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Editorial: Rauf statt runter

Festnetz-Interconnection-Entgelte ändern sich in ungewohnte Richtung
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An der aktuellen Entscheidung ist zu begrüßen, dass vergleichbare Netzbetreiber sich gegenseitig die gleichen Entgelte bezahlen. Das verhindert Verzerrungen im gegenseitigen Wettbewerb und erhöht die Transparenz. Die früher festgesetzten Zuschläge zugunsten der neuen Anbieter wurden zurecht kritisiert.

Grundsätzlich ist die Erhöhung aber abzulehnen. Die Kosten für Anschaffung und Betrieb von IT-Systemen sind in den letzten Jahren weiter gesunken, zugleich hat sich deren Leistungsfähigkeit weiter massiv erhöht. Glasfasernetze werden dank des weiterhin exponentiell wachsenden Internet-Datenvolumens immer besser ausgelastet; Sprache hat am Gesamtverkehr und somit auch den Gesamtkosten oft nur noch einen kleinen Anteil.

Andererseits gibt es auch Gründe, die für eine Erhöhung sprechen. Die Telekom hat der Bundesnetzagentur zufolge ausführlichere und besser nachvollziehbare Kostenunterlagen vorgelegt als in der Vergangenheit. Die Zahl der Verbindungsminuten im Festnetz und insbesondere auch im Festnetz-Interconnect ist rückläufig, bedingt durch die zunehmende Handy-Nutzung und den Ersatz von Internet-by-Call durch Datendienste wie DSL und Breitbandkabel. Folglich verteilen sich bestimmte, dem IC zuzurechnende fixe Kosten auf weniger Minuten und ergeben somit einen höheren Kostenanteil pro Minute.

Entscheidung gerichtlich anzugreifen wird schwierig sein

Somit gibt es Gründe, die für eine Senkung sprechen, und andere Gründe, die für eine Erhöhung sprechen. Die Bundesnetzagentur hat bei deren Bewertung einen gewissen Spielraum, und so wird es schwierig werden, die aktuelle Entscheidung gerichtlich anzugreifen. Einige der besonders betroffenen Call-by-Call-Anbieter werden es dennoch versuchen.

Am kritischsten ist die Tatsache, dass die Bundesnetzagentur auch "Aufwendungen für Abfindungszahlungen, die sie im Rahmen ihres Personal-Restrukturierungsprogramms tätigt, sowie die Kosten für die Personalauffanggesellschaft 'Vivento' berücksichtigt" hat. Faktisch werden hier die Konkurrenten nun für eine verfehlte Geschäftspolitik der Deutschen Telekom haftbar gemacht.

Zwar ist unbestritten, dass die Deutsche Telekom bei ihrer Gründung nicht nur das Telefonnetz erhalten hat, sondern auch eine Überzahl an Mitarbeitern, die aktuell für den Betrieb des Netzes gar nicht mehr erforderlich sind, und die sie aufgrund ihrer jahrelangen Betriebszugehörigkeit oder gar ihres Beamtenstatus nicht so einfach kündigen kann. Andererseits wäre es der Deutschen Telekom durchaus zuzumuten gewesen, in zu ihrer Kerntätigkeit naheliegende Geschäftsfelder einzusteigen und einen Teil des Personals dorthin zu migrieren: Verkauf von Internet-PCs im T-Punkt, Internet-Hosting, Installation und Konfiguration von Telefonanlagen und dergleichen mehr. Zwar gibt es entsprechende Angebote, oft erfolgten diese aber zu spät, zu teuer und/oder zu halbherzig.