Wandel

Editorial: Grundgebühren schlagen Verbindungsentgelte

Die Telefon-Flatrate kommt - aber anders als erhofft
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T-Com-Chef Brauner sagte es der Wirtschaftswoche: Der Festnetzbereich der Deutschen Telekom wird dieses Jahr erstmalig mehr mit Grundgebühren als mit Verbindungsentgelten verdienen. Vor sieben Jahren waren die Verbindungsentgelte hingegen noch dreimal so hoch wie die Grundgebühren. Und Herr Brauner kann sich vorstellen, dass dieses so weiter geht. Vielleicht sind in ein paar Jahren die festen Entgelte sogar dreimal so hoch wie die variablen.

Sicherlich rührt ein Teil der Verschiebung daher, dass die Verbindungsentgelte gesunken sind, und dass wegen der Call-by-Call- und Pre-Selection-Alternativen auch ein nicht unerheblicher Anteil der Verbindungen über andere Netze läuft. Doch sind vor allem die Grundentgelte erheblich gestiegen, teilweise bedingt durch immer hochwertigere Anschlüsse, teilweise bedingt durch Grundpreiserhöhungen.

Grundpreiserhöhungen

So stieg in den letzten Jahren das Entgelt für den Analoganschluss von 24,81 Mark auf 15,66 Euro - eine Erhöhung um 23 Prozent. Zudem verkauft die Deutsche Telekom den Analoganschluss immer öfter als Bundle mit "AktivPlus", "XXL" oder "CallTime 120", wodurch sich die festen monatlichen Entgelte weiter erhöhen. Nur für einen kleinen Teil der Kunden dürften sich diese zusätzlichen Optionen aber wirklich lohnen, sprich, dass die zusätzliche Grundgebühr geringer ist, als die ersparten Verbindungskosten.

Ein ISDN-Anschluss mit XXL und DSL in der Standardvariante kostet gar 45,94 Euro monatlich. Im Vergleich zum alten Analoganschluss ist das eine Steigerung um 262 Prozent. Und mit diversen DSL-Optionen lässt sich der T-ISDN-XXL-DSL-Anschluss performance- und preismäßig sogar noch weiter hochrüsten.

Ohne Zweifel bieten die modernen Anschlüsse das Vielfache an Leistung eines Analoganschlusses. Der Autor dieser Zeilen erinnert sich noch gut an seine Studienzeiten, als es schwierig war, bestimte Kommilitonen anzurufen, weil in deren jeweiligen WG die Telefonleitung fast ununterbrochen belegt war. Da schafft der zweite Kanal des ISDN-Anschlusses natürlich Erleichterung, und DSL bringt die WG-Bewohner auch schnell ins Netz.

Doch sind wir es in der IT-Branche ansonsten gewohnt, dass Leistungssteigerungen und Preissenkungen sich die Waage halten. Ein High-End-PC kostet ohne Monitor seit Jahren bei den Discountern um die 2000 Mark bzw. 1000 Euro. Gewaltig geändert hat sich aber die Ausstattung, die man dafür erhält, etwa die Größe des Arbeitsspeichers, die Geschwindigkeit von CPU und Grafikkarte, die Fähigkeiten der Laufwerke (CD-Brenner RO/RW, DVD-Brenner etc.) oder die vorhandenen Schnittstellen (USB, Firewire, W-LAN etc.).

Die Deutsche Telekom hat es hingegen geschafft, mit fast jeder Leistungssteigerung des Anschlusses auch höhere Preise dauerhaft durchzusetzen. Sie kompensiert damit Einnahmeausfälle, die sie durch die zunehmende Call-by-Call-Konkurrenz hat. Doch auch für die Konkurrenz wird die Situation schwieriger werden. Das nächste Ziel der Deutschen Telekom ist nämlich die Telefonie-Flatrate für Privatkunden.

Flarate-Streben

Internet-Flatrates waren in der Vergangenheit wiederholt gescheitert. Dabei fällt die Einstellung der T-Online-Flat zeitlich mit der Weigerung der Deutschen Telekom zusammen, eine attraktive Vorleistungs-Flatrate einzuführen. Die "Telefonie-Flat" XXL wurde hingegen jüngst sogar ausgebaut, und umfasst jetzt auch den Samstag.

Ein Vorprodukt, auf dessen Basis auch die Konkurrenten Telefonie-Flatrates anbieten können, gibt es jedoch bis heute nicht. Und selbst wenn Arcor oder 01051 bei der Regulierungsbehörde heute einen entsprechenden Antrag einreichen: Bis es eine rechtssicher eingeführte Zuführungs-Flatrate gibt, dürften etliche Jahre vergehen. Zwar brauchen die Regulierungsbehörde und die Gerichte zur Entscheidung jeweils nur mehrere Monate. Doch das Verfahren geht sicher mehrfach durch alle Instanzen.

Und so wird die Telekom weiterhin kräftig Marketing für Festpreisprodukte machen, die die Konkurrenz so nicht anbieten kann. Während bei den Call-by-Call-Minutenpreisen weiterhin um Zehntelcent gerungen wird, steigt der Fixpreisanteil bei der Deutschen Telekom fast unaufhaltsam weiter.

Positiver Geschäftsverlauf

Die Auswirkungen auf die Geschäftszahlen der Deutschen Telekom sind positiv: So meldet die Börsenzeitung, dass die Deutsche Telekom schon jetzt das für 2003 gesetzte Ziel beim Schuldenabbau erreicht hat. Ebenso liege sie beim operativen Ergebnis (Ebitda) überm Plan. Die Deutsche Telekom kann die Einnahmen gut gebrauchen, um die tiefen Wunden (Finanzlöcher) zu heilen, die UMTS-Auktion und Voicestream-Übernahme gerissen haben. Die Kunden zahlen hingegen jetzt die Zeche für die überpreisten Hype-Geschäfte.