Startschuss

Polizei testet modernen Digitalfunk

Ablösung des analogen Funksystems soll bis 2010 erfolgen
Von dpa / Björn Brodersen

Mit jahrelanger Verspätung ist der Testbetrieb für den modernen Digitalfunk gestartet, auf den in Deutschland Polizei und Rettungsdienste so lange gewartet haben. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) nahm heute zusammen mit Vertretern der Länder in Berlin eine so genannte Referenzplattform in Betrieb. Der Digitalfunk wird ab 2008 schrittweise eingeführt und löst bis 2010 bundesweit das veraltete, störanfällig und nicht abhörsichere analoge Funksystem ab. Die Kosten werden auf 4,5 Milliarden Euro geschätzt. Das entstehende Funknetz gilt als das größte seiner Art weltweit.

Schäuble zeigte sich erleichtert und gelöst, nachdem nun die letzten Hürden überwunden waren. Am 1. Juni hatten die Innenminister von Bund und Ländern mit der Unterzeichnung eines Verwaltungsabkommens den Weg für den Digitalfunk endgültig frei gemacht. Um 16.32 Uhr drückte Schäuble den roten Knopf und startete damit im Gespräch mit seinem Stuttgarter Amtskollegen Heribert Rech (CDU) das Digitalzeitalter für die Sicherheitsdienste.

Schäuble sprach von "einem der größten technischen Modernisierungsprojekte in Deutschland". 500 000 Mitarbeiter bei der Polizei und den Rettungsdiensten erhielten ein leistungsfähiges Netz, sagte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD). Hinzu kämen eine Million sonstiger Nutzer. "Das wird sich für unsere Sicherheit auszahlen."

Digitaler Polizeifunk sollte zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 starten

Ursprünglich sollte der digitale Polizeifunk schon zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Betrieb gehen. Ein jahrelanger Streit zwischen Bund und Ländern über die Kostenverteilung verzögerte immer wieder die Einführung. Die Gewerkschaft der Polizei klagte ständig, dass die Funkgeräte älter seien, als die Polizisten, die sie benutzten.

Im Testbetrieb sind jetzt 500 Endgeräte. Mit der so genannten Referenzplattform sollen Erfahrungen mit der Systemtechnik gesammelt werden. So soll gewährleistet werden, dass später Geräte verschiedener Hersteller zusammenwirken können und der Wettbewerb bei der Beschaffung nicht eingeschränkt ist. Standorte für den Testbetrieb sind Berlin, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern.

Die Systemtechnik liefert die EADS Secure Networks GmbH. Gesucht wird noch der Betreiber für das digitale Netz. Ende vergangenen Jahres waren die Verhandlungen mit der Bahn-Tochter DB-Telematik, die Schäuble-Vorgänger Otto Schily (SPD) ausgesucht hatte, endgültig gescheitert. Die Innenstaatssekretäre von Bund und Ländern wiesen das Bahnangebot als inhaltlich und preislich nicht tragfähig zurück. Bis Ende des Jahres soll der Betrieb des Netzes neu ausgeschrieben werden. Auch Endgeräte-Lieferanten werden noch per Ausschreibung gesucht.