Umfrage

USA-Spähaktionen zerrütten Verhältnis zu Deutschland

Steinmeier fordert Zusicherung für Ausspähstopp der USA
Von Marleen Frontzeck-Hornke mit Material von dpa

Laut einer Umfrage hat das Verhältnis zur USA gelitten Laut einer Umfrage hat das Verhältnis zur USA gelitten
Bild: dpa
Das deutsch-amerikanische Verhältnis hat nach Ansicht von fast zwei Dritteln der Deutschen (63 Prozent) durch die Spionageaktivitäten der USA gelitten. Das ergab eine Emnid-Umfrage für das Nachrichtenmagazin "Focus". Demnach befragte das Meinungsforschungsinstitut TNS Emnid im Zeitraum vom 3. bis 4. Juli 1 011 repräsentativ ausgewählte Personen. Knapp ein Drittel der Befragten geht nicht davon aus, dass die Späh- und Abhöraktionen des US-Geheimdienstes das Verhältnis zwischen Deutschland und den USA belasten.

Persönlich fühlt sich die Mehrheit der Deutschen nicht betroffen. 56 Prozent der Befragten befürchteten nicht, dass ihre E-Mails oder Telefonate durch die Geheimdienste der USA und Großbritanniens abgehört werden oder worden sind. 40 Prozent waren gegenteiliger Meinung.

Steinmeier will Zusicherung für Ausspähstopp der USA

Laut einer Umfrage hat das Verhältnis zur USA gelitten Laut einer Umfrage hat das Verhältnis zur USA gelitten
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Auch in der Politik ist die Spähaktion der USA weiterhin ein großes Thema. So sehe der SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier keine Basis für Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit den USA, wenn es weiterhin Ausspähaktivitäten der Amerikaner gibt. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Verhandlungen über das geplante Freihandelsabkommen in einem Klima gegenseitigen Misstrauens stattfinden können", sagte Steinmeier der Deutschen Presse-Agentur. "Ich erwarte deshalb von den Vereinigten Staaten vor Aufnahme der Verhandlungen klare und belastbare Zusicherungen, dass es zu keinen neuen Ausspähaktionen kommt." Die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen sollen am Montag in Washington beginnen.

Es sei absolut nicht hinnehmbar, falls Botschaften von Partnern und engsten Freunden sowie Einrichtungen der EU abgehört worden seien. "Wenn die Angaben stimmen, hat eine geradezu flächendeckende Abhöraktion von privater Internetkommunikation stattgefunden." Steinmeier forderte neben Aufklärung über das tatsächliche Ausmaß auch eine Debatte über besseren Datenschutz.

Frage des Schutzes persönlicher Daten muss noch einmal neu diskutiert werden

"Nach den Enthüllungen der letzten Tage müssen wir die Frage des Schutzes persönlicher Daten noch einmal neu diskutieren." Die europäische Datenschutzrichtlinie müsse neu verhandelt werden. "Ich fordere die Bundesregierung auf, einen eigenen Vorschlag zu entwickeln und die Debatte auf europäischer Ebene anzustoßen."

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sagte im WDR 5 Morgenecho, nach wie vor sei die Frage offen, ob die Bundesregierung Kenntnis über die Ausspähaktionen gehabt habe. "Es reicht nicht, einfach nur ein Telefonat zu führen mit Präsident Barack Obama oder eine Delegation zu schicken, um herauszufinden, was die Amerikaner gemacht haben, sondern die Amerikaner müssen veranlasst werden, dies zu unterbinden." Sollten sich die massiven Vorwürfe gegen die US-Geheimdienst-Praxis bestätigen, sei dies ein Verstoß gegen das deutsche Grundgesetz. "Darüber kann man nicht hinwegtäuschen und das darf man nicht verstecken."

Aktueller Stand zu Snowden

Derweil sitzt "Whistleblower" Edward Snowden seit zwei Wochen am Flughafen Scheremetjewo in Moskau fest. Dieser würde zwar gerne weiterreisen auf seiner Flucht vor der USA-Justiz, weiß aber nicht wohin. Aktuell bieten diesem Venezuela und Nicaragua Asyl in ihrem Land an. Venezuelas sozialistischer Staatschef Nicolás Maduro sagte, dass man Snownden vor der Verfolgung "durch eine der mächtigsten Regierungen der Welt" Schutz bieten müsse.

Kurz zuvor hatte auch Nicaraguas Präsident Daniel Ortega Snowden Asyl angeboten. Ortega sagte vor Anhängern in der Hauptstadt Managua, Nicaragua sei ein offenes Land und respektiere das Recht auf Asyl. "Wenn es die Umstände zulassen, nehmen wir Snowden gerne auf und gewähren ihm Asyl hier in Nicaragua." Der Geheimdienstspezialist habe vor einigen Tagen bei der nicaraguanischen Botschaft in Russland um Aufnahme gebeten.

Der PRISM-Skandal hinterlässt in Zeiten des Wahlkampfes auch bei der Union seine Spuren. So vermeidet diese nach dem Skandal nun die Begriffe Vorratsdatenspeicherung, hatte zuvor aber vehement dafür gekämpft. Einen ausführlichen Hintergrund-Bericht dazu erhalten Sie auf dieser Seite.

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