Cyberstalking

Cyberstalking: Verfolgung über das Internet nimmt zu

Keine persönlichen Daten im Internet preisgeben
Von dpa / Anja Zimmermann

Wer Glück hat, muss nur seine E-Mail-Adresse wechseln oder unbestellte Waren zurücksenden. Schlimmstenfalls aber ist der Ruf ruiniert oder das Konto geplündert: Cyberstalking hat viele Formen. Immer häufiger werden persönliche Daten laut Experten dazu verwandt, um anderen mit den Mitteln des Internets einen Streich zu spielen oder sie massiv unter Druck zu setzen. Imagepflege im Netz und ein sensibler Umgang mit Daten können helfen.

Cyberstalking ist ein Sammelbegriff von Anwälten und Polizei für Straftaten im Internet. Dabei stand das eingedeutschte Synonym für Internet - Cyber(-space) - genauso Pate wie das englische Verb "to stalk" für anpirschen, anschleichen) "Cyberstalking ist ein Kunstbegriff", sagt Ulrich Schulte am Hülse, Rechtsanwalt in Berlin. Eine genaue Definition liege bislang nicht vor. Unter dem Strich werden damit verschiedene Wege bezeichnet, auf denen Personen per Internet belästigt und verfolgt werden.

Belästigung über das Internet nimmt zu

Als virtuelle Variante des Stalkings bezeichnet es Prof. Harald Dreßing vom Institut für Seelische Gesundheit in Mannheim: "Jene Taten, bei denen der Täter digitale Kommunikationsmedien instrumentalisiert, um das Opfer unter Druck zu setzen". Das ist aber nur ein Teil des Phänomens, fügt Schulte am Hülse hinzu. Hinzu komme der Identitätsdiebstahl im Internet, also das Ausspähen von persönlichen Daten. Das Risiko, einmal betroffen zu sein, steigt mit der Häufigkeit der Nutzung, sagen die Experten.

Denn Statistiken beispielsweise der Polizei liegen zu Cyberstalking nicht vor: "Es wird wohl immer mehr. Wir führen die Straftaten nicht unter diesem Begriff", sagt Frank Scheulen, Sprecher des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. "Mit der Zunahme und Verbreitung der Neuen Medien liegt es aber auf der Hand, dass auch Cyberstalking zunimmt", sagt Dreßing. Die Beratungen an seinem Institut etwa würden "sehr oft" in Anspruch genommen. Das Problem habe sich mit dem Aufkommen des Web 2.0 entwickelt, sagt Schulte am Hülse. Laut einer Studie des IT-Branchenverbands BITKOM in Berlin veröffentlicht jeder fünfte Bundesbürger von sich aus persönliche Informationen im Netz, überwiegend in Online-Communities. Und die Studie Jugend, Information, (Multi-)Media (JIM) 2008 des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest in Stuttgart hat ergeben, dass von knapp 40 Prozent der Befragten bereits Fotos ohne ihr Wissen ins Internet gestellt wurden. Etwa jeder Fünfte ist den Angaben nach durch falsche oder beleidigende Angaben bloßgestellt oder gekränkt worden.

Andere Formen verursachen ganz praktischen Ärger: "Unter fremden Namen kaufen und verkaufen Cyberstalker Waren im Online- und Versandhandel. Sie veröffentlichen Homepages, Blogs oder begehen Straftaten", zählt Scheulen auf. Gängig sei auch das unerwünschte Senden und Versenden von E-Mails, das unbefugte Veröffentlichen von Fotos oder von vermeintlichen Aussagen des Opfers mit anzüglichem Inhalt.

Nicht nur Privatleute, auch Gewerbetreibende bringt das in Verruf. Schulte am Hülse zum Beispiel berät gewerbliche Kunden, die sich gegen lancierte Rufschädigung von Konkurrenten wehren. Negativeinträge in Verbraucherplattformen zum Beispiel könnten einen Gastronomen schnell um Ruf und Kundschaft bringen. Kern des Problems ist laut Scheulen, "dass in Foren, auf Internetseiten, in Weblogs und in Newsgroups Daten eingestellt werden, ohne dass sich einer Gedanken macht". Daneben mehren sich Videos und Fotos: "Mitschüler in verfängliche Situation bringen, filmen und die kompromittierenden Bilder in Tauschbörsen anbieten", so schildert Scheulen das Vorgehen der Übeltäter. Die Links werden im Freundeskreis verteilt. Das Opfer weiß meist lange nichts von den Angriffen. Wer Opfer von Cyberstalkern geworden ist, sollte unverzüglich Anzeige erstatten, rät Scheulen: "Dann kann die Polizei über den Provider und die IP-Adresse die Täter aufspüren." Abmahnung, Unterlassungsverfügung und Schadensersatzforderungen hätten dann gute Erfolgsaussichten, sagt Schulte am Hülse. Zur Vorbereitung rechtlicher Schritte empfehle sich die Dokumentation des Cyberstalkings.

Keine persönlichen Informationen preisgeben

Ein sensibler Umgang mit Internet und Daten hilft vorzubeugen. "Geben Sie keine persönlichen Informationen wie Hobbys oder Vorlieben preis", rät Scheulen. Vor allem sollten keine Telefonnummern, Adressen oder Namen in Chatrooms veröffentlicht werden: "Man weiß nicht, wer sich im Netz verbirgt oder wie die Daten weiter genutzt werden." Dreßing rät dazu, bei der Nutzung von SchülerVZ, Xing und Co. den Zugang zum privaten Profil auf Bekannte und Freunde zu limitieren. Es hänge sich schließlich auch niemand ein Schild mit persönlichen Daten oder seinen sexuellen Vorlieben um und renne damit durch die Innenstadt. Und selbst wenn - das Fatale an multimedialem Exhibitionismus sei das lange Gedächtnis des World Wide Web, sagt Dreßing: "Irgendetwas bleibt immer hängen."