Mangelnder Verbraucherschutz im geplanten Telekomunikationsgesetz
Gut gemeint, ist nicht gut gemacht. Diesen Satz kann man auf die geplanten Änderungen der Verbraucherrichtlinien im kommenden neuen Telekommunikationsgesetz (TKG) anwenden. Darauf macht das Online-Portal teltarif.de aufmerksam.
Eigentlich sollten die Laufzeiten von Handy-Verträgen von maximal 2 Jahren auf ein Jahr gekürzt werden. Das hatten sich die Verbraucherschützer aus gutem Grund schon lange gewünscht. Doch dann gab es Widerstand aus der Branche und es folgte ein komplizierter Kompromiss.
Ursprünglich wurden die längeren Vertragslaufzeiten eingeführt, um den Kunden damit den preiswerten Einstieg in den Mobilfunk durch gleichzeitig subventionierte Handys zu ermöglichen. Henning Gajek, Redakteur bei teltarif.de und im Mobilfunkmarkt "von Anfang an dabei", erinnert daran, dass es aber das "Handy für einen Euro" gar nicht gibt. Es wurde erfunden, um die realen Kaufpreise von etwa 200 bis 1500 Euro und mehr für den Kunden erträglicher zu machen.
Wenn ein Kunde einen Vertrag über 2 Jahre Mindestlaufzeit unterschreibt, bekommt er das Handy für zunächst einen Euro plus eine höhere monatliche Grundgebühr, quasi als Ratenzahlung. Kunden, die das verstehen und bewusst unterschreiben, können sparen. Aber nicht auf jeden Fall.
Heute ist der Mobilfunkmarkt gesättigt, viele Kunden haben bereits mindestens ein Handy. Und die Anbieter subventionieren Handys nur noch selten, sondern bieten diese lediglich zu einem monatlichen Aufpreis zum Handyvertrag an. Dennoch müssen sich Kunden weiterhin 2 Jahre an einen Handyvertrag binden.
Wer einen Vertrag unterschrieben hat, kommt vorzeitig kaum aus diesen Vertrag heraus. Das wäre von der Kulanz des Anbieters abhängig und wird äußerst ungern gewährt. Die reguläre Kündigungsfrist liegt aber spätestens 3 Monate vor Ende der 24 Monate Mindestlaufzeit (die Kündigung muss bis dahin beim Anbieter eingegangen sein). Wer diesen Termin verpasst, hängt weitere 12 Monate fest.
Verbraucherschützer wollen Änderung
Diese Praxis ist Verbraucherschützern schon lange ein Dorn im Auge. Verbraucherministerin Lambrecht wollte die Verträge auf maximal 1 Jahr begrenzen, danach sollten sie mit einer Frist von 1 Monat kündbar sein.
Die Mobilfunkbranche fürchtet um ihr Geschäftsmodell: Wenn ein Händler oder Vermittler für einen Netzbetreiber einen "neuen" Kunden bringt, bekommt er dafür eine Provision. Die kann dazu verwendet werden, das Handy zu "finanzieren" oder die monatlichen Gebühren für 2 Jahre zu senken.
Bei kürzeren Höchstlaufzeiten wäre das so nicht mehr möglich.
12 Monats-Variante verpflichtend?
Aufgrund der Branchenkritik wurde ein Kompromiss vorgeschlagen: 24 Monatsverträge sollen zulässig bleiben, wenn dem Kunden eine 12 Monats-Alternative geboten wird, die nur unwesentlich teurer sein soll. Doch das, so findet es Mobilfunk-Experte Gajek, würde die Lage nur verschlimmbessern.
Gajek schlägt eine Laufzeit-Begrenzung auf maximal einen Monat vor. Wer ein Handy für einen Euro benötigt, könnte beim Händler einen Ratenkredit-Vertrag abschließen, der durchaus 2oder 3 Jahre laufen könnte, bis das Handy abbezahlt ist. Genau genommen funktioniert das schon heute so, nur dass aktuell immer noch ein Handyvertrag zeitgleich abgeschlossen werden muss.
Der Handel müsste auf ein Provisionsmodell umgestellt werden, indem Provisionen rückwirkend bezahlt werden, wenn ein Kunde mindestens 12 oder 24 Monate Kunde bleibt. Das wäre ein Anreiz für die Branche, mehr auf die Wünsche der Kunden einzugehen. Kompromissformel: Notausstieg Da "ideale Lösungen" für eine Seite immer einen Haken haben können, schlägt Gajek einen sinnvollen Kompromiss vor: Wer einen länger laufenden Handyvertrag unterschreibt, darf im ersten Monat ohne Angaben von Gründen sofort wieder aussteigen. Das könnte beispielsweise bei einem Irrtum oder bei schlechter Netzversorgung des Anbieters sinnvoll sein.
Die Sache ist die, so Gajek abschließend: Zufriedene Kunden kündigen nicht. Viele Neukunden sind gar keine Neukunden, sondern springen alle 2 Jahre von Angebot zu Angebot.
Der Link zum Artikel: https://www.teltarif.de/s/s83704.html
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