Mahungen

Tiscali: Ominöse Mahnaktion zum Jahresende

Rechtsanwalt: Anbieter in der Beweispflicht
Von Marie-Anne Winter

Internetanbieter Tiscali sorgt zur Zeit für Verunsicherung: In unserem Anbieter-Forum berichten zahlreiche Leser, dass ihnen Ende Dezember nicht nachvollziehbare Mahnungen für angeblich noch nicht bezahlte Internetverbindungen aus dem Jahr 2001 zugegangen seien. Es handelt dabei sich um Verbindungen, die im Laufe des Jahres 2001 entstanden sein sollen. Die Anzahl der Betroffenen scheint recht hoch zu sein, wie ein Blick in weitere Anbieter-Foren im Internet nahelegt. Einträge zu den ominösen Tiscali-Mahungen finden sich beispielsweise auch in den Foren von Computerbetrug [Link entfernt] oder Chip [Link entfernt] .

Dass die späten Mahnungen für Verärgerung bei den Betroffenen sorgten, ist wenig verwunderlich. Zum einen es war reichlich ungeschickt von Tiscali, den Kunden die Mahnungen quasi unter den Weihnachtsbaum zu legen - vor allem, weil es um Posten geht, die den meisten Kunden längst aus dem Gedächtnis entschwunden sind. Teilweise scheinen die Mahnungen auch schlicht falsch zu sein, denn einige Kunden sind sich sicher, ihre Rechnungen immer beglichen zu haben. Ein Leser berichtete auch, dass er für den selben Abrechnungszeitraum und unter der selben Kundennummer zwei verschiedene Mahnungen mit verschiedenen Beträgen bekommen habe. Für den besonderen Unwillen der betroffenen Kunden sorgte auch die Tatsache, dass Tiscali erhebliche Mahngebüren auf den angeblich offenen Rechnungsbetrag aufschlug, für Rückfragen nur eine teure 0190-Nummer angab und ansonsten nicht zu erreichen war. Leider ist es auch uns bisher noch nicht gelungen, eine Stellungnahme von Tiscali zu bekommen.

Abwarten und Tee trinken

Die Frage ist nun, wie sich die Kunden verhalten sollten. Abwarten und Tee trinken wird die einfachste Strategie sein. Denn seit dem 31. Dezember 2003, 24 Uhr sind die Ansprüche des Anbieters verjährt. Weil es um Verbindungen geht, die im Jahr 2001 angefallen sind, muss eine Verjährungsfrist von zwei Jahren angenommen werden. Seit der Schuldrechtsreform, die am 1. Januar 2002 in Kraft getreten ist, hat sich die Verjährungsfrist auf drei Jahre verlängert - das gilt aber in diesem Fall noch nicht. Die einfache Aussendung einer Mahnung hemme die Verjährung nicht, erklärte Rechtsanwalt Markus Philipp Förster gegenüber der Redaktion. Um die Verjährung zu unterbrechen, müsse das Unternehmen entweder eine Klage einreichen oder bei einem Mahngericht einen Mahnbescheid beantragen. Hier reiche es nach § 167 ZPO allerdings aus, wenn der Bescheid bis zum 31. Dezember beim Gericht sei. Jetzt kann es also noch einmal spannend werden, ob nun tatsächlich Mahnbescheide kommen oder nicht.

Doch auch wer tatsächlich einen Mahnbescheid bekommen sollte, muss nicht gleich verzagen, denn Tiscali wäre damit in der Beweispflicht. Nach der Telekommunikations-Kundenschutzverordnung (TKV) muss der Anbieter nachweisen, dass der Kunde Leistungen im geforderten Umfang genutzt hat. Das dürfte für Tiscali schwierig werden, weil nach § 6 TDSV [Link entfernt] Verbindungsdaten nur bis zu 80 Tagen nach Versand der Rechnung gespeichert werden dürfen. Im Zusammenhang mit 0190-Kosten gibt es schon Urteile, nach denen die Kunden ihre 0190-Rechnungen nicht zahlen mussten, weil die Anbieter nicht nachweisen konnten, welche Leistungen zu welchem Preis von den Kunden in Anspruch genommen wurden.

Alles in allem sieht es nach einem Eigentor für Tiscali aus. Möglicherweise haben sich tatsächlich einige säumige Kunden von dieser panikartigen Mahnaktion einschüchtern lassen und gezahlt - aber wer nicht zahlen will, hat auf jeden Fall gute Karten. Denn: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Das ist nicht nur in der Politik so.