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Mein Erfahrungsbericht...


27.08.2007 17:23 - Gestartet von Wei.
Seit fünf Jahren betreibe ich einen Blaupunkt-Woodstock-DAB-52, das damals erste Autoradio am Markt mit integriertem Chipsatz, also ohne externe Empfangsbox, der damalige Marktpreis lag bei etwa 550 Euro.

Dieses Gerät benötigt eine herkömmliche Antenne mit 50-Ohm-Anschluß für analogen UKW- und AM-Empfang sowie eine spezielle DAB-Antenne mit einem sogenannten SMB-Stecker für digitalen DAB-Empfang.

Da die von Blaupunkt angebotene Scheiben-Klebe-Antenne teuer und außerhalb der Kernversorgungszone der DAB-Sender nicht leistungsfähig ist und ich keine zweite Außenantenne installieren wollte, habe ich mir das Gerät intern so umgebaut, daß die analoge UKW-Antenne auch das DAB-Modul mitversorgt, mit besten Ergebnissen für den Empfang im Band III, sofern man eine ordentliche, sprich lange, Stabantenne verwendet, möglichst ohne Verstärker.
Wie dies genau geht, habe ich seinerzeit in diversen DAB-Foren geschildert.

Soweit zur Technik, wie gesagt, das Ganze funktioniert bis heute einwandfrei, mittlerweile bereits im Folgefahrzeug.

Meine Meinung zur DAB-Einführung in Deutschland dagegen ist mit einem Wort zu beschreiben: Trauerspiel!

Ich war seinerzeit absolut überzeugt vom System DAB und bin es noch immer, weil es erstmalig einen Empfang im fahrenden Fahrzeug bietet, der der Studioqualität entspricht, die als Modulation auf die Sender geht.
Deshalb habe ich mir das Gerät noch in der Anfangsphase des Regelbetriebs für viel Geld gekauft und ... ich würde es NICHT wieder tun!

Daß man in Deutschland ein technisch so hervorragendes System wie DAB entwickelt, beteiligt waren immerhin das IRT, Fraunhofer, die ARD usw., ist die eine Sache, traurig ist dagegen, daß durch föderales Durcheinander und mangelhafte Kompetenz vieler Entscheidungsträger DAB bis heute nicht das geworden ist, was es z.B. in GB binnen kürzester Zeit dank der BBC wurde.

Bei uns hat man von Beginn an auf sogenannte "Mehrwertdienste" und Zusatzprogramme gesetzt, meiner Meinung nach der erste Irrsinn bei der Markteinführung eines neuen Verbreitungswegs, denn:
Immer, wenn ich jemandem die Vorzüge von DAB präsentieren wollte, kam als erstes die Frage:
Kann ich damit die herkömmlichen analog über UKW gesendeten Programme empfangen, in unserem Falle also die des MDR, RadioPSR, HitradioRTL usw.?
Da konnte ich dann mit Radio Jojo & Co. zum ersten Mal nicht überzeugen, Systempräsentation durchgefallen!
Natürlich braucht es für eine gewisse Zeit die Simulcast-Abstrahlung der wichtigsten bestehenden Programme, wenn man die Hörer nicht verprellen will!
Man denke nur an die jahrelange Parallelabstrahlung der meisten deutschen Fernsehprogramme über das ASTRA-Satellitensystem: Analog und digital per DVB-S, dort geht die Parallelabstrahlung eher schon zu lange, wenn man bedenkt, daß jeder analoge Transponder die ARD immense Gebührengelder kostet und ein DVB-S-Receiver ab 30 Euro zu kaufen ist ...

Die zweite freudige Erkenntnis kam dann immer bei der Probefahrt von Chemnitz (gut versorgt über Sendestandort Totenstein) nach Marienberg (Sendestandort Drei-Brüder-Höhe) durch das Zschopautal.
Denn dort müßte z.B. ein Repeater für die Stadt Zschopau eingesetzt werden, die SLM sieht es aber für wichtiger an, Zschopau mittels analogem UKW-Sender auf 99,5 MHz mit MDR-Info zu versorgen, man baut also das alte System, das abgelöst werden soll, mit neuen Sendern aus, während der geneigte Hörer auf DAB ... die Rüge "No Ensemble" seines Empfängers erhält!
Systempräsentation zum zweiten Mal durchgefallen, toll!

Und wenn nun schon der potentielle DAB-Kunde vom Kauf des Geräts abgehalten wurde ... jetzt macht man denen, die zu Beginn die teuren Empfänger aus Überzeugung gekauft haben, noch eine besondere Freude:
Man plant, die Norm derart zu modifizieren (MPEG4), daß wir unsere Blaupunkt-Woodstocks & Co. wegschmeißen können, denn die sind nicht zum Decodieren des neuen Datenstroms in der Lage, und man ist noch nicht mal so ehrlich, das den Leuten zu sagen!
Nein, es wird sogar noch die Abwärtskompatibilität angepriesen, die sich aber nur darauf bezieht, daß neue Geräte nach alter Norm abgestrahlte DAB-Ensembles wiedergeben können, nicht aber ein "alter" Blaupunkt-Woodstock ein neues MPEG4-Ensemble!

