Blauzahn

Die große Freiheit: Bluetooth boomt in allen Lebensbereichen

Viele Geräte und Anwendungsprofile machen Bluetooth besonders praktisch
Von dpa /

Gefährliche Stolperfallen, hässlicher Kabelsalat, einschränkende Strippen - es gibt viele gute Gründe, die gegen Leitungen und für den Einsatz von Funktechnologien sprechen. Zur verlässlichen Überbrückung kurzer Strecken hat sich Bluetooth etabliert. Der Standard steckt inzwischen nicht nur in praktisch jedem Handy und Notebook. Die Bluetooth-Vernetzung von Autos boomt, es gibt Laser-Zollstöcke, die ihre Messergebnisse drahtlos mitteilen und Bluetooth-Türöffner, die die Handys von Mitarbeiten erkennen. Fast täglich kommen neue Anwendungen hinzu.

Vorangetrieben wird die Entwicklung von der Special Interest Group (SIG), einem Zusammenschluss von rund 6 000 Unternehmen, darunter Ericsson, Intel, Lenovo, Motorola, Nokia und Toshiba. Ende vergangenen Jahres meldete der US-Marktanalyst ABI Research weltweit eine Milliarde Geräte mit Bluetooth in den Händen von Verbrauchern. Wöchentlich kämen zwölf Millionen neue Bluetooth-Geräte hinzu.

35 Anwendungsprofile für die verschiedensten Einsatzzwecke

Ein Grund dafür, dass sich Bluetooth auf kurzer Strecke gegenüber anderen Funktechnologien durchgesetzt hat, sind die derzeit rund 35 Anwendungsprofile für die verschiedensten Einsatzzwecke, sagt Prof. Jörg Wollert, Bluetooth-Experte und Leiter des Labors für Softwaretechnik und Rechnernetze an der Fachhochschule Bochum. "Damit weiß ein Bluetooth-Gerät, dass es zum Beispiel ein Headset ist." Es gibt für die schnurlose Telefonie im Auto ebenso ein eigenes Profil wie für das Faxen, das Drucken oder das Fernbedienen.

Ebenfalls für Bluetooth spricht, dass die Technologie auf einem einzigen kleinen Chip Platz findet und sehr kleine Endgeräte möglich macht. "Das ist eine kostengünstige All-In-One-Lösung", sagt Wollert. Gerade im Audio-Bereich werden die Headsets immer kleiner und eignen sich durch Stereo-Profile inzwischen auch zum uneingeschränkten Musikgenuss mit einer Bluetooth-fähigen Gegenstelle wie Handy oder MP3-Player. Per Adapter lassen sich auch die meisten Audio-Geräte, die über einen Klinkenstecker-Ausgang verfügen, mit Bluetooth aufrüsten.

Klingeltöne oder Songs werden nicht nur auf Schulhöfen rege via Bluetooth ausgetauscht. Der Kurzstreckenfunk lauert seit geraumer Zeit auch in Computern hinter Plakatwänden. Zu Werbezwecken können sich Passanten von dort über den Kurzstreckenfunk Flyer, Klingeltöne oder Musik aufs Handy übertragen. "Der Nutzer muss lediglich die Bluetooth-Schnittstelle am Handy aktivieren und die angegebene Autorisierungsnummer 1111 eingeben", erklärt der Plakatvermarkter Wall AG aus Berlin die Funktionsweise seiner funkenden Werbeträger.

Pairing heißt dieser Vorgang, der durchgeführt werden muss, wenn zwei Bluetooth-Geräte zum ersten Mal miteinander kommunizieren. "Ich muss die Geräte dazu sichtbar schalten", erklärt Wollert. Nach dem Pairing können sie dann unsichtbar zusammenarbeiten. Neben der Verschlüsselung ist die Unsichtbarkeit ein wichtiger Bestandteil des Sicherheitssystems des Kurzstreckenfunks. "Mir ist aber kein Smartphone bekannt, das den höchst möglichen Sicherheitsstandard bietet", sagt Wollert. Um sich vor Angreifern und Datendieben zu schützen, sollten Handy-Besitzer ihr Gerät grundsätzlich unsichtbar schalten und Bluetooth nur aktivieren, wenn es auch gebraucht wird.

Lange Liste Bluetooth-fähiger Geräte

Die Liste der Geräte, die sich per Bluetooth miteinander verbinden lassen, ist lang. Handys, Headsets, Notebooks, PC-Adapter, Drucker, Mäuse, Tastaturen, Stereo-Anlagen, GPS-Adapter und MP3-Player sind nur einige Beispiele. Beim Kauf sollten aber sorgfältig die Profile vorhandener und anzuschaffender Geräte verglichen werden. "Ich muss genau aufpassen, dass Geräte, die ich miteinander "verheiraten" will, kompatibel sind", rät Prof. Wollert. Bei Geräten mit Bluetooth-Versionen zwischen 1.2 und 2.1 sei das in der Regel gegeben.

Seit der Version 2.1 beträgt die mögliche Datenübertragungsrate drei Megabits pro Sekunde (Mbit/s) - vorher war nur rund ein Mbit/s vorgesehen. "Es geht um hochwertige Audioqualität und Videostreaming", sagt Wollert. "In absehbarer Zeit wird das übertroffen werden." Derzeit werde an einem neuen Standard mit bis zu 480 Mbit/s gearbeitet, der auch für HDTV-Auflösungen geeignet ist. Die meisten Bluetooth-Module funken maximal zwischen zehn und 20 Meter weit (Klassen 3 und 2), selten kommen Module der Klasse 1 mit bis zu hundert Metern Reichweite zum Einsatz.

Obwohl Bluetooth im gleichen Frequenzband arbeitet wie WLAN, Mikrowellen oder DECT-Telefone, ist die Verbindungssicherheit und -qualität extrem hoch. "Bluetooth wechselt ständig die Frequenzen und springt um Störungen herum", erklärt Wollert. Außerdem bricht nie die Kommunikation mit der Gegenstelle ab. Der Preis für verlässliche Technik, die sogar in der Industrie zur Steuerung von Robotern genutzt wird, ist, dass maximal sieben Geräte in einem Netz verbunden werden können - im Gegensatz zu mehreren Hundert bei WLAN.