Gesetzesänderung

Müssen Call-by-Call-Anbieter eine Tarifansage schalten?

BITKOM bewertet TKV-Entwurf als "Bevormundung des Kunden"
Von Björn Brodersen

Weiteren Regelungsbedarf sieht der vzbv in Bezug auf die Telefonsperre. Auch nach dem vorliegenden Gesetzentwurf könnten Mobilfunkanbieter im Gegensatz zu Festnetzbetreibern mehr oder weniger nach Belieben einen Anschluss sperren, wenn der Kunde eine Zahlung schuldig geblieben ist. Darüber hinaus rief der vzvb auch die Unternehmen zu wirksameren Maßnahmen gegen die zunehmende Verschuldung von Kindern und Jugendlichen durch Handys auf. Der vzbv fordert die Netzbetreiber auf, im Fall eines Verstoßes gegenüber dem Diensteanbieter durch Entzug der Rufnummer hart durchzugreifen. Auch die Angebote spezieller Jugendtarife und "kindgerechterer" Mobiltelefone dürften in der Branche keine Einzelfälle bleiben.

Seit Jahren stünden in der Verbraucherberatung Beschwerden über irreführende und betrügerische Praktiken im Telekommunikationsbereich oben an: Telefonkunden droht die Abzocke durch Anbieter von Mehrwertdiensten, unzureichende Preistransparenz, teure Auskunftsnummern, Premium-SMS (Klingeltöne, Fotos, Logos), provozierte Rückrufe (Chat- oder Flirtlines) oder telefonische Gewinnspiele.

"Die Grünen" sehen bei der Regelung zur Tarifansage die Preisgrenzen von einem und drei Euro nicht gerechtfertigt: Schließlich könne man den Kunden nicht zumuten, sich neben der Vielzahl an Tarifangeboten sich auch noch zu merken, ab wann eine Preisansage vorgeschrieben sei.

BITKOM: Änderungen schießen über das Ziel hinaus

Nach Ansicht des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) dagegen schießt der heute vom Bundeskabinett beschlossene Entwurf über das Ziel eines vernünftigen Verbraucherschutzes weit hinaus. "Der Kunde wird nicht beschützt, sondern bevormundet", sagt BITKOM-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. Beim Griff zum Telefon traue der Gesetzgeber dem Kunden offenbar kaum Eigenverantwortung zu. Nutzer von Premium-SMS-Angeboten würden durch die Preisangaben zu oft mit der Frage "Wollen Sie das wirklich?" belästigt.

Diese "staatlich verordnete Bevormundung" koste Geld, das an anderer Stelle fehle. Innovative Weiterentwicklungen würden so behindert. Der Kundenschutz sei schon aus purem Eigeninteresse ein zentrales Anliegen der Unternehmen, weil er die Verbreitung neuer Dienste fördert. Rohleder: "Die wenigen schwarzen Schafe können wir wirksam mit den bestehenden Gesetzen bekämpfen. Hier darf nicht eine ganze Branche mit einem völlig überzogenen Regelwerk zur Rechenschaft gezogen werden." Das sieht die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) anders: Beispielsweise könne gegen Tricks und Gaunereien mit so genannten Premium-SMS-Diensten von öffentlicher Seite kaum juristisch vorgegangen werden, urteilte die Behörde im vergangenen Jahr.

Unterstützung könnte der BITKOM dagegen aus Reihen der CDU/CSU erhalten. Die Experten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Internet und Verbraucherschutz, Martina Krogmann und Ursula Heinen, kritiseren an dem Entwurf, der Gesetzgeber dürfe Telefonfirmen nicht mehr Pflichten auferlegen als anderen Unternehmen auch. Es sei etwa nicht einzusehen, warum ein Abo jederzeit kündbar sein solle, nur weil es im Telekommunikationsbereich geschlossen werde. Im Bundesrat dürfte deshalb der Gesetzesentwurf ein Gerangel um die geplanten Bestimmungen auslösen.