Frei Sprechen
08.02.2008 20:49

0137 Nummern

Interaktives Fernsehen auf Kosten der Zuschauer
teltarif.de Leser Zoink schreibt:
Im Nachtprogramm der Privaten Fernsehsender in Deutschland lief schon die eine oder andere kuriose Sendung. Am harmlosesten war wohl noch das „Nachtfeuer“, das eine Zeit jede nacht lang einen Kamin simulierte. Aber damit bringt man die Zuschauer ja nur zum einschlafen. Und da Fernsehsender ja gewinnorientierte Unternehmen sind, will man die Zuschauer an den Fernseher fesseln, statt sie ins Bett zu bringen, damit Sie noch weiter die Werbung sehen. Welche Werbung man Nachts auf den Privatsendern sieht, weiß jeder der schonmal die Wiederholung eines Filmes aufgenommen hat. Neben Dauerwerbesendungen für Mega-Mixer und Super-Staubsauger werben hauptsächlich leicht bekleidete Damen unmissverständlich für Ihre Dienste. Doch das Nachtprogramm hat sich geändert: Anstatt halbnackter Frauen die einen dazu auffordern anzurufen, sieht man immer häufer Call-In Shows. Also halbnackte Frauen, die einen dazu auffordern anzurufen, um Geld, Autos oder andere Preise zu gewinnen. Und wer denkt, zum Glück laufen diese Shows nicht tagsüber, sollte mal auf den Sender 9live schalten. Ein Großteil des Programmes besteht aus verschiedenen Call-In-Shows. Damit man mitmachen kann, soll man eine kostenflichtige 0137-Nummer anrufen.

0137-Nummer waren von der BNetzA eigentlich für „schwer erreichbare“ Nummern vorgesehen, also für Nummern, die in einer kurzen Zeit sehr häufig angerufen werden. Solche Nummer findet man häufig beim Televoting, also z.B. bei Abstimmungen für den „Eurovision Songcontest“, „Wetten, dass...“ oder „Deutschland sucht den Superstar“. Die 0137-Nummern werden deshalb auch als MABEZ-Nummern bezeichnet. MABEZ steht für Massenverkehr zu bestimmten Zielen. Hier liegt auch gleich der größte Unterschied zu den 0900 Mehrwertdienste-Nummern. Diese werden zwar auch für kostenpflichtige Dienste genutzt, sind jedoch keinem so starkem, kurzfristigem Anruferansturm ausgesetzt. Weiterhin sind die MABEZ-Nummern nicht frei tarifierbar. Der Tarif richtet sich nach der fünften Ziffer der Nummer. Die Kosten betragen von 14 Cent pro Anruf oder Minute bis zu einem Euro pro Anruf. Aufpassen muss man auch noch, wenn man diese Nummern vom Handy aus anrufen sollte. Jeder Mobilfunk-Betreiber schlägt hier noch einmal eigene Gebühren auf die Tarife auf.

Die 0137-Nummern bieten den Zuschauern die Möglichkeit, interaktiv mit abzustimmen, oder um beim Radio einen Anrufer direkt in die Sendung zu schalten. Aber die Nummerngasse wird immer für Call-In-Shows zweckentfremdet genutzt. Hier versucht man möglichst viele Zuschauer zum Anrufen zu motivieren, da jeder Anruf Geld kostet und somit dem Sender Gewinn bringt. Nur wenige bekommen wirklich die Chance auch etwas zu gewinnen – ähnlich wie bei einer Lotterie. Doch unters Glückspielgesetz zählen die Call-In-Shows nicht, wegen des geringen Einsatzes von nur 50 Cent. Als Anfang 2005 die 0190er Nummern abgeschaltet worden sind, um auf das Internationale System der Mehrwertdienste umzustellen (die neue Vorwahl ist 0900), wurde sehr darauf geachtet, dass der Verbraucherschutz nicht zu kurz kommt. So werden vor jedem Gespräch kostenlose Tarifansagen gegeben und viele Anschlussanbieter bieten eine Möglichkeit eine Sicherung einzuschalten, so dass keine 0900er Nummern mehr angerufen werden können. Ausserdem hatte auch der schlechte Ruf der 0190er Nummern dazu beigetragen, dass die Leute vorsichter geworden sind. Doch die 0137 hat diesen Ruf (noch) nicht. Eine Tarifansage wurde zuerst auch abgelehnt, da die Tarifierung eindeutig zugewiesen und an der 5-Stelle erkennbar ist. Inzwischen ist diese zwar auch vorgeschrieben, kann aber vor, während oder nach dem Gespräch erfolgen und gehört somit schon zur bezahlten Zeit dazu. Dadurch ist man zwar für den nächsten Anruf gewarnt, für den aktuellen hat man aber schon bezahlt.

Mit diesen 0137-Nummern wird in den sogenannten Call-In-Shows Geld gemacht. Der Zuschauer wird ständig unter Druck gesetzt, jede Sekunde könnte ein Anrufer durchgestellt werden und den großen Gewinn abräumen. Dieses Spielchen läuft dann solange bis die Sendezeit vorüber ist. Bei den meisten Anrufern wird aber die nur nächste Telefonrechnung um 50 Cent mehr belastet, ohne eine reele Gewinnchance zu bieten. Auch wenn diese Sendungen für die Sender eine Möglichkeit darstellen, ohne Werbung Geld zu machen – So stellt sich wohl niemand werbefreies Fernsehen vor. Angefangen hat alles mit der Sendung Call-TV, worauf der „erste Quizsender Deutschlands“, 9live, folgte. Inzwischen sind Call-In-Shows nachts auf fast jedem Sender zu sehen, an Einbleundungen von Nummern und Gewinnspielen, während eines Spielfilms gewöhnt man sich leider auch immer mehr. Doch wo wird der Wahn der Fernsehsender enden auch abseits von klassischer Werbung Geld machen zu wollen? Wie stark wird man dem Kunden das Geld über die Telefonrechnung direkt aus der Tasche ziehen können?