Widerstand

Nokia-Beschäftigte wollen weiter für Standort Bochum kämpfen

Barroso: EU hilft Bochumer Nokia-Mitarbeitern
Von Martin Müller mit Materialien der dpa und von AFP

Die Beschäftigten des von der Schließung bedrohten Nokia-Werks in Bochum wollen weiter für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze kämpfen. Auf einer nicht öffentlichen Betriebsversammlung spendeten Beschäftigte dem Betriebsrat am Sonntag für seinen bisherigen Kurs stehend Applaus. Unterschiedlichen Meldungen zufolge nahmen 1 600 bzw. gut 2 000 Beschäftigte an der Versammlung teil. Die Strategie, nicht über Sozialpläne zu verhandeln und das Aus für die Handyproduktion noch nicht hinzunehmen, sei somit klar unterstützt worden, sagte die Bochumer Betriebsratsvorsitzende Gisela Achenbach im Anschluss an die Versammlung. Unterdessen gab es erste Hinweise, dass Nokia möglicherweise gegen Subventionsauflagen verstoßen und die Zahl der vereinbarten Dauerarbeitsplätze um bis zu 400 unterschritten hat.

Konkrete Maßnahmen wie Arbeitsniederlegungen wurden auf der Betriebsversammlung Achenbach zufolge nicht beschlossen. Der Betriebsrat will an die finnische Konzernzentrale einen Fragenkatalog senden, mit dem Klarheit über die Kostenberechnungen geschaffen werden soll. Es sei nicht klar, wie die Produktionskosten für Bochum zustande kämen. Der Betriebsrat wirft der Unternehmensführung vor, die Personalkosten falsch zu berechnen. Neben der Produktion müssten auch Entwicklungs- und Serviceabteilungen berücksichtigt werden.

Am Mittwoch wollen sich zudem in Brüssel die Betriebsräte der europäischen Standorte von Nokia zur Abstimmung ihrer weiteren Zusammenarbeit treffen. Die Betriebsratsvorsitzende des Bochumer Werks, Gisela Achenbach, sagte in der Versammlung: "Der Stern von Nokia ist massiv angekratzt und verbeult. Nokia hat es aber immer noch in der Hand, mit einer neuen Entscheidung für den Standort Bochum wieder für neuen Glanz zu sorgen."

Belegschaft wartet mit Spannung auf Spitzengespräch der Politik mit Nokia

"Wir warten jetzt auf die Ergebnisse des Gesprächs von Olli-Pekka Kallasvuo [Nokia-Chef] und Christa Thoben [NRW-Wirtschaftsministerin, CDU] in dieser Woche, sagte Achenbach. Der Nokia-Chef hatte angekündigt, nach Deutschland zu kommen. Er soll Thoben an einem noch nicht bekannten Termin treffen. Thoben spiele eine sehr wichtige Rolle, sagte Achenbach.

Ein Sprecher der Düsseldorfer Staatskanzlei bestätigte auf Anfrage, dass es in dieser Woche ein solches Treffen geben wird. Zu Einzelheiten machte er keine Angaben. Eine Vorabmeldung der Bild-Zeitung, wonach die Spitzen der nordrhein-westfälischen Landesregierung und des Handy-Herstellers ab Montagvormittag zu einem Gespräch zusammenkämen, kommentierte der Sprecher nicht.

Indes hat sich auch der Vorsitzende der Bundestagsfraktion der Linken, Gregor Gysi, in die Debatte um Fördergelder eingeschaltet und strenge Auflagen für Unternehmen gefordert. Er sehe keinen Grund, bei der Gewährung von Fördermitteln nur bestimmte Fristen zur Einhaltung von Auflagen zu vereinbaren, wie es bisher geschehen sei, sagte Gysi am Samstag als Gastredner des Parteitags der märkischen Linken im brandenburgischen Blossin. Vielmehr wäre es sinnvoll, kompromisslos festzuschreiben, dass die Unternehmen sämtliche Fördergelder zurückzahlen müssen, wenn sie ihre Standorte ins Ausland verlagern.

Barroso: EU hilft Bochumer Nokia-Mitarbeitern

Die Überprüfung der Subventionsauflagen war von der NRW-Bank in Auftrag gegeben worden. Bis zum Freitag hatten die Zahlen vorliegen sollen. Erste Trends ergäben, dass die Zahl der erforderlichen 2 860 Dauerplätze zwischen 200 und 400 unterschritten worden sei, sagte der Sprecher des nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministeriums, Joachim Neuser. Wenn sich dieser Trend bestätige, "dann wird das Wirtschaftsministerium prüfen, ob und in welche Richtung welche Konsequenzen zu ziehen sind", sagte Neuser weiter.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sicherte der Bochumer Nokia-Belegschaft die Unterstützung der Europäischen Union zu. "Ich verstehe die Sorgen der Beschäftigten, versichere ihnen unsere Solidarität. Wo es erforderlich ist, helfen wir, zum Beispiel bei Umschulungen", sagte Barroso der Bild am Sonntag. "In den nächsten sieben Jahren erhält Deutschland über neun Milliarden Euro aus unserem Sozialfonds." Barroso betonte, die Verlagerung des Nokia- Werks nach Rumänien werde nicht mit Geld aus Brüssel gefördert.

Am Montagabend wird der SPD-Bundesvorsitzende Kurt Beck zu einem "Solidaritätsparteitag" des SPD-Unterbezirks in Bochum erwartet. Am 10. Februar soll eine Menschenkette um das Werk im Norden Bochums gebildet werden.

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