VATM/Telekom: Einigung bei Auskunfts- & Mehrwertdiensten
Deutsche Telekom und VATM haben sich über künftige Regelungen bei Sonder-Rufnummern geeinigt, ohne amtlichen Eingriff.
Logos: vatm/Telekom, Foto/Montage: teltarif.de
Die Zeiten haben sich geändert. Seit 1998 galt die Deutsche Telekom als "marktmächtig" im Bereich der Vorleistungen für Auskunfts- und Mehrwertdienste (teure Sonderrufnummern) in der Sprachtelefonie.
Vorleistungen bleiben notwendig
Deutsche Telekom und VATM haben sich über künftige Regelungen bei Sonder-Rufnummern geeinigt, ohne amtlichen Eingriff.
Logos: vatm/Telekom, Foto/Montage: teltarif.de
Mit solchen "Vorleistungen" werden Auskunftsdienste (Vorwahl 118xx) und Sonderrufnummern wie 0137 (Gewinnspiele, Abstimmungen) oder 0800 (kostenlose Anrufe), aber auch 0700 (persönliche Rufnummern) oder 0900 (Premium-Dienste) im jeweiligen Netz des Anbieters für Kunden aus anderen Netzen erreichbar, um die bekanntesten Rufnummernblöcke zu nennen.
Telekom nicht mehr marktmächtig
Die Bundesnetzagentur hat nun bei ihrer turnusmäßigen Überprüfung des Marktes festgestellt, dass die Telekom auf diesem Markt nicht mehr als "marktmächtig" einzustufen ist. Das komplette Verfahren soll nach Freigabe durch die EU-Kommission Ende Februar 2021 abgeschlossen werden.
Verbindungsaufbau im öffentlichen Telefonfestnetz
Der Markt „Verbindungsaufbau im öffentlichen Telefonfestnetz“ wurde bisher reguliert. Nach wie vor fragen TK-Anbieter nach Zusammenschaltung und Abrechnung über die Telefonrechnung der Telekom. Wenn ein Kunde der Telekom eine 0900-Premium-Rufnummer anruft, muss das Gespräch von der Telekom zum jeweiligen Diensteanbieter durchgeschaltet werden. Der Mehrwert-Anbieter berechnet dann, pro Anruf oder pro Zeitdauer der Verbindung (oder einem komplexen Mix aus beiden Modellen) einen bestimmten Betrag, und der soll dann über die Telekom-Rechnung beim ursprünglich anrufenden Kunden abgerechnet werden.
Verhandlungen seit 2020
Bereits Ende 2020 hatten sich der VATM (Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten) und die Deutsche Telekom darauf geeinigt, wie in Zukunft nach der nun folgenden Deregulierung ab Februar 2021 die sogenannte "Zuführungsleistung" zu Auskunfts- und Mehrwertdiensten bis ins Jahr 2024 durch die Telekom fortgeführt werden könnte.
Direkte Einigung unter Partnern
Man hat sich, ohne Mithilfe der Bundesnetzagentur, geeinigt und das vertraglich geregelt. Dazu haben VATM und Telekom zwei wichtige Vereinbarungen für bislang regulierte und nicht regulierte Leistungen abgeschlossen. Sie tragen den blumigen Titel: "Vereinbarung über die befristete Fortführung des Verbindungsaufbaus zu Auskunfts- und Mehrwertdiensten im Rahmen bestehender NGN-Zusammenschaltungen“ sowie „Vereinbarung über die befristete Fortführung von nicht regulierten Transitleistungen beim Verbindungsaufbau zu Auskunfts- und Mehrwertdiensten im Rahmen bestehender NGN-Zusammenschaltungen“.
Für die Beteiligten führt die Telekom die Zuführung und F&I- (Forderungs- und Inkasso)-Leistungen auch nach der vorgesehenen Deregulierung freiwillig bis Ende 2024 fort. Außerdem haben sich Telekom und die der Vereinbarung beitretenden Einzel-Unternehmen darauf geeinigt die aktuellen Zusammenschaltungsentgelte stabil zu halten, die Preise werden nicht steigen (und auch nicht sinken).
Einvernehmliche Lösung
„Wie schon bei Call-by-Call und Preselection haben wir hier auch ohne die Regulierung des Marktes eine einvernehmliche Lösung im Markt gefunden. Diese Vereinbarung ermöglicht so einen 'sanften' Übergang in die Deregulierung dieses Marktes“, freut sich Pascal Koppetsch, Verhandlungsführer der Deutschen Telekom.
Sein Gesprächspartner, VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner, pflichtet ihm bei: „Je mehr Kooperation mit der Telekom möglich wird, desto mehr kann man auf Regulierungseingriffe verzichten.“ Grützner betont aber: „Die Überwachung der Einhaltung solcher Verträge durch den Regulierer bleibt aber unverzichtbar und schafft Sicherheit für den ganzen Markt. Auf dieser Basis wird es deutlich leichter werden, in Zukunft noch zu weiteren Verträgen zu kommen, die für alle Beteiligten eine kommerzielle Win-Win-Situation schaffen.“
Sofern es Unternehmen gibt, die an dieser Vereinbarung teilnehmen möchten, können sich diese bis zum 25. Februar 2021 an den VATM wenden. Die Vereinbarung steht allen in diesem Markt tätigen Unternehmen offen. Sie müssen lediglich "individuell" den VATM bevollmächtigen.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Es ist erfreulich, dass sich die bisher erbitterten Kontrahenten im TK-Markt auf vernünftige Regelungen geeinigt haben. Und das, ohne nervenaufreibende Schiedsverfahren über die Bundesnetzagentur anzustrengen.
Ob die Vermarktung von Dienstleistungen über Sondernummern noch zeitgemäß ist, entscheidet am Ende der Kunde. Es muss nur sichergestellt sein und bleiben, dass nur Kunden, die diese Dienstleistungen wirklich haben wollten, zur Kasse gebeten werden und alle Versuche mit Klingeltönen, Internet-Spielchen und anderen Gimmicks, den schnellen Euro zu machen, von vorneherein unterbunden oder im Streitfall zu Gunsten des Kunden abgeklärt werden.
Bei Sonderrufnummern sollte die Bundesnetzagentur ein Auge darauf haben, dass diese Nummern auch wirklich aus allen Netzen erreichbar sind und bleiben. Bei der persönlichen Rufnummer 0700 beispielsweise ist das aktuell nicht (mehr) der Fall, seitdem sich die Telekom als Anbieter aus diesem Markt zurückgezogen hat.
Tarifvergleich für Auskunftsdienste