt:
Jetzt habe ich schon wieder einen Kommentar gelesen, in dem jemand seinen konventionellen Telefonanschluss preist - "kein VoIP-Gefrickel", im Gegensatz zu Arcor-, Hansenet-, 1&1- oder O2-DSL. Die seien nämlich "Telefonanschlüsse zweiter Klasse".

Können wir uns vielleicht mal von diesen Vorurteilen freimachen?

Letzten Endes ist VoIP bloß eine andere Technik, um die gleiche Information (digitalisierte Sprache nämlich) zu übertragen. Das ist per se nicht besser und nicht schlechter als bei einem normalen Telefonanschluss. Die Telefonanbieter benutzen intern schon lange VoIP, um Gespräche auf Teilstrecken zu übertragen, und bei mir im Büro läuft die Telefonanlage auch auf VoIP, so muss man nämlich keine Telefondosen verlegen, sondern kann das Telefon mit in die Ethernet-Dose stecken.

Was gibt es an VoIP objektiv auszusetzen?

a) Die Sprachqualität kann schlechter sein.

Das mag stimmen, wenn VoIP-Verkehr übers öffentliche Internet läuft, denn hier können Sprachdaten nicht priorisiert werden. Es aber etwas ganz anderes, wenn wir über ein Büronetzwerk reden oder wenn z. B. 1&1 oder Arcor die Daten von ihrem DSLAM zum POTS-Gateway schicken. Dort kann man Sprachdaten Priorität verleihen, und dann ist die Sprachqualität meist sogar besser als im konventionellen Festnetz.

b) Ohne Strom funktioniert es nicht.

Das stimmt. Hat der VoIP-Router keinen Strom, funktioniert auch das eingesteckte Telefon nicht. Aber wer hat denn heute noch ein konventionelles Telefon, das mit dem Strom aus der Vermittlungsstelle funktioniert? Die meisten schnurlosen oder aufgebrezelten schnurgebundenen Apparate sterben eh, wenn der Strom ausfällt. Also nix mit Notruf absetzen. Außerdem, wer sagt denn, dass bei einem großflächigen Stromausfall noch Strom in der Vermittlung ist? Da verlasse ich mich doch lieber auf eines der drei Handys in der Familie. Und wie groß ist überhaupt die Wahrscheinlichkeit, dass in dem Moment, in dem man einen Notruf absetzen will, auch noch der Strom ausfällt? Man kanns auch übertreiben.

c) Faxen funktioniert nicht.

Das stimmt so pauschal auch nicht. Die meisten Anbieter haben mittlerweile T.38-kompatible Netze, und wenn man dann am Fax noch die Modemgeschwindigkeit ein bisschen runterstellt, dauert Senden und Empfangen möglicherweise zehn Sekunden länger, aber es funktioniert.

Fazit: VoIP-Anschlüsse - richtig ausgelegt und konfiguriert - sind konventionellen Telefonanschlüssen mindestens ebenbürtig. Und wenn ich sie für fünf Euro weniger bekomme, soll es mir recht sein. Und wenn die Telekom erst mal ihr Netzwerk umgerüstet hat, sind sie eh Standard.

Wenn man an allem Neuen so rummäkeln würde, würde man Autos noch mit Zügeln lenken.

Kommentare zum Thema (15)
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uwm antwortet
09.02.2008 09:54
Na ja äh - mag ja sein das VOIP manchmal auch funktioniert - wenn ich mir allerdings z.B. die Reklamationsquote von 1&1 anschaue im Verhältnis zur Reklamationsquote von ganz normalen popeligen Kupferkabelanschlüssen bei T-home dann ergibt sich für mich ein etwas anderes Bild ...

Standardprobleme sind Flüstergespräche (zu leise, man kann kaum was verstehen), Rauschen, Knacken, man kann nicht raustelfonieren aber angerufen werden oder es kommt gleich eine nette Ansage "der gewünschte Netzbetreiber steht zur Zeit nicht zur Verfügung".

