Handy-Fernsehen

Die technologische Spaltung beim Handy-TV

Deutsches Nord-Süd-Gefälle auch bei Mobile Multimedia
Von Marie-Anne Winter

Über das Fernsehen auf dem Handy wird spätestens seit der Fußball-WM im vergangenen Jahr breiter diskutiert. Erste Pilotprojekte gab es schon 2004 für den Standard DVB-H, das erste kommerzielle Handy-TV-Angebot startete am 31. Mai vergangenen Jahres mit Watcha, das allerdings per DMB realisiert wird. Mittlerweile kann man sich für die einmalige Zahlung von 99 Euro für diesen Dienst freischalten lassen. Nachteil des aktuellen DMB-Angebots ist die derzeit sehr beschränkte Angebotsauswahl von nur vier Sendern. Das liegt allerdings nicht am Standard an sich, sondern an den derzeit zugewiesenen Frequenzen, die nicht mehr hergeben. Die Mobiles Fernsehen Deutschland GmbH (MFD) würde das Programm gern ausbauen, sofern entsprechende Frequenzzuweisungen erfolgen sollten.

Interessant ist, dass auch anhand dieser beiden Standards für das Handy-Fernsehen eine Nord/Süd-Spaltung in Deutschland zu beobachten ist. Wie auch Ralf Schäfer vom Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut (HHI) anlässlich einer Veranstaltung zu Mobile Multimedia anmerkte, gibt es in den nördlichen Bundesländern eine Präferenz für DVB-H, während in den südlichen Bundesländern DMB bevorzugt werde. Ein Grund dafür sind die unterschiedlichen Verfügbarkeiten von Frequenzen: Die Situation beim Handy-TV ist in Deutschland vor allem deshalb so kompliziert, weil DVB-H als Teil von DVB-T angesehen wird und somit in den Zuständigkeitsbereich der Landesmedienanstalten [Link entfernt] fällt. Das bedeutet, dass sich für ein bundesweites DVB-H-Angebot sämtliche Landesmedienanstalten koordinieren müssen. Insofern ist es nun ein großer Fortschritt, dass nun nicht nur Frequenzzuteilungsverfahren für DVB-H eröffnet wurde, sondern auch geeignete Provider für bundesweite DVB-H-Angebote gesucht werden.

DMB und DVB-H kombinieren

MFD ist vor allem deshalb mit einem DMB-Angebot gestartet, weil es dafür eine bundesweite Lizenz gab. DMB, genauer T-DMB (T steht für terrestrisch, wird also für nicht per Satellit, sondern über Antennen auf der Erde ausgestrahlt) ist eigentlich eine deutsche Entwicklung von Bosch und dem HHI, die nun aus Korea wieder reimportiert wird. Laut HHI sei diese Technologie aber eine Sackgasse, weil T-DMB weder IP-basiert, noch besonders effizient sei. Das World DMB Forum [Link entfernt] ist derzeit dabei, ein DAB-IPDC-System zu spezifizieren. Dieses wird IP-basiert und durch statistischen Multiplex effizienter sein. Der statistische Multiplex ist eine dynamische Datenratenzuweisung an die Programme im gleichen Multiplex. Wenn ein übertragenes Programm kurzzeitig eine höhere Datenrate benötigt, wird diese von anderen Programmen abgezogen, die derzeit nicht so viel brauchen. Dadurch soll eine verbesserte Bildqualität in kritischen Übertragungssituationen erreicht werden.

Beim weltweit verbreitetsten Standard DVB-H hat man von Haus aus hohe Bandbreiten, hier ist das Problem die Ausstrahlung in der Fläche. Eine schon länger kursierende Idee ist, beide Standards zu kombinieren. Auch Ralf Schäfer vom HHI schlägt vor, DVB-H in den Ballungsräumen zu verwenden und die verbesserte DMB-Variante DAB-IPDC für die Ausstrahlung auf dem Land zu verwenden. Dort stünden dann weniger Programme in eventuell auch geringerer Qualität zur Verfügung, aber immerhin könnten die Nutzer dort dann überhaupt auf dem Handy fernsehen. Idealerweise könnte dieses Angebot noch um MBMS ergänzt werden - diese Technologie setzt auf die Mobilfunknetze auf und ermöglicht die Verteilung von Dateien und multimedialen Inhalten auf entsprechende Handys. Weil die Verteilung innerhalb der Funkzellen erfolgt, können räumlich eng begrenzt sehr spezielle Inhalte gesendet werden, etwa bei Sportveranstaltungen oder Festivals.

In der nächsten Zeit werden wir Ihnen in lockerer Folge die verschiedenen Möglichkeiten und Technologien beim Handy-Fernsehen vorstellen.

Weitere Artikel zum Thema Handy-TV