Verdrängungswettbewerb

Mobilfunk: Neue Preiskampfrunde in den USA

Mit Cingular Wireless ist der sechste Anbieter in New York gestartet
Von Marie-Anne Winter

Wenn keine Neukunden mehr gewonnen werden können, gibt es für Newcomer nur eine Chance: Sie müssen versuchen, die Kunden mit besserem Service und günstigeren Preisen zum Wechsel zu bewegen. Der Verdrängungswettbewerb drückt nicht nur die Preise für die Endkunden, sondern auch die Gewinne für die Unternehmen und damit auch die Kreditwürdigkeit der Branche, die sich derzeit ohnehin in einer Krise befindet.

Wie die Financial Times Deutschland (FTD [Link entfernt] ) berichtet, startete in New York diese Woche der zweitgrößte Mobilfunkanbieter des Landes, Cingular Wireless. New York ist der wichtigste Markt in den USA, in dem sich mittlerweile sechs Anbieter drängeln. Drei von vier New Yorkern haben bereits ein Handy, während im Durchschnitt erst die Hälfte der Einwohner der USA ein Mobiltelefon besitzen. Wie Eingangs beschrieben, bleibt Newcomer Cingular also nichts anderes übrig, als darauf zu setzen, Kunden bei anderen Abietern abzuwerben. Das wird nicht einfach sein, denn das Voicestream-Netz soll die schlechteste Abdeckung in New York haben.

Angesichts dieser Strategie raufen sich Analysten die Haare, weil damit die nächste Runde im Preiskampf eingeleitet wird und die Gewinne weiter sinken. Nach Einschätzung der FTD kann sich Cingular einen solchen Angriff leisten, weil dieser Anbieter als einziger neben dem US-Marktführer Verizon einen positiven Cash-Flow aufweist. In New York nutzt Cingular das Netz der Deutsche-Telekom-Tochter Voicestream. Dafür wird Voicestream in zwei Wochen in Kalinfornien auf dem Netz von Cingulars starten.

Besonders kritisch ist, dass die Mobilfunkanbieter den weiteren Gewinnrückgang in einer Zeit, in der sie ohnehin viel investieren müssen, schwer verkraften können. Die meisten von ihnen sind ohnehin hoch verschuldet, weil sie nicht nur in neue Märkte einsteigen, sondern derzeit auch ihre Netze in den Vereinigten Staaten für schnellere Datenübertragung aufrüsten. Voicestream bietet bereits im gesamten Netz die Datenübertragungstechnik GPRS an. Cingular will GPRS im nächsten Jahr starten.

Die Kreditrating-Agenturen betrachten diese Entwicklung mit Skepsis. Die Kreditwürdigkeit der gesamten Mobilfunkbranche wurde sowohl bei Standard & Poor's als auch Moody's herabgestuft. Die FTD zitiert dazu Moody's: "Unsere Bedenken bestätigen sich, dass der US-Mobilfunkmarkt reifer sein könnte als gedacht, und dass die Wachstumsdelle des zweiten Halbjahrs 2001 kein zyklischer Einbruch war, sondern ein dauerhafter Rückgang des Wachstumstrends."

Im Gegensatz zum deutschen Markt, wo hohe Wachstumsraten vor allem mit Prepaid-Kunden erreicht wurden, gibt es in den USA wenig vorausbezahlte Prepaid-Karten. Auch deshalb nehmen die Kundenzahlen dort langsamer zu, denn vor allem die Jugendlichen, die Prepaid-Angebote hierzulande vorwiegend nutzen, dürfen oder wollen keine Laufzeitverträge abschließen, bei denen unkalkulierbare Kosten auf sie zu kommen. Der britische Anbieter Virgin Mobile will diese Marktlücke nun ausfüllen. Virgin ist durch seine Plattenläden bekannt und versucht nun, das jugendliche Publikum auf das Netz des viertgrößten US-Betreibers Sprint zu ziehen. Die unter der Marke Virgin verkauften Mobilfunkminuten bringen zusätzlichen Druck in den Preiswettbewerb.

Der Ausweg aus diesem Dilemma von Preiskrieg und hohen Investitionen könnte - wie das inzwischen ja auch unter den Inhabern der UMTS-Lizenzen in Deutschland diskutiert wird - in Kooperationen oder Zusammenschlüssen unter den sechs großen Anbietern liegen. Allerdings zeichnen sich bisher keine Liebesheiraten ab. Wer am Ende den längsten Atem hat, wird sich zeigen müssen.