Wer auf das Telefon angewiesen ist muß wohl noch ein wenig warten, bis die Kinderkrankheiten beseitigt sind oder sich einen altmodischen etwas teureren Kupferkabelanschluß bestellen ...
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HunterMW antwortet auf uwm
09.02.2008 13:20
Das VoIP für viele nicht als kompletter Festnetzersatz in Frage kommt liegt wohl weniger an der Technik als an den Providern. Ich benutze derzeit 1&1 VoIP und werde noch dieses Jahr auf ISDN wechseln, weil es einfach nicht so funktioniert, wie es soll. Mich stört die schlechte Sprachqualität und vor allem, das kaum Sonderrufnummern erreichbar sind. Ohne Festnetzanschluss kann man ja nicht mal die technische Hotline von 1&1 erreichen. Da bazahle ich lieber wieder 5€ mehr und habe dafür einen guten alten ISDN-Anschluss, als dass ich weiter VoIP nutze. Mit anderen Anbietern, z.B. VoIP-Station, ist die Qualität wirklich gut, aber dort bringt mir meine 1&1 Flat natürlich nichts. Dann kann ich gleich wieder aufs Festnetz umsteigen.

MfG HunterMW
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klaussc antwortet
09.02.2008 15:03
Zitat:
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Fazit: VoIP-Anschlüsse - richtig ausgelegt und konfiguriert - sind konventionellen Telefonanschlüssen mindestens ebenbürtig. Und wenn ich sie für fünf Euro weniger bekomme, soll es mir recht sein. Und wenn die Telekom erst mal ihr Netzwerk umgerüstet hat, sind sie eh Standard.
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Wie Du selber schreibst, funktioniert VoIP nur dann richtig, wenn...

Leider ist es aber in der Praxis so, dass es eben nicht immer richtig funktioniert, ich kenne hier z.B. einen 1und1-Komplett Kunden, der kann weder immer in vernünftiger Qualität telefonieren, noch bekommt er in den Abendstunden immer ein Amt noch kann man ihn selber immer erreichen, wählen dauert auch länger und Fax geht gar nicht.

Wenn das nicht II. Klasse ist, was dann?

Dritte Klasse vielleicht ;-)

Gruß
Klaus
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VoIP? Funktioniert (beinahe) tadellos
chrschn antwortet auf klaussc
09.02.2008 22:55
Wie bei uns haben seit November 07 einen entbündelten DSL-3000 Anschluss von M-Net. Fürs Telefonieren nutzen wir VoIp, eingehend über sipgate (wo wir auch unsere FN hinportiert haben) und ausgehend über GMX.
Alles wird über eine Fritz!Box Fon 5010 abgewickelt... und wir haben eine einwandfreie Sprachqualität, können eigentlich überall hin telefonieren, wohin wir wollen (gut einige Sonderrufnummer funktionieren in der Tat nicht, aber die waren auch schon vorher bei M-Net am POTS-Anschluss gesperrt). Es gibt kein Echo und keine Verzögerung...

Einzig die Fritz!Box hängt sich von Zeit zu Zeit auf, aber das Problem löst ein Neustart im Nu (künftig hoffentlich automatisiert oder per Zeitschaltuhr und Stromtrennung)...

Vielleicht liegen die Probleme bei den All-in-One-Anbietern einfach daran, dass sie zu viel für zu wenig Geld anbieten oder dass si eeinfach total überlastet sind. Mit unserer Lösung sind wir jedenfalls bislang zufrieden...
Achja, Faxe habe ich i.Ü. auch schon über VoIP verschickt, ging mit bellshare und sipgate problemlos, bei GMX hakt es allerdings...

