Probleme

Fusion von HanseNet und AOL: Kunden haben das Nachsehen

Telecom Italia fährt eigenwillige Strategie
Von Ralf Trautmann

Wenngleich HanseNet und AOL dank Fusion formal zu einem Unternehmen verschmolzen sind, läuft die Integration der AOL-Kunden, die im März begonnen hat, laut der Tageszeitung Welt, nur äußerst schleppend. Die Probleme seien dabei in erster Linie auf die HanseNet-Mutter Telecom Italia zurückzuführen: Während diese in Italien starken Kontrollen unter anderem durch die Regierung unterworfen sei, fahre sie im Ausland und damit auch in Deutschland laut einem HanseNet-Manager einen grundlegend anderen Kurs.

Im Zuge der Migration würden die Kunden von AOL auf die Rechenzentren der italienischen Mutter übertragen, dabei allerdings in "gute" und "schlechte" Nutzer eingeteilt: Bei Breitband-Kunden, die starke Umsätze generierten, verlaufe dieser Prozess in der Regel problemlos. Schmalband-Kunden dagegen können ihren Zugang oft einfach nicht mehr nutzen, sagte ein ehemaliger AOL-Manager, der jetzt bei HanseNet beschäftigt ist. Dies sei "Absicht oder zumindest erhebliche Nachlässigkeit". Wenngleich die Migration noch bis Ende Oktober laufe, seien daher schon 250 000 Schmalband-Nutzer zu anderen Anbietern gewechselt.

Doch auch in anderen Bereichen haben Kunden des Hamburger Anbieters das Nachsehen: Für HanseNet-Kunden in Regionen ohne eigenes Netz des Anbieters wird die Telefonie per VoIP realisiert. Dieses Vorgehen sei zwar sparsamer, aber für die Kunden auch qualitativ schlechter. Hansenet verspreche in diesem Segment zwar stetig Besserung, die schlechte Qualität sei aber unter anderem auf die so genannte Itatel-Plattform zurückzuführen, die angeblich von der italienischen Mutter übernommen werden musste. Die von AOL entwickelte Technik gelte dagegen hier zwar als deutlich besser, aber "weil AOL draufstand", sei diese nicht übernommen worden, zitiert die Welt einen weiteren ehemaligen AOL-Manager.

HanseNet: Call-Center-Mitarbeiter mit "Knebelverträgen"

Auch hinsichtlich seiner Mitarbeiter zeigt sich die Telecom Italia unnachgiebig: So erhielten die 650 Angestellten im HanseNet-Call-Center in Rostock ein Gehalt von nicht gerade üppigen 1 200 Euro brutto bei so genannten "feiertagsneutralen Verträgen": Hier würden die gesetzlichen Feiertage auf die 24 Tage Urlaub angerechnet, der dadurch faktisch um 50 Prozent reduziert werde. Der Forderung des Betriebsrats, diesen Missstand zu beenden, sei HanseNet bisher nicht nachgekommen und drohe mit Verlagerung ins Ausland. Die Mitarbeiter in den ehemaligen AOL-Call-Centern in Duisburg und Saarbrücken arbeiteten indes noch unter erheblich günstigere Bedingungen und fürchteten jetzt Gehaltseinbußen oder sogar die Schließung ihrer Standorte.

Auch hinsichtlich der Lieferanten zeige HanseNet ein nicht gerade zuvorkommendes Geschäftsgebaren, das die Welt als "doppelte Zahlungsmoral" bezeichnet: Kleine Lieferanten würden schneller als große bedient, Fristen würden gerne überzogen. Sonst wäre HanseNet laut Welt offenbar "ständig knapp bei Kasse".