Videonutzung

Streaming: Noch kein Ersatz für lineares Fernsehen

Netflix und Co. auf der Erfolgsspur: Vor allem in jungen Zielgruppen sind nicht-lineare Inhalte beim Videokonsum inzwischen angesagt. Das ist eines der Ergebnisse einer Umfrage, die auf der IFA-Preview in München vorgestellt wurden. Außerdem gibt es neues zum Antennenfernsehen DVB-T2.
Von der IFA Preview in München berichtet

Klaus Böhm, Director Media Practise von Deloitte, auf der IFA Preview in München Klaus Böhm, Director Media Practise von Deloitte, auf der IFA-Preview in München
Bild: teltarif.de
Der Modebegriff "Internet der Dinge" umfasst vernetzte Objekte aus sehr unterschiedlichen Marktsegmenten. Bereits etablieren konnte sich in den vergangenen Jahren insbesondere das Smart-TV. In rund 44 Prozent der deutschen Haushalte ist der Fernseher inzwischen mit dem Internet verbunden. Ein wesentlicher Treiber dieser Entwicklung ist die Popularität nicht-linearer Bewegtbildangebote. Gerade Video-on-Demand-Abonnements haben sich zur Killer-Applikation für die vernetzte TV-Hardware entwickelt und verändern den künftigen Zugang zu Video-Inhalten erheblich. Die Marktforscher von Deloitte haben 2 000 Mediennutzer in Deutschland nach deren Einstellung zum Fernsehen der Zukunft befragt. Die neuesten Erkenntnisse zu vernetzten Screens, Premium-TV-Angeboten, Short-Form-Video und anderem hat Klaus Böhm, Director Media Practise, auf der IFA Preview in München vorgestellt.

Die Kernaussage lautet: Connectivity ist auf dem Weg zum Standardfeature im Audio- und Videobereich. Bei der Videonutzung sind nicht-lineare Angebote jedoch selbst für junge Zuschauer noch mehr eine Ergänzung als ein Ersatz zum klassischen Fernsehen. Selbst 14- bis 18-jährige schätzen laut den Marktforschern noch das herkömmliche TV-Programm. Allerdings nutzen junge Zuschauer deutlich häufiger nicht-lineare Dienste, etwa Videoportale wie Maxdome oder Netflix. Während etwa je 24 Prozent der Nutzer zwischen 14 und 18 sowie 19 bis 24 Jahre alt sind, sind es bei den 45- bis 54-jährigen gerade einmal 5 Prozent.

HD als Köder: Zuschauer bereit für werbefinanziertes Fernsehen zu zahlen

Klaus Böhm, Director Media Practise von Deloitte, auf der IFA Preview in München Klaus Böhm, Director Media Practise von Deloitte, auf der IFA-Preview in München
Bild: teltarif.de
Immerhin ist ein beachtlicher Teil der Mediennutzer bereit für Premium-Inhalte zu zahlen. Ein Köder ist hochauflösendes Fernsehen (HD): Es gibt mehr Fernsehzuschauer, die für eine bessere Bildqualität bestehender Programme zahlen wollen als für Pay-TV-Angebote mit neuen, zusätzlichen Sendern. Für den Zuschauer scheint es demzufolge auch zur Normalität zu werden, für werbefinanziertes Fernsehen wie RTL oder Sat.1 auf allen Verbreitungswegen zu zahlen, wenn dies in HD-Qualität ausgestrahlt wird. Bei der Frage nach einer Kaufabsicht gaben der Umfrage zufolge mehr Zuschauer an, HD-Bouquets oder Video-on-Demand-Dienste abonnieren zu wollen als ein Pay-TV-Abo wie Sky.

Gratiskultur: Kaum Zahlungsbereitschaft für Short-Form-Videos

Beim Thema Video-on-Demand schätzen Zuschauer vor allem die flexiblen Nutzungsmöglichkeiten und die zeitliche Unabhängigkeit. Ebenso wichtig ist für sie das Angebot von Filmen und Serien auf den Portalen. Eine weniger große Rolle spielt, dass Video-on-Demand-Nutzung auf verschiedenen Endgeräten - auch außerhalb des Fernsehers - möglich ist. Auch Short-Form-Videos sind beliebt, so nennen Fachleute zum Beispiel Musik-Videos und kurze Entertainment-Clips. Die Zahlungsbereitschaft für Short-Form-Inhalte ist - im Vergleich zu Spielfilmen oder Serien - sehr gering. 79 Prozent der Befragten würden auch in Zukunft für kurze Clips nichts zahlen wollen.

DVB-T2: Gratisphase für Gesamtangebot

Stefan Schinzel, Leiter Produktmanagement TV-Plattformen bei Media Broadcast, präsentiert Neuigkeiten zu DVB-T2 Stefan Schinzel, Leiter Produktmanagement TV-Plattformen bei Media Broadcast, präsentiert Neuigkeiten zu DVB-T2
Bild: teltarif.de
Dass lineares Fernsehen nach wie vor gefragt ist, beweist auch der Neuanlauf beim digital-terrestrischen Fernsehen (DVB-T2). Auf der IFA Preview referierte Stefan Schinzel, Leiter Produktmanagement TV-Plattformen beim Netzbetreiber Media Broadcast, zu diesem Thema. Dabei präsentierte er genau den Zeitplan, den er uns bereits exklusiv und vorab auf der Anga Com in Köln verraten hat. So ist 2016 zur Fußball-EM ein komplett kostenloser Soft Lounge mit einem Multiplex in den Ballungsgebieten vorgesehen. Genutzt werden sollen hierbei die Fernsehkanäle, die ursprünglich für das bereits vor dem Start gescheiterte Handyfernsehen DVB-H vorgesehen waren.

Schinzel sprach von im Schnitt 40 bis 45 TV-Sendern pro Region, die der Zuschauer über DVB-T2 empfangen wird. Zwei Drittel der Programme sollen in hochauflösender HD-Qualität verbreitet werden. Für Unmut bei den Fachbesuchern sorgte die Ankündigung, dass die Zuschauer für werbefinanziertes Privatfernsehen von RTL & Co. zahlen müssen, und dass es via DVB-T2 wegen Kapazitätsengpässen - im Vergleich zu den anderen Verbreitungswegen - keine kostenlose Ausstrahlung in Standardqualität (SD) mehr geben soll. Schinzel nannte noch einmal einen monatlichen Betrag von 4 bis 8 Euro, versprach aber, dass die Ausstrahlungen in der Soft-Launch-Zeit von 2016 bis 2017 komplett kostenlos seien.

Auch ab 2017 soll es - ähnlich wie beim Satellitenangebot HD+ - eine Gratis-Phase geben. Erste Receiver mit DVB-T2 und dem in Deutschland eingesetzten Kodierstandard HEVC soll es im Vergleich zu früheren Aussagen jedoch nicht mehr in diesem Jahr im Handel geben, sondern erst ab Anfang 2016. Dagegen seien neue Fernseher-Produktreihen bereits heute DVB-T2 ready, einige Hersteller wie LG hätten die Empfangsmöglichkeit durch Aufspielen einer neuen Firmware ermöglicht. Erst zu einem späteren Zeitpunkt dürften mobile Gadgets wie DVB-T2-Sticks in den Handel kommen.

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