1&1: "Werden Deutschland bei 5G nach vorne bringen"
Im Rahmen eines Analysten-Calls (eine Telefonkonferenz) stellte United-Internet-Chef Ralph Dommermuth gestern seine Geschäftszahlen den Analysten bei Banken und Finanzinvestoren vor. Dabei ging es im wesentlichen um Finanz-Zahlen, die für Außenstehende "knochentrocken" sind. In seinem 284 Seiten starken Bericht, der im Internet nachzulesen ist, verrät 1&1 aber neue Details zu seinem Mobilfunknetz.
Neuartige OpenRAN-Technologie
Ralph Dommermuth äußerte sich vor Analysten zum neuen 5G-Netz.
Bild: dpa
Neben dem operativen Geschäft habe das Geschäftsjahr 2022 "insbesondere im Zeichen des Baus unseres Mobilfunknetzes auf Basis der neuartigen OpenRAN-Technologie" gestanden. 1&1 betont weiter, "bereits wichtige Wegmarken erreicht" zu haben. Ein "Friendly User Test im Sommer" habe "wie erwartet hohe Performancewerte" gezeigt, und deswegen sei
das "europaweit erste OpenRAN" im Dezember 2022 planmäßig mit dem Service „1&1 5G zu Hause“ – einem über Mobilfunk realisierten Festnetzprodukt – in Betrieb genommen worden. Wer am "Friendly User Test" teilnehmen durfte und wo vor Ort genau getestet wurde, gab das Unternehmen nicht bekannt.
Innovatives Netz
Für 1&1 ist das neue Netz "eine technologische Hochleistung", die zeige, wie innovativ Mobilfunknetze heutzutage gebaut werden können. Und es sei ein wichtiger erster Schritt im Aufbau des vierten deutschen Mobilfunknetzes. Im Sommer 2023 solle dann "planmäßig die Zuschaltung der mobilen Dienste" erfolgen, kündigte das Unternehmen an. Zu diesem Zeitpunkt werde Telefónica das von ihnen parallel zu entwickelnde National-Roaming der 1&1 zur Verfügung stellen. Damit könne den Kunden bereits während der Phase des Netzaufbaus deutschlandweit flächendeckenden Empfang geboten werden.
Wie bereits berichtet, kann 1&1 auch während Aufenthalten im Ausland "verlässlich mit Mobilfunkleistungen" versorgen, dazu wurde im November 2022 eine langfristige Partnerschaft mit dem in Frankreich beheimateten Unternehmen Orange (früher France Telecom) ein Abkommen über die "Bereitstellung weltweiter internationaler Roaming-Dienste" geschlossen.
500 regionale Rechenzentren geplant
Für das 1&1 OpenRAN in Deutschland sollen deutschlandweit über 500 regionale Edge-Rechenzentren in unmittelbarer Nähe der Antennenstandorte – angebunden via Glasfaser und ausgestattet mit Gigabit-Antennen - entstehen. Das sei Zukunft, denn erst eine vollständig Cloud-basierte Netzarchitektur ermögliche kurze Übertragungswege, die für Echtzeitanwendungen unabdingbar sind.
Keine Hardware aus China?
1&1 betont, "als einziger deutscher Netzbetreiber unabhängig von dominierenden Netzausrüstern wie Huawei" zu sein. Das stimmt, soweit es um das eigene Netz von 1&1 geht. Im nationalen Roaming-Fall über das Netz von Telefónica(o2) werden die Signale auch der 1&1-Kunden z.B. über Antennensysteme von Huawei ausgestrahlt und empfangen.
Open RAN "funktionsfähig"
1&1 betont, der "erfolgreiche Produktstart" habe gezeigt, dass "das 1&1 OpenRAN voll funktionsfähig" sei. Beim Ausbau der dezentralen Rechenzentren und bei Glasfaseranbindungen sei "in den letzten Monaten gute Fortschritte erzielt" worden. Nun gelte es die Anzahl der Antennenstandorte sukzessive hochzufahren.
Probleme eingeräumt
Aber man räumt auch Probleme ein: "Nachdem uns unser umfangmäßig wichtigster Ausbaupartner für die Antennenstandorte im September 2022 überraschend abschließend in Kenntnis setzte, seine vertraglichen Verpflichtungen nicht fristgerecht erfüllen zu können, haben wir den Roll-out-Prozess neu aufgesetzt und die Verträge nachgeschärft. Mit Eubanet haben wir neben ATC, Vantage Towers und GfTD im Dezember 2022 zudem einen weiteren namhaften Partner für die Akquisition von bis zu 7.500 Antennenstandorten beauftragt."
94 Stationen startklar?
Auf Nachfrage im Analysten-Call gab Dommermuth bekannt, bereits 94 Stationen betriebsbereit zu haben. Außerdem hätten die Vertragspartner (z.B. Vantage) ihm versprochen, sich an die Verträge zu halten. Dommermuth wörtlich: "Wir prüfen genau, ob das realistisch ist, um keine weiteren Überraschungen zu erleben."
Er räumt aber auch ein: "Wir können Ihnen keinen Plan für die nächsten Jahre vorstellen. Wie viele Antennenstandorte werden bereitgestellt?" Für 2023 nannte er "1200 Standorte diesem Jahr" und "3000 im nächsten Jahr", womit Ende 2024 dann 4200 Standorte in Betrieb wären.
Capital Markets Day - wenn es läuft
Dommermuth hatte sich überlegt, einen sogenannten "Capital Markets Day" zu veranstalten. "Wenn wir die nächsten zwei Quartale hinter uns haben, wenn die Liefertreue dann gemäß Vertrag ist, hätte ich Zutrauen, Ihnen den Plan zu erzählen. Wir müssen das erst sicherstellen und Vertrauen gewinnen."
Im Jahresbericht ist sein Unternehmen "weiter zuversichtlich, eine Abdeckung von 50 Prozent der deutschen Haushalte noch vor Ende 2030 zu erreichen – mit dem klaren Ziel, "Deutschland bei 5G nach vorne zu bringen."
Am Mittwoch Abend waren die ersten Geschäftszahlen veröffentlicht worden.