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Editorial: Globales Netz fast zu verschenken

Die Krise von Worldcom
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Der Preis ist heiß: Die Aktien des in die Krise geratenen Weltkonzerns Worldcom kosten nicht mal mehr 2 US-$ pro Stück. Der Tiefpunkt lag vor einigen Tagen sogar unter 1,5 US-$. Bei knapp 3 Milliarden Aktien im Markt heißt das, dass man Worldcom für "nur" 6 Milliarden US-$ kaufen könnte. Zum Vergleich: Vor knapp zwei Jahren bezahlte die Deutsche Telekom über 50 Milliarden US-$ für die Übernahme des wesentlich kleineren US-amerikanischen Mobilfunk-Anbieters Voicestream.

Dafür bekommt man mit Worldcom ein weltweites Glasfasernetz, das mit 112 000 Kilometern fast dreimal um den Globus reicht. Der Name ist bei Worldcom nämlich Programm, und der Konzern ist - mit Ausnahme von Afrika und der Antarktis - auf allen Kontinenten intensiv vertreten. Doch genau hier liegt eines der Probleme: Nicht in allen Ländern ist Worldcom rentabel. Es gibt Gerüchte über "kreative Buchführung", sprich: manipulierte Zahlen.

Das Hauptproblem liegt aber woanders: Wer WorldCom übernimmt, kauft nicht nur ein riesiges Netzwerk, sondern auch einen Schuldenberg von 33 Milliarden US-$. So lange Worldcom nicht Insolvenz anmeldet, ist ein potenzieller Käufer gezwungen, diese Schulden mit zu übernehmen. Statt 5 bis 6 Milliarden US-$ kostet die Firma somit real ca. 40 Milliarden US-$. Ein wahrhaft vergiftetes Schnäppchen.

Und so droht doch der Konkurs, denn viele Banken wollen den Geldhahn zudrehen. Jedoch gelang es dem Konzern kürzlich, neue Kredite zu erhalten, so dass der Aktienkurs auch wieder etwas anzog. Doch laufen derzeit die Kunden weg, denn kein Kunde möchte gerne zwangsabgeschaltet werden, wie vor einem Jahr bei der Pleite von TelDaFax geschehen. Der Vorstand Bernie Ebbers musste vor kurzem ebenfalls nach Hause gehen: Wer privat weit über 100 Millionen US-$ Schulden hat, die er wegen dem gesunkenen Aktienkurs nicht mehr bezahlen kann, hat genug andere Sorgen.

Zum Glück hätte ein Konkurs von WorldCom keine allzu großen Auswirkungen auf Privatkunden. Größere Netzausfälle dürfte es nämlich nicht geben - dazu betreiben zu viele andere Firmen ebenfalls internationale Netzwerke, auf die ausgewichen werden kann. Die Überkapazitäten sind weiterhin enorm. Internationale Gespräche könnten aber etwas teurer werden, wenn der Wettbewerb in diesem Bereich weiter zurück geht.

Wenn jedoch einige Zeit nach der Insolvenz die werthaltigen Güter wie das Glasfasernetz an neue Investoren verkauft worden sind, kann es sogar zu weiteren Preissenkungen kommen: Der neue Eigentümer hat die Ausrüstung ja günstig erstanden, und kann nun, von Kreditlasten befreit, sich daran machen, wieder neue Kunden zu gewinnen. Als Beispiel sei Global Crossing genannt, für deren Konkursmasse sich mehr als 50 andere Unternehmen interessieren.

Anders hingegen die Situation bei der Deutschen Telekom. Zwar wird sie dieses Jahr voraussichtlich 5,5 Milliarden Euro Verlust ausweisen. Doch ist dieser Verlust hauptsächlich eine Nachwirkung der Voicestream-Übernahme, da dieses Jahr entsprechende Firmenwert-Abschreibungen in Höhe von 16 bis 17 Milliarden Euro anstehen. Ohne diese Abschreibungen gäbe es ein dickes Plus von über 10 Milliarden Euro. Da die Voicestream-Übernahme bereits bezahlt ist, sind diese 10 Milliarden Euro auch ein reales Plus, das in den Kassen bleiben wird, und den Schuldenabbau vorrang bringt. Ähnliche Überlegungen - nur mit kleineren Zahlen - gelten auch für die UMTS-Lizenzen oder andere besonders teure Investitionen der jüngsten Vergangenheit.

Der bilanzielle Verlust heißt aber auch, dass sich bei der Deutschen Telekom die buchhalterischen Vermögenswerte schneller verringern als die Schulden. Das macht keinen Geldgeber glücklich, zumal, wenn die Schulden hoch sind. Die Probleme bei der Emmission einer neuen Anleihe am Freitag zeigen das deutlich.