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Nokia will Bochumer mit nach Rumänien nehmen

Politiker verärgert über Werksschließung angesichts hoher Gewinne
Von ddp / Marie-Anne Winter

In der kommenden Woche will die Nokia-Führung einem Pressebericht zufolge mit Verantwortlichen aus Gewerkschaft und Politik zu Gesprächen über einen Sozialplan für die Beschäftigten des Bochumer Werkes zusammenkommen. Der finnische Konzern wolle den Arbeitnehmern unter anderem anbieten, mit nach Rumänien zu wechseln, wohin die Produktion verlagert werden soll, berichtet die Rheinische Post unter Berufung auf unternehmensnahe Kreise. Der Betriebsrat macht sich unterdessen Hoffnung auf den Erhalt des Werkes. Angesichts der beträchtlichen Gewinnsteigerung Nokias zeigte sich die SPD-Spitze verärgert über die Schließungspläne.

Betriebsratschefin Gisela Achenbach sagte gestern Abend, die schnelle öffentliche Entschuldigung der Konzernspitze für die Bekanntgabe der Schließung wecke bei ihr die "Hoffnung, dass vielleicht noch etwas anderes hinterher kommt". Nokia könne den zunehmenden Imageschaden auf Dauer nicht aushalten. "Die knicken irgendwie ein, und sei es, dass sie uns nur noch eine halbe Produktion geben", sagte Achenbach. Nokia habe einen Namen zu verlieren. Der "Nokia-Stern am Himmel" sei bereits angekratzt.

Die Betriebsratsvorsitzende rief zugleich die Bundesregierung zum Eingreifen auf. Bei dem Versuch, die Entscheidung des finnischen Mobilfunkkonzerns rückgängig zu machen, setze man "ganz stark auf unsere Politiker, dass sie ihr Wort in Finnland einlegen".

Torsten Gerpott, Telekommunikationsspezialist der Universität Duisburg-Essen sagte, denkbar sei für ihn die Gründung einer Beschäftigungsgesellschaft. "Die Situation ist vergleichbar mit der Pleite des Handyherstellers BenQ Mobile. Nokia sollte für Qualifizierungsmaßnahmen wie PC-Wissen oder Fremdsprachen sorgen, damit die Beschäftigten leichter woanders unterkommen."

Absatz an Nokia-Telefonen geht bereits spürbar zurück

FDP-Chef Guido Westerwelle sicherte Achenbach derweil seine Unterstützung zu. Er hoffe, dass der Bochumer Betriebsrat Erfolg habe, sagte er. Jeder in Deutschland "mit einer gesunden Portion Patriotismus" habe das Gefühl, dass der Umgang der Konzernspitze mit den Beschäftigten "eine Sauerei" gewesen sei.

Die SPD-Spitze äußerte sich derweil verärgert darüber, dass Nokia trotz eines Rekordgewinns das Werk schließen will. SPD-Chef Kurt Beck betonte: "Ich bin wirklich empört darüber, denn das zeigt doch, das alles über diese Werksschließung völlige Rederei ist. Und das es nur darum geht, das man den Rachen nicht voll kriegt, dass man mit 15 Prozent Rendite immer noch nicht zufrieden ist. Und wenn man sieht, dass in Deutschland bei der Handyherstellung vier bis fünf Prozent maximal Lohnkosten sind, dann ist es geradezu eine Bösartigkeit zu behaupten, die Löhne seien an der Verlagerung Schuld."

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil bezeichnete die Werksschließung als "pure Profitgier". Er forderte die Konzernspitze auf, "ihre starre Haltung" zu überdenken. "Die Manager tragen nicht nur Verantwortung für die Aktiengewinne. Sie tragen auch Verantwortung für die Menschen, die diese Gewinne erwirtschaften", sagte Heil.

Die angekündigte Schließung des Werkes bremst bereits den Absatz von Nokia-Mobiltelefonen. "Es kommen Kunden, die explizit keine Nokia-Handys wollen", sagte Jörg Liebe, stellvertretender Verkaufsgruppenleiter Telefonie im Berliner Elektronikfachgeschäft Conrad. Auch andere Einzelhändler bestätigten, dass Nokia von manchen Kunden derzeit nicht gewünscht wird.

Inzwischen hat Nokia die Pläne zu einer Mitnahme von Arbeitern aus Bochum nach Rumänien dementiert. Mehr dazu lesen Sie in einer Folgemeldung.

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