Und so werden die Käufer wieder mal verunsichert, denn welcher "Verkaufsberater" weiß schon (wenn er denn mit "DAB" überhaupt was anfangen kann ...), ob das entprechende Gerät nach alter oder neuer Norm decodieren kann bzw. updatefähig ist ...

Und die Katze beißt sich weiter in den Schwanz, indem die Programmveranstalter nicht (mehr) über DAB senden, weil die technische Reichweite zum Hörer fehlt, der Hörer die Reichweite durch Kauf von Geräten aber nicht steigert, weil er ein attraktives Programmangebot vermißt!

Mein Fazit:
Nie wieder werde ich ein Gerät kaufen, bevor das alte durch Abschaltung der alten Norm nicht mehr funktioniert!
Die Industrie wirds freun ...
(Ja mein lieber Kollege, Du wirst jetzt lachen ...)
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[1] grafkrolock antwortet auf Wei.
17.10.2007 11:30
Benutzer Wei. schrieb:
Mein Fazit: Nie wieder werde ich ein Gerät kaufen, bevor das alte durch Abschaltung der alten Norm nicht mehr funktioniert!
Das Fazit lautet vor allem: Keine Geräte für neue Technologie kaufen, bevor die Standards etabliert und am Markt Geräte für 49,99 € erhältlich sind.
Die Vergangenheit zeigt doch, daß fast alles nur Prototypstatus hatte, was sich noch nicht weithin durchgesetzt hat. Besitzer älterer Flachfernseher ("HD-ready") können ein Lied davon singen. Man gibt viel Geld aus, hat aber letztlich nichts davon.
Was bringt auch ein digitales Autoradio, wenn es keine flächendeckende Senderversorgung gibt?
Also bitte erst Netzausbau, dann Anschaffung der nötigen Hardware.

Im Übrigen verstehe ich nicht, warum solche Geräte nicht zukunftssicherer gemacht werden. Die haben ihr Betriebssystem doch eh alle im Flash-ROM. Warum kann man nicht mittels Firmwareupdate auf MPEG4 aufrüsten?
Eine ähnliche Diskussion gab es ja betreffs DVB-T2. Die Benutzer müßten dafür neue Receiver anschaffen. Warum? Ich glaube nicht daran, daß die Hardware zum Dekodieren auch neuer Normen grundsätzlich zu leistungsschwach ist.
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[1.1] GrößterNehmer antwortet auf grafkrolock
17.10.2007 17:04
Benutzer grafkrolock schrieb:
Benutzer Wei. schrieb:
Mein Fazit: Nie wieder werde ich ein Gerät kaufen, bevor das alte durch Abschaltung der alten Norm nicht mehr funktioniert!
Das Fazit lautet vor allem: Keine Geräte für neue Technologie kaufen, bevor die Standards etabliert und am Markt Geräte für 49,99 € erhältlich sind.
Das ist zwar wirtschaftlich richtig gedacht, allerdings wird es ohne die "Early Adopters", die gerade die noch nicht ganz ausgereiften Geräte zu überteuerten Preisen kaufen, meistens keine Standards geben. Und wenn man sich Digitalradio in D anschaut, war das ja auch das Problem. Hätten sich anfangs viele Kunden so ein Radio gekauft, wäre es für die Sender interessanter gewesen nach der neuen Technik zu senden. Oder wäre schon anfangs ein breites Angebot da gewesen, hätten mehr Kunden die Radios gekauft, was dann zu massiven Preissenkungen geführt hätte.

Im Übrigen verstehe ich nicht, warum solche Geräte nicht zukunftssicherer gemacht werden. Die haben ihr Betriebssystem doch eh alle im Flash-ROM. Warum kann man nicht mittels Firmwareupdate auf MPEG4 aufrüsten?
Eine ähnliche Diskussion gab es ja betreffs DVB-T2. Die Benutzer müßten dafür neue Receiver anschaffen. Warum? Ich glaube nicht daran, daß die Hardware zum Dekodieren auch neuer Normen grundsätzlich zu leistungsschwach ist.
Die Dekodierung solcher Signale wird meistens nicht softwareseitig sondern mit integrierten Chiplösungen gemacht. Diese Geräte sind eben keine universellen Computer, sondern nur für einen bestimmten Zweck konstruiert.

Gruß
GrößterNehmer
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[1.1.1] grafkrolock antwortet auf GrößterNehmer
17.10.2007 17:17
Benutzer GrößterNehmer schrieb:
allerdings wird es ohne die "Early Adopters", die gerade die noch nicht ganz ausgereiften Geräte zu überteuerten Preisen kaufen, meistens keine Standards geben.
...was aber halt das Risiko mit sich bringt, das Geld zum Fenster rausgeworfen zu haben.

Hätten sich anfangs viele Kunden so ein Radio gekauft, wäre es für die Sender interessanter gewesen nach der neuen Technik zