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MobilCom am Ende?

France Télécom hält Schadensersatzdrohungen für "abwegig"
Von dpa / Marie-Anne Winter

Wie gestern Abend gemeldet, ist France Télécom nach monatelangem Streit mit dem deutschen Mobilfunkunternehmen MobilCom endgültig der Kragen geplatzt. "Schmid muss weg" ist die Devise in der Pariser Zentrale. "Seine Serie von Vertragsverletzungen" wollen sich die Franzosen nicht länger gefallen lassen. Allerdings behalten sie trotz ihres Zorns auf den unverfrorenen MobilCom-Firmengründer noch ihren kühlen Rechenverstand. "Wir verhandeln in den nächsten Tagen weiter mit den Banken", sagte France Télécom-Finanzchef Jean-Louis Vinciguerra in Paris.

Der unter einem Schuldenberg von mehr als 60 Milliarden Euro ächzende Telekom-Gigant Frankreichs will auf keinen Fall auch noch die Kredite von MobilCom schultern. Wegen der 4,7 Milliarden Euro Bankenkredite, die Ende Juli fällig werden, steht MobilCom das Wasser bis zum Hals. An der Börse jagen sich Konkursgerüchte, die die Aktie des Büdelsdorfer Unternehmens dramatisch einbrechen ließen. Zuletzt rutschte der Kurs auf 7,29 Euro, ein Allzeit-Tief.

France Télécom kündigte den Kooperationsvertrag aus dem Jahr 2000, jedoch will der Konzern das Unternehmen noch nicht untergehen lassen. Die Franzosen sind zwar bodenlos empört, dass Schmid trotz zweimaliger Aufforderung vom Aufsichtsrat bislang nicht entlassen wurde. Dennoch halten sie das deutsche Unternehmen immer noch für "interessant" und glauben an seine bedeutende Stellung im deutschen Mobilfunkmarkt. Gestern war bei dem Großaktionär, der 28,5 Prozent an MobilCom hält, auch noch keine Rede davon, MobilCom-Aktien zu verkaufen. "Die Tür bleibt offen", sagte ein Börsenanalyst in Paris.

Der 47-jährige Selfmade-Man Schmid ist den Franzosen schlicht ein Dorn im Auge. Die dubiosen Finanztransaktionen seiner Frau haben die Partner in Paris so sehr verärgert, dass auch der sofortige Rücktritt des deutschen Managers den Bruch nicht wieder kitten würde. "Jetzt muss eine Globallösung gefunden werden, und zwar rasch", sagte Vinciguerra. Das Schuldenproblem und das Schmid-Problem müssten gemeinsam gelöst werden, hieß es in Paris.

Die Auseinandersetzungen zwischen dem Deutschen und den Franzosen eskalierten, weil man in Paris die Finanzierung des UMTS-Mobilfunknetzes wegen der trüben Marktaussichten langsam angehen lassen wollte, um kostengünstiger davon zu kommen. Schmid hielt dagegen hartnäckig an den ursprünglichen Ausbauplänen fest. France Télécom habe für alle Verpflichtungen aus dem Kooperationsvertrag einzustehen, wiederholte er immer wieder. Schließlich erklärte er sich im März bereit, seine Anteile und die seiner Frau von knapp 50 Prozent zum Preis von 22 Euro je Aktie zu verkaufen. Doch darauf wollte France Télécom sich bislang nicht einlassen. Schmid will auch jetzt nicht nachgeben. MobilCom sieht keine rechtliche Basis für die von der France Télécom angekündigte Beendigung des gemeinsamen Kooperationsvertrages. Das teilte das Unternehmen umgehend mit, nachdem France Télécom die Vereinbarung über den gemeinsamen Einstieg in das UMTS-Mobilfunknetz als beendet bezeichnet hatte.

Aus der Sicht der MobilCom lägen keine Vertragsverstöße vor, die eine Beendigung des Kooperationsvertrages rechtfertigen würden, hieß es in der Mitteilung. Der Vertrag sehe eindeutige Regelungen für die Behandlung von potenziellen Vertragsverstößen vor: "Die France Télécom hat bisher keine dieser Eskalationsstufen genutzt". Die MobilCom begrüßte jedoch die Fortsetzung der Gespräche der France Télécom mit den Kredit gebenden Banken zu einer langfristigen für die Bilanz der France Télécom verträglichen Lösung. Die Aktien der MobilCom wurden gestern Abend vom Handel ausgesetzt, heute morgen ab 9 Uhr wieder in den Handel aufgenommen. Nach einem Bericht der "Telebörse" hatte das am Neuen Markt notierte Unternehmen zudem die Handelsüberwachungsstelle der Frankfurter Börse wegen des Kurseinbruchs seiner Aktie gestern eingeschaltet. Quellen nannte das Magazin nicht.

In der Financial Times Deutschland (FTD [Link entfernt] ) heißt es, dass France Télécom die angedrohten Schadensersatzklagen für "abwegig" hielte. Das Blatt zitiert Jean-Louis Vinciguerra: "Sie können unsere Haltung vor Gericht anfechten. Aber ihre Position ist nicht sehr gut." Einen solchen Prozess, der sich über drei bis fünf Jahre hinzöge, würde MobilCom ohnehin nicht überleben.