bit-optimierung

Telefonie in Zukunft: Bessere Qualität als ISDN

Datenmenge wird gleichzeitig reduziert - Einsatz auch im Mobilfunk
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Anfang dieses Jahres hat die ITU [Link entfernt] eine neue Empfehlung für die Übertragung von Sprachsignalen verabschiedet: G.722.2. Diese wird es ermöglichen, die Sprachqualität sowohl im ISDN- als auch im Mobilfunknetz deutlich zu verbessern.

Während ISDN zur Zeit 8000 8bit-Messwerte pro Sekunde überträgt, werden für das neue Verfahren 16000 16bit-Messwerte verwendet. Das ist zwar noch nicht ganz so gut wie bei der CD, die 44100 16bit-Werte pro Sekunde für jeden der beiden Stereo-Kanäle bietet, aber dennoch ein Riesen-Fortschritt im Vergleich zum bisherigen Standard. So wird der Frequenzbereich nach oben um etwas mehr als eine Oktave (von 3400 auf 7000 Hz) und nach unten um zwei Oktaven (von 200 auf 50 Hz) erweitert. Die Erweiterung nach unten macht die Sprache am Telefon natürlicher und den Gesprächspartner präsenter. Die Erweiterung nach oben trägt hingegen zum Sprachverstehen bei.

Die höhere Bitrate und der erweiterte Frequenzumfang bewirken auch, dass das Hintergrundgeschehen (Musik, Nebengeräusche) genauer übertragen wird als bisher. Das kann aber auch erwünscht sein, beispielsweise, wenn wieder mal alle Enkel gleichzeitig sprechen, weil die Oma anruft.

Um die größeren Datenmengen übertragen zu können, müssten vier herkömmliche ISDN-Kanäle parallel geschaltet werden. Um kompatibel zu den bisherigen 64-kBit-Kanälen zu sein, wird die Sprache daher komprimiert. Der dazu verwendete Standard heißt AMR-WB (adaptive multi-rate wideband) Codec (Codierer - Decodierer). "adaptive multi-rate" bedeutet dabei, dass die Zahl der übertragenen Bits in einem weiten Bereich variiert werden kann. Bei stärkster Kompression sind es beispielsweise nur 6,6 kBit/s, die von den ursprünglichen 256 kBit/s übrig bleiben. Das ist nur wenig mehr, als bei dem im Mobilfunk-Bereich gelegentlich eingesetzten half-rate-Codec mit 5,6 kBit/s (die auf manchen Websites genannte Zahl von 6,5 kBit/s für half-rate ist falsch, da bei half-rate der Anteil der Fehlerkorrektur-Bits höher ist als bei full-rate). Diese kleinste Variante von AMR-WB klingt allerdings auch nicht viel besser als eine gewöhnliche Telefonverbindung. Dazu muss die Datenkompression einfach zu viel wegschneiden.

Bei der besten Qualitätsstufe (geringste Kompression) werden von AMR-WB hingegen 23,85 kBit/s übertragen, was fast viermal so viele Daten sind wie bei maximaler Kompression. Hier gibt es im Vergleich zum Originalsignal mit 256 kBit/s nur marginale Kompressionsverluste, so dass die oben erwähnten Verbesserungen bei der Bandbreite voll zur Geltung kommen.

Warum so viele verschiedene Bitraten? Nun, im Mobilfunk hängt die Kanalqualität stark vom Aufenthaltsort des Nutzers ab. Wenn die Verbindung stark gestört ist, kann per AMR-WB die Bitrate reduziert werden. Die dadurch freiwerdenden Bits werden genutzt, um Fehlerkorrektur-Information zu ergänzen. Diese ermöglicht dem Empfänger, das Original-Signal zu rekonstruieren. Dazu ein Beispiel: Statt nur "0" oder "1" überträgt man entweder "0 0 0" oder "1 1 1". Selbst dann, wenn in der Übertragung ein Fehler auftritt und aus einer 0 eine 1 wird, kann man in dem Fall der Dreifachübertragung noch ermitteln, was ursprünglich gemeint war. Denn "0 0 1" ergibt sich beispielsweise aus "0 0 0" mit einem Übertragungsfehler. Ähnliches gilt für "1 0 1", was von "1 1 1" mit einem veränderten Bit herrührt.

Zwar sinkt durch die Umschaltung auf geringere Bitraten und höhere Fehlerkorrektur-Raten die Qualität, aber das ist immer noch besser, als wegen Aussetzern und verfälschten Signalen sein Gegenüber gar nicht mehr zu verstehen.

Im Festnetz dürfte hingegen vor allem die höchste Bitrate von 23,85 kBit/s Verwendung finden. Aber auch hier sind die kleineren Bitraten nicht vollkommen überflüssig. So kann bei beschränkter Kapazität (z.B. Satelliten-Transponder) oder beschränktem Speicherplatz (Mailbox-Systeme) die Bitrate auch entsprechend reduziert werden.

Um die bessere Sprachqualität nutzen zu können, braucht man neue Endgeräte. Bei analogen Telefonen dürfte man bereits eine gewisse Verbesserung spüren, wenn die Telefonanlage bzw. die Vermittlungsstelle AMR-WB unterstützt, und die Verbindung zwischen Telefon und Telefonanlage/Vermittlungsstelle nicht allzu lang ist.