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Editorial: bunte neue Handywelt

Aus Phantasie wird Wirklichkeit
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Nokia 6800 Anfang des Monats stellte Nokia auf einen Schlag gleich ein halbes Dutzend neuer Geräte vor. Dabei hatte Nokia erst vor zwei Monaten zwei neue Einsteigergeräte angekündigt. Mit einer Ausnahme - dem "Billighandy" 2100 - haben alle neuen Geräte Farbdisplay und Unterstützung für MMS. Unterschiede gibt es hingegen darin, ob Kamera und Tastatur eingebaut ist, und ob neben Bildmitteilungen auch Videos wiedergegeben werden können.

MMS entwickelt sich nach Angaben der Netzbetreiber prächtig. Noch dieses Jahr sollen mehrere hunderttausend MMS-fähige Geräte verkauft werden. Während die erste MMS-Generation wie das T68 eher zum Ladenhüter taugte, scheint mit den Kamera-Handys der Damm gebrochen. Zwar kosten diese mehrheitlich ca. 200 Euro mehr als vergleichbare Geräte ohne Kamera und MMS, doch scheinen Verbraucher bereit zu sein, diesen Mehrpreis zu bezahlen.

Sicher ist die Bildqualität der niedrig auflösenden CCD-Chips mit Mikrolinse nicht mit der von Digitalkameras vergleichbar. Ein Blitz fehlt sogar ganz. Doch für das Übertragen eines kurzen Eindrucks reicht es allemal. Und auch ein niedrig aufgelöstes Bild sagt manchmal mehr als 100 Worte.

Die Hersteller machen mit den neuen Geräten auch ein altes Versprechen wahr: In unzähligen UMTS-Visions-Videos stellten die Hersteller schicke "virtuelle" Handys vor, mit denen sich binnen Sekunden Fotos und Videos übertragen lassen können. Jetzt ist das Wirklichkeit - wenn auch etwas später als angekündigt.

Bleibt der Problempunkt Tastatur: Wer häufig Textnachrichten verschickt, möchte diese schnell und komfortabel eingeben können. Gleichzeitig sollen Handys aber auch gut in der Hand liegen und nicht klobig sein. Nokia hat demnächst drei Tastatur-Varianten im Angebot; noch hat sich keine davon endgültig durchgesetzt. Beim Communicator kann man das ganze Gerät aufklappen, so dass Tastatur und Bildschirm zum Vorschein kommen. Das macht das Handy aber zugeklappt sehr klobig. Auf der "SMS-Maschine" 5510 sind hingegen viele kleine Knöpfe auf der Oberseite; das Display liegt in der Mitte. Ungewohnt ist, dass dieses Gerät damit quer betrieben wird, und nicht hochkant, wie die meisten anderen Handys. Dass man das 5510 derzeit zu Billig-Preisen kaufen kann, könnte darauf hin deuten, dass es nicht fortgesetzt werden wird.

Das interessanteste Tastatur-Konzept bietet das neue 6800: Im "Normalzustand" sieht es aus wie ein Handy. Die Handy-Tastatur kann aber über das Display geklappt werden - und bringt dann eine komplette Schreibmaschinentastatur zum Vorschein (siehe Bild). Wenn es mechanisch stabil ist, dürfte dieses Konzept die meisten Punkte sammeln.

Nokia tut gut daran, derartig viele neue Geräte vorzustellen. Nur ein kleiner Teil davon wird sich am Markt durchsetzen. Doch als Marktführer kann man es sich leisten, mit Gehäuseformen und Features zu experimentieren. Statt Produkt-Managern lässt Nokia die Käufer darüber entscheiden, was ankommt. Handys sind persönliche Geräte, und wie bei Kleidung gibt es hier Modeerscheinungen. Was heute "in" ist, kann morgen "out" sein. Folglich werfen Boutiqen am Ende der Saison zumeist einen Großteil ihrer Ware weg, weil er sich nicht verkaufen ließ. Das hat Nokia erkannt - und ist gar nicht böse, wenn nicht jedes Modell gut läuft. Denn nächstes Jahr gibt es eine neue Mode, und wenn man genügend Modelle hat, wird sicher eines davon die Modewelle treffen.