Internetbetrug

Internetbetrug in Millionenhöhe - Prozessauftakt in Osnabrück

Angeklagte sollen sich illegalem Dialer bedient haben
Von dpa / Ralf Trautmann

Autodialer, Exit-Traffic, Webhosts, Carrier: Wer dem Prozessauftakt um Millionenbetrug im Internet am Osnabrücker Landgericht heute folgen wollte, musste schon Computerexperte sein. Trotz des für Laien schwer verständlichen Fachchinesisch ist dem Verfahren bundesweite Aufmerksamkeit sicher. Die vier Angeklagten im Alter zwischen 26 und 37 Jahren sollen, wie berichtet, durch Betrug und Datenmanipulation an Computern mehr als zwölf Millionen Euro auf ihre Konten geschleust haben. Das macht den Fall zu einem der bislang größten Beispiele von Internetkriminalität in Deutschland.

Die vier Männer sollen zwischen Juli 2002 und Ende September 2003 auf Webseiten so genannte Dialer installiert haben. Das sind Einwahlprogramme, die den regulären Internetzugang beenden und den Rechner über teure 0190er-Nummern mit einem Server verbinden. Solange die Surfer per Warnhinweis über solche Dialer informiert werden und sie die Alternative haben zwischen Abbruch und Fortsetzen, ist das noch nicht strafbar, erläuterte Landgerichtssprecher Norbert Holtmeyer.

Allerdings sollen die Angeklagten im Laufe der Zeit diese Dialer verändert haben. Die Einwahlprogramme sollen sich unbemerkt für die Nutzer aktiviert haben, sobald auf bestimmte Webseiten geklickt wurde. Außerdem warf Staatsanwalt Jürgen Lewandrowski den Angeklagten vor, die Dialer so programmiert zu haben, dass die Registratur der Rechner geändert wurde. Sobald ein Dialer mit einer bestimmten Signatur von einer Webseite aufgerufen wurde, erkannte ihn der Computer als sicher an, ohne den Surfer zu informieren.

Einwahl kostete zum Teil mehr als 45 Euro pro Minute

Laut Lewandrowski kostete das den Nutzer zwischen 1,83 Euro und bis zu mehr als 45 Euro pro Minute. Von den illegalen Verbindungen erfuhren die Opfer erst über ihre hohe Telefonrechnung. Bei weitem nicht jeder stellte eine Anzeige - vielleicht aus Scham: Die Dialer wurden den Angaben zufolge vor allem auf Pornoseiten versteckt.

Erste Äußerungen der Angeklagten bestätigten im Grundsatz die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft. Der Rechtsanwalt des Hauptangeklagten, Ferdinand Dahlmanns, kündigte für die nächste Sitzung eine detaillierte Stellungnahme seines 31 Jahre alten, in Lettland geborenen Mandanten an. Er werde im Prinzip die Taten gestehen, sagte Dahlmanns in einer Prozesspause. Die von der Anklage genannte Summe sei aber "aberwitzig hoch". "Wir werden versuchen nachzuweisen, dass die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft in Details nicht stimmen", sagte der Verteidiger. Unklar sei zum Beispiel die Frage, wann die Dialer illegal seien. "Zwischen legal und illegal gibt es eine Grauzone."

Schon nach den ersten beiden Stunden des Prozesses wurde deutlich, dass im Internet nichts zufällig geschieht und dass damit "eine Menge Geld zu verdienen ist", wie einer der Angeklagten sagte. Der 26 Jahre alte Mann aus Nordrhein-Westfalen kam als Experte für das gezielte Lenken von Besucherströmen auf Webseiten zu der Gruppe. Er räumte ein, von den Dialern gewusst zu haben und auch am Gewinn beteiligt gewesen zu sein. Angesichts der vielen Fachwörter sagte der Vorsitzende Richter Dieter Temming zu dem 26-jährigen Angeklagten: "Bevor sie beginnen, darf ich darauf hinweisen, dass die im Gericht gesprochene Sprache Deutsch ist."

Insgesamt sollen bis Anfang September an den bislang zwölf geplanten Verhandlungstagen 19 Zeugen und drei Sachverständige gehört werden.

Tipps zum Schutz vor Dialern und weitere Informationen zu sicherem Surfen finden Sie in unserem Sicherheits-Ratgeber.