Netzwelt

Zwei-Klassengesellschaft im Internet

Neue digitale Kluft zwischen Breit- und Schmalbandnutzern
Von Marie-Anne Winter

Der Begriff "Digitale Spaltung" ist längst in das Vokabular des aufgeklärten Menschen eingegangen. Aber inzwischen zeichnet sich ab, dass sich nicht nur eine Kluft zwischen denen, die an die weltumspannenden Informationsnetze angeschlossen sind, und denen, die - aus welchen Gründen auch immer - keinen Zugang haben, auftut. Vielmehr sind mittlerweile auch zwei Klassen von Internetbenutzern auszumachen - nämlich die, die über einen Breitbandzugang (zumeist per DSL) verfügen und jene, die auf schmalbandigen Zugängen ins Internet kriechen.

Eine US-amerikanische Studie belegt, dass es deutliche Unterschiede zwischen Breitband- und Modemnutzern gibt. Die Studie [Link entfernt] "The Broadband Difference: How online Americans' behavior changes with high-speed Internet connections at home" hält nicht nur fest, dass Breitbandnutzer zumeist gut ausgebildet, männlich und ohne Geldsorgen sind, sondern auch, dass sich das Verhalten derer, die über einen schnellen Zugang zum Internet verfügen, nachhaltig verändert. Sie nutzen das Internet nicht nur länger und aktiver als die Schmalbandnutzer, sie ersetzen nach und nach auch andere Medien - Telefon, Fernsehen, Radio durch Internetangebote.

Auch auf den Arbeits- und Lebensstil wirkt sich der Breitbandzugang aus, an den zumeist eine Flatrate gekoppelt ist. Die Möglichkeiten, von zu Hause aus zu arbeiten, werden attraktiver und eher genutzt. In den USA sollen bereits ein Drittel der Breitbandnutzer zumindest gelegentlich von zu Hause aus arbeiten.

In den USA verfügen laut der Studie des Pew Research Centers 24 Millionen Menschen über einen Breitbandzugang. Das entspricht einem Fünftel der amerikanischen Internetuser - und nur einem Zwölftel der erwachsenen Bevölkerung der USA. Der Wirtschaft ist das nicht genug, sind doch hochwertige Content-Angebote wie Videos oder Musik nur für Nutzer mit schnellen Internetzugängen interessant. Problematisch hierbei ist allerdings, dass auch die "digitale Kulturtechnik der Piraterie", wie Florian Rötzer in einem Telepolis-Artikel zu eben diesem Thema schreibt, unter den Breitbandnutzern ebenfalls viel verbreiteter ist. Wer eine DSL-Flat hat, hatte viel mehr Spaß an Musiktauschbörsen wie Napster und Audiogalaxie - jedenfalls bevor diese eingestampft wurden. Der "Free Flow of Information" wird von vielen Internetnutzern für den Geschmack der Contentindustrie viel zu wörtlich genommen - die deshalb auch Angebote zurück hält, damit sie nicht "genapstert" werden können.

In Deutschland zeichnet sich ab, dass nicht unterschiedliche Bildung und Geldbeutel, sondern auch schlicht der Wohnort über die Klassen-Zugehörigkeit der Internetnutzer entscheiden kann. Wer auf dem T-DSL-fernen Lande lebt, bleibt bislang vom schönen neuen Breitbandleben ausgeschlossen, es sei denn, man ist bereit, viel Geld für einen Internetzugang via Satellit auszugeben.