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Experte: Internet aus Steckdose für Deutschland zu spät

Ausmaß der Störstrahlung und der gegenseitigen Behinderung bei vielen Nutzern unbekannt
Von dpa /

Das Internet aus der Steckdose kommt nach Ansicht eines Branchenexperten zu spät für den deutschen Markt.

In den Industrieländern gebe es mit Breitbandkabel, DSL und Funkdiensten mittlerweile genügend Alternativen, die auf lange Sicht leistungsfähiger und wirtschaftlicher seien, sagte der Geschäftsführer der Berliner CONAXION GmbH, Frank Brandt,

"Ich glaube, Powerline als Zugangstechnologie wird sich in Deutschland kaum durchsetzen." Das 1999 gegründete Berliner Unternehmen berät vor allem ausländische Firmen bei der Einführung der Powerline-Technologie und hat eigene Prototypen hergestellt.

Noch sei bei der Powerline-Technologie nicht geklärt, wie hoch die Störstrahlung der Stromkabel bei einer Massennutzung als Telefon- und Internetleitung sein wird. Auch könnte es sein, dass sie dann nicht mehr annähernd stabil die erhofften Geschwindigkeiten bietet. "Die Powerline-Technologie ist sehr komplex." Theoretisch hält Brandt eine Geschwindigkeit von zwei Megabit für möglich, das sind fast drei Mal so viel wie bei den Privatkunden-DSL-Angeboten. Benutzen aber mehrere Anwender die Stromleitung, sinkt die Geschwindigkeit. Dann könnte sich am Ende herausstellen, dass die Technologie zu langsam und dafür dann zu teuer sei, sagt Brandt. "Die Anbieter müssen die Wirtschaftlichkeit erst einmal beweisen."

Der Energiekonzern RWE will im Juli mit einem Internetangebot über das Stromnetz auf den Markt gehen und in weniger als zwei Jahren mehr als 100 000 Kunden gewinnen. Auch E.ON, EnBW Energie Baden- Württemberg und die MVV Energie AG aus Mannheim haben Angebote angekündigt. Über die Steckdose können die Powerline-Anbieter das Monopol der Telekom auf die Telefonbuchse umgehen. Nach einer vor gut einer Woche vom Bundesrat beschlossenen Frequenzverordnung müssen sie dabei aber streng festgelegte Grenzwerte für Störstrahlungen einhalten. Bei einer Massennutzung befürchteten Kritiker, dass Funkstörungen etwa beim Polizeifunk auftreten könnten. Eine Prozesswelle könnte folgen, sagte Brandt.

Dennoch ist Powerline nach Ansicht des Beraters alles andere als totgesagt. Die Vernetzung innerhalb von Wohn- oder Gewerbehäusern sei auch in Deutschland und anderen Industrieländern ein durchaus lukrativer Anwendungsbereich. Zwei PCs in einer Wohnung etwa könnten so vernetzt werden. "Da wären dann auch geringere Übertragungsraten in Ordnung." In einem voll vernetzten Haus mit Internetgesteuerten Haushaltsgeräten könne die Technologie breit angewendet werden. In weniger entwickelten Ländern sieht der Experte zudem gute Chancen für Powerline als Zugangstechnologie für Telefon und Internet.