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UMTS-Entscheidung: Weitere Reaktionen

Bundesfinanzministerium ist zufrieden, Klage-Länder regen Verfassungsänderung an
Von dpa / Marie-Anne Winter

Wie bereits berichtet, darf der Bund seine Milliarden- Einnahmen aus der Versteigerung der UMTS-Mobilfunk-Lizenzen behalten. Wie zu erwarten war, ruft dieses Urteil nun zahlreiche Reaktionen hervor.

Das Bundesfinanzministerium begrüßte das Urteil. Die unterlegenen drei Länder wollen eine Reform der Finanzverteilung nun politisch vorantreiben. Bayern und Baden-Württemberg erwägen einen Vorstoß zur Änderung des Grundgesetzes. Die Karlsruher Entscheidung lasse die Finanzprobleme der Länder ungelöst, betonte Unions-Finanzexperte Dietrich Austermann.

Die Klage-Länder wollten in Karlsruhe durchsetzen, dass die 16 Bundesländer zur Hälfte an den im Jahr 2000 erzielten UMTS-Erlösen in Höhe von rund 50,8 Milliarden Euro beteiligt werden. Da die Unternehmen ihre Kosten für die UMTS-Lizenzen steuerlich geltend machen könnten, entstünden Steuerausfälle von insgesamt etwa 20 Milliarden Euro - wovon 14 Milliarden zu Lasten von Ländern und Kommunen gingen. Die rot-grüne Bundesregierung hat das Geld zur Schuldentilgung eingesetzt.

Das Bundesfinanzministerium fühle sich in seiner Rechtsauffassung "vollständig bestätigt", sagte eine Sprecherin in Berlin. Sie verwies darauf, dass auch die Länder vom Erfolg der Versteigerung der neuen Handy-Lizenzen profitierten. Die aus den Zinsersparnissen nach der Schuldentilgung finanzierten Investitionen in Höhe von jährlich rund 2,5 Milliarden Euro kämen auch ihnen zugute.

Das Karlsruher Gericht sieht den einzigen Weg, wie die Länder zumindest künftig an solchen Erlösen teilhaben könnten, in einer Änderung der in Artikel 106 Grundgesetz festgeschriebenen Finanzverteilung. "Sollte sich (...) in Zukunft erweisen, dass neuartige Einnahmequellen mit bedeutsamen Erträgen das von Artikel 106 GG zu Grunde gelegte Verteilungssystem sprengen, könnte der verfassungsändernde Gesetzgeber gefordert sein", heißt es in dem Urteil.

Ohne eine solche Reform könnten Bund und Länder nicht einmal einvernehmlich den Verteilungsschlüssel für die UMTS-Einnahmen ändern, so das Gericht. "Kompetenzverschiebungen zwischen Bund und Ländern wären auch nicht mit Zustimmung der Beteiligten zulässig." Der strikten Beachtung der Finanzverfassung komme überragende Bedeutung für die Stabilität der bundesstaatlichen Verfassung zu.

Baden-Württembergs Finanzminister Gerhard Stratthaus (CDU) regte ebenso wie Bayern eine Verfassungsänderung an. Die bayerische Staatsregierung werde das Thema Sondereinnahmen auch in die Gespräche mit dem Bund über die Gemeindefinanzreform einbringen, sagte in München Staatskanzlei-Chef Erwin Huber (CSU). "Der Bund hat 50 Milliarden Euro Sondereinnahmen, die Länder dagegen 14 Milliarden Euro Steuerausfälle. Eine solche ungleiche Verteilung ist auf Dauer in einem föderativen System nicht akzeptabel", betonte Huber. Auch die hessische Landesregierung sieht in dem Urteil einen Anstoß für eine Reform. "Das Bundesverfassungsgericht hat den Ball an die Politik zurückgespielt", sagte Finanzstaatssekretär Wolfgang Rückert.

SPD und Grüne in Bayern werteten das Urteil als vorhersehbare Niederlage für die Staatsregierung. "Wir haben die Klage von vornherein als unsinnig und nicht Erfolg versprechend kritisiert", sagte SPD-Landesvorsitzender Wolfgang Hoderlein. Grünen- Fraktionschefin Christine Stahl betonte, ein Milliardenregen auch für die Länder wäre natürlich eine schöne Sache gewesen. Die Staatsregierung müsse sich jedoch die Frage gefallen lassen, ob sie Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht nicht allzu oft und allzu leichtfertig einreiche.