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Editorial: 0180-teuer

Insbesondere Warteschleifen-Musik lässt Kunden bluten
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Als die Deutsche Telekom vor gut zehn Jahren die Rufnummern der 0180er Gasse einführte, wurden diese unter anderem mit dem Konzept der "geteilten Kosten" beworben. Anrufender Kunde wie das angerufene Unternehmen zahlten jeweils einen Teil der Entgelte. Sicherlich eine gute Idee, um telefonischen Service für beide Seiten (Kunde wie Unternehmen) bezahlbar zu machen. Seit der Einführung sind jedoch die Kosten für Ferngspräche zur Hauptzeit auf weniger als ein Zehntel des damaligen Preises gesunken, während sich die Tarife für 0180-3 bzw. 0180-5 nur halbiert haben. Und jetzt sollen 0180-5-Gespräche sogar wieder teurer werden.

Dabei ist 0180-5 schon längst zur verkappten Premium-Nummer geworden, zu einer Art "0900 light". Nach Abzug der Mehrwertsteuer und der Vermittlungs- und Inkassokosten in Höhe von geschätzten 4 Cent pro Minute erhält das angerufene Unternehmen - ausreichende Minutenzahlen vorausgesetzt - Ausschüttungen in Höhe von 6 Cent pro Minute oder mehr. Zwar sind die tatsächlichen Zahlungen oft geringer, aber nur, weil das abwickelnde Telekommunikationsunternehmen weitere Sachleistungen gleich mit anbietet, insbesondere die Beantwortung der Anrufe im Call-Center. Doch Letzteres sind Kosten, die eigentlich dem angerufenen Unternehmen und nicht dem Kunden zuzurechnen sind. Schließlich würden die meisten alternativen Service-Möglichkeiten - etwa Kundenkontakt im Ladengeschäft oder Beantwortung von Briefpost - noch höhere Kosten pro Vorgang bewirken. Insofern ist nicht nachvollziehbar, warum der Kunde bei 0180-5 auch die Call-Center-Kosten zu einem guten Stück mittragen soll.

Endgültig zur Einnahmen-Generierungs-Maschine wird 0180-5, wenn die Anrufe nicht von einem Call-Center-Mitarbeiter sondern von einem Computer angenommen werden. Das Abnudeln von GEMA-freier Musik, ab und zu unterbrochen von der Ansage "Bitte warten", dürfte kaum mehr als einen Cent pro Minute kosten. Schließlich handelt es sich hier um ein Standard-Feature praktisch aller aktuellen Telefonanlagen. Je länger der Anrufer in der Schleife hängt, bevor er tatsächlich einen Mitarbeiter erreicht, desto lukrativer für das angerufene Unternehmen. Wozu also zusätzliche Abfrageplätze einrichten? Eher schon wird in ein Telefonie-Dialog-System investiert ("Drücken Sie die 3 für weitere Informationen"), das die Zeit bis zum Erreichen eines Mitarbeiters weiter verlängert.

Absenkung der Interconnect-Entgelte für 0180-5 wäre angebracht

Angesichts dieser Umstände ist es eine Unverschämtheit, dass die Entgelte für 0180-5 weiter erhöht werden sollen. Eher schon wäre es angebracht, die zwischen den Anbietern für 0180-5 bezahlten Interconnect-Entgelte nach oben auf das Niveau zu beschränken, welches auch für Mobilfunk-Verbindungen üblich ist. Letzteres Niveau wird - soweit sich die Bundesnetzagentur mit ihren Vorstellungen durchsetzt - in absehbarer Zeit auf unter 10 Cent pro Minute sinken. Das würde zwar nicht reichen, um den Festnetz-Preis von 0180-5 deutlich zu senken, aber bei Anrufen vom Handy gäbe es teilweise einen deutlichen Preisvorteil, wenn 0180-5 statt als Sonderrufnummer wie ein "normales" Fremdnetzgespräch verrechnet würde.

Vor allem aber ist zu fordern, dass das angerufene Unternehmen bzw. dessen Tk-Unternehmen keine Zahlungen erhält, so lange nur die Warteschleifen-Melodie dudelt oder irgendwelche Ansagen ertönen. "Echte" Dialog-Systeme wären auch mit dem halben Entgelt ausreichend abgegolten. Durch diese Maßnahmen hätten die angerufenen Unternehmen keine Vorteile mehr aus dem Verlängern der Warteschleifen; der telefonische Kundenservice würde insgesamt wieder verbessert. Neue Gesetze wären für eine solche neue Branchenregelung übrigens wahrscheinlich nicht erforderlich - eine Bundesnetzagentur, die den Gedanken "shared cost" ernst nimmt, könnte die neuen Regeln auch mit ihren üblichen Instrumenten am Markt durchsetzen, insbesondere bei der Rufnummernzuteilung und -verlängerung.

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