Und bevor man VoIP als Technik verdammt, sollte man ggf. einfach nem anderen Anbieter die Chance geben. Es liegt nicht an VoIP, sondern daran, was die Anbieter draus machen!
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zenga2k antwortet auf klaussc
09.02.2008 23:11
Alle Voip-Kritiker berichten hier nur über Probleme mit 1&1. Es gibt aber sehr viel mehr Anbieter! Ich habe bisher mit Carpo, diversen Betamax-Töchtern und Pepphone free (ehemals Voipstation) nur gute Erfahrungen gemacht.
Vielleicht wäre es sinnvoll, einfach mal mehr als nur einen Anbieter auszuprobieren, bevor man sich ein Urteil über eine komplette Technologie bildet.
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coolio01 antwortet auf zenga2k
09.02.2008 23:54
Hallo
Es geht hier aber nicht nur darum ob VOIP an sich funktioniert, sondern um Anbieter die "nur" einen VOIP Telefonanschluss anbieten.
Und 1&1, Tele2 etc bieten keine Test-Anschlüsse an, sondern man muss sich dort meist für 6-24 Monate binden.
Mit dem "ausprobieren" der einzelnen Anbieter ist es damit nicht weit her.

Coolio
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Es kommt wohl wirklich auf den Anbieter an
KaiserFranz antwortet auf coolio01
10.02.2008 14:35
Womöglich sind tatsächlich die Anbieter im Vorteil, die auch vor VoIP schon ein Telefonnetz betrieben haben. Die sollten dann auch wissen, wie man in andere Netze vermittelt und Sondernummern erreichbar macht.

Ich selbst benutze O2 und habe kein einziges der beschriebenen Probleme. Der von O2 eingesetzte Zyxel-Router hat übrigens eine Einstellungsmöglichkeit für die Lautstärke der angeschlossenen Analogtelefone (kommt mir gerade wegen der angesprochenen "Flüstergespräche" in den Sinn).

Gruß,
KF
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klaussc antwortet auf zenga2k
10.02.2008 15:37
Benutzer zenga2k schrieb:

Vielleicht wäre es sinnvoll, einfach mal mehr als nur einen Anbieter auszuprobieren, bevor man sich ein Urteil über eine komplette Technologie bildet.

Vielleicht bin ich nur falsch verstanden worden, ich verdammen VoIP keinesfalls.

Selber nutze ich bereits seit Jahren mehrere VoIP-Anbieter (Sipgate, Arcor, Carpo und Dusnet. Früher hatte ich auch noch Accounts bei GMX (UI)). Bezugnehmend auf diese Erfahrung kann ich eigentlich nur sagen: Es kann funktionieren, Garantien gibt es aber nicht. Mit meinen Zugängen habe ich eigentlich durchweg keine Probleme, lediglich mit cbc über Dusnet-VoIP auf die FSE im KFZ hatte ich doch arge Probleme (Echo).

Auch die gängige Hardware kenne ich ganz gut, selber hatte ich bereits eine FRITZ Box Fon, dann eine 7050 und nun die 7270.

Wenn meine beiden Arcor-ISDN-Kanäle besetzt sind, wird automatisch Arcor-VoIP genutzt, wenn das mal passiert bemerkt man in der Regel nichts davon. Lediglich wenn über den VoIP-Kanal ein Fax soll, bleibt das schon mal hängen...

Die Qualität der VoIP-Telefonie wurde bereits besser und es wird sich sicherlich noch mehr tun.

Aber der Punkt ist doch der: Es gibt Einschränkungen, es fragt sich eben nur, wie man diese persönlich wertet UND es gibt von der VoIP-Anbieterseite KEINERLEI Garantien bzgl. der Qualität der verkauften Dienstleistungen. Weiterhin kann es sein, dass VoIP eben toll läuft oder auch nicht, das hängt von vielen Faktoren ab, die der Kunde kaum beeinflussen kann (Netzauslastung am Wohnort, Gatewayauslastung beim Anbieter, Tageszeit...)

Warum sollte man also eine "Bastellösung" vorziehen, wenn man zu gleichen Preis einen besseren Anschluss bekommen kann?

Gruß
Klaus