Rückkanal

Triple Play per Fernsehkabel

Preisvorteile für den Kunden möglich
Von dpa / Marie-Anne Winter

Elektronische Demokratie war ein Traum der frühen siebziger Jahre. Viele Denker wünschten sich ein Fernsehkabel mit Rückkanal, über den die Bürger ihre Meinung kundtun sollten. Anfang der achtziger Jahre begann in Deutschland die Verkabelung - jedoch ohne Rückkanal. Diese richten die Kabelnetzbetreiber oft erst heute ein. Allerdings nicht der Demokratie zuliebe, sondern um auch Internet und Telefon anbieten zu können - wie die DSL-Anbieter, die ihrerseits beginnen, Fernsehen über die Telefonadern zu schicken. Der Verbraucher kann von der Konkurrenz am Markt und von neuen Angeboten profitieren.

Triple Play nennt sich das Angebot von Internet, Telefon und Fernsehen aus einer Anbieterhand. Die passende Infrastruktur dafür bieten zur Zeit nur DSL und Kabel. Satellit und digitales Antennenfernsehen (DVB-T) müssen passen: "Da hier kein Rückweg über die eigene Infrastruktur zur Verfügung steht, ist der Vormarsch in Richtung Triple Play versperrt", schreibt Philipp Geiger von der Unternehmensberatung Solon in München in einer Studie.

Der Verbraucher profitiert bei Triple Play davon, dass die Rechnung für TV, Internet und Telefon ebenso wie die Kundenbetreuung aus einer Hand stammt. Ein weiteres Plus ist der Preis: "Im Falle von Triple Play über das Fernsehkabel ist der Preisvorteil noch höher. Hier kann der Kunde seinen DSL- und seinen Telefonanschluss kündigen", so Geiger.

Die drei großen Kabelanbieter

Seit dem Verkauf des Post- und späteren Telekom-Kabelnetzes in den Jahren 1999 bis 2002 gibt es drei große Kabel-Anbieter: Kabel BW ist in Baden-Württemberg tätig, Kabel Deutschland in der ganzen Bundesrepublik, iesy und ish sind Ende Juni fusioniert und bieten Kabel in Hessen und Nordrhein-Westfalen an. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl privater und regionaler Anbieter.

Die Preise für Kabel-Internet werden interessant, wenn der Interessent bereits einen Kabelanschluss hat. Sonst müssen auf die Internet- und Telefon-Angebote der Kabelnetzbetreiber noch einmal zwischen zehn und 15 Euro pro Monat aufgeschlagen werden.

Kabel Deutschland hat nach eigenen Angaben fast zehn Millionen Kunden, von denen sich aber erst rund 15 000 auch Internet per Kabel ins Haus holen. Anfang September reagierte das Unternehmen: "Wir haben die Preise gesenkt und die Leistung hochgefahren", sagt Stefan Schott von Kabel Deutschland in München. Die günstigste Internet-Flatrate kostet jetzt rund 20 Euro bei sechs Monaten Mindestvertragslaufzeit.

Telefon übers Kabel will das Unternehmen von Oktober an erstmals in Rheinland-Pfalz und im Saarland anbieten. 15 weitere Städte wie München und Hamburg sollen bis Jahresende folgen. "Es wird nicht nur Produktpakete mit Internet und Telefonie geben, die Leistungen können auch einzeln gebucht werden", sagt Schott.

Bei ish steht Internet-Kunden das Telefonieren für fünf Euro im Monat bereits zur Verfügung. Die Telefonminute kostet zwischen 2 Cent für ein Gespräch ins Ortsnetz und 20 Cent für ein Gespräch in ein Mobilfunknetz. Hinzu kommen rund 20 Euro für die günstigste Internet-Flatrate mit drei Monaten Mindestvertragslaufzeit. "Im Herbst gibt es neue Tarife und mehr Geschwindigkeit", sagt ish-Sprecherin Eva Krüger in Köln.

Telefonie über TV-Kabel ist VoIP

Telefonieren über das Kabel ist technisch Internet-Telefonie, kurz Voice-over-IP genannt. Kabel Deutschland wird seine Telefonkunden mit einem Adapter zum Anschluss an das Kabelmodem ausstatten. An den Adapter lässt sich dann das herkömmliche Analog-Telefon anschließen. Bei ish ist ein Adapter bereits in das Kabelmodem eingebaut. Die Geräte sind so programmiert, dass jedes Internet-Telefonat über den Kabelnetzbetreiber läuft und abgerechnet wird. Beide Anbieter teilen ihren Kunden eine Festnetznummer zu.

Technisch versiertere Kabelkunden können die Internet-Telefonie aber auch selbst organisieren und die Grundgebühr für die Telefonoption der Kabelnetzbetreiber sparen. Dazu müssen sie nur selbst einen Telefonadapter anschaffen und sich bei einem Anbieter für Internet-Telefonie wie sipgate oder nikotel anmelden. Auch dort bekommen sie eine Festnetznummer. Unterbinden werden dies die Kabelnetzbetreiber nicht. "Jeder ist frei, seinen Internetzugang so zu nutzen, wie er möchte", sagt Schott. Auch ish hindert seine Kunden laut Krüger nicht an der Internet-Telefonie über andere Anbieter.

Doch auf dem Weg zum Telefonieren und Surfen per Kabel lauert noch ein Fallstrick: Auch wenn eine modernisierte Kabelinfrastruktur am Wohnort verfügbar ist, kann es sein, dass die Installationen im Haus nicht rückkanalfähig sind oder Kabel-Internet nicht erwünscht ist. Denn die "letzte Meile" im Kabelnetz gehört nicht den großen Netzanbietern, sondern den Hausbesitzern oder kleineren Unternehmen, die laut Geiger "teilweise in starkem Wettbewerb zueinander" stehen.

Bevor also jemand nach der positiven Verfügbarkeitsprüfung von Kabel-Internet oder -Telefon auf der Homepage eines großen Kabelnetzbetreibers in Jubel ausbricht, sollte er mit seiner Hausverwaltung oder dem Hausnetzbetreiber sprechen. Denn auch der Traum vom Triple Play über Kabel steht und fällt mit rückkanalfähigen Kabelnetzen.