Handelsblatt: Kein Schadenersatz bei Huawei-Verbot?
Schon länger fordert die Politik von den Netzbetreibern, jegliche Technik von Huawei und ZTE komplett aus den Mobilfunk- und Festnetzen herauszuwerfen und am besten gleich komplett zu verschrotten. Die Netzbetreiber haben signalisiert, dass sie dafür Schadensersatz wollen. Bund und EU-Kommission lehnen Schadenersatz für Mobilfunkkonzerne im Falle eines Huawei-Verbots ab und ziehen sich auf juristische Standpunkte zurück.
Kein Schadenersatz
Sobald auf einem Produkt Huawei draufsteht... gerät die Politik in Panik.
Foto: Picture Alliance/dpa
Sollte die Bundesregierung den Einsatz chinesischer IT-Technik von Huawei oder ZTE im deutschen 5G-Mobilfunknetz einschränken, können die betroffenen Telekommunikationsanbieter nicht mit Schadenersatz rechnen. Nach Informationen der Wirschaftszeitung "Handelsblatt" begründete ein Ministeriumsvertreter dies kürzlich bei einer Sitzung des Digitalausschusses im Bundestag mit der geltenden Rechtslage. Diese sieht für den Fall der Untersagung von kritischen Komponenten keine Entschädigung für die Netzbetreiber vor.
EU ist auch dagegen - wegen Wettbewerbsrecht
Auch die EU-Kommission lehnt Schadensersatzzahlungen ab, wie das Handelsblatt aus der Behörde erfuhr – auch aus wettbewerbsrechtlichen Gründen. Die Kommission verweist darauf, dass Netzanbieter, die ein vorausschauendes Risikomanagement betrieben haben, benachteiligt würden, wenn ihre Wettbewerber für Geschäftsbeziehungen zu „Hochrisiko-Anbietern“ kompensiert würden.
BSI prüft bis Ende August
Seit dem Frühjahr prüft die oberste Cybersicherheitsbehörde BSI alle kritischen – also sicherheitsrelevanten – Teile der Anbieter Huawei und ZTE, die schon im Netz verbaut sind. Ende August soll die Prüfung abgeschlossen sein. Als wahrscheinlich gilt, dass den Netzanbietern eine Frist von mehreren Jahren gewährt wird, um bestimmte Komponenten auszutauschen. Konkret betroffen wären die Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica. Nach Handelsblatt-Informationen bereitet mindestens einer der Netzbetreiber schon eine Schadenersatzklage gegen den Bund vor.
Datenschützer widerspricht nicht
Der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Ulrich Kelber, befürwortet eine härtere Gangart gegen 5G-Zulieferer aus China. Der Einschätzung von Verfassungsschützern, Huawei-Komponenten besser heute als morgen aus dem deutschen Mobilfunknetz auszubauen, „widerspreche ich überhaupt nicht“, sagte Kelber dem Handelsblatt. „Aus Datenschutzsicht kann es durchaus geboten sein, nicht-europäische Produkte mindestens aus Kernelementen des deutschen Mobilfunknetzes zu entfernen.“
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Die Netzbetreiber sollen möglichst schnell und möglichst flächendeckend ausbauen, ihre Preise möglichst tief senken und für Frequenzen möglichst viel bezahlen. Nun sollen sie noch aus rein politischen Motiven hervorragend funktionierende und preiswerte Technik verschrotten. Das wird so nicht funktionieren, der jeweilige Staat (und die EU) dürfen sich auf langwierige Schadensersatzprozesse freuen.
Und wenn es wirklich kein Geld geben sollte, wird der weitere Netzausbau sicher verlangsamt werden oder sogar zum Stehen kommen, einschließlich neuer Funklöcher wegen fehlender Neuteile von neuen Lieferanten. In China wird man sich ins Fäustchen lachen.
Klar: China hat eine rein theoretische Möglichkeit, den Netzbetrieb zu "stören", ist sich aber hoffentlich im Klaren, dass diese Option nur ein einziges Mal besteht, falls überhaupt. Klar ist auch: Mit US-Technik wurde schon eine Bundeskanzlerin abgehört, mit chinesischer Technik, nach allem was bislang bekannt ist, nicht.
Es wäre Aufgabe der Politik, die führenden Köpfe in Berlin, Brüssel, Washington, Bejing (und Moskau) oder sonstwo zur Vernunft zu bringen. Boykotts und Gegenboykotts oder gar bewaffnete Konflikte oder schon deren Androhung katapultieren uns nur in die Steinzeit.
Der Streit um aktive und passive Elemente in den Netzen schwelt schon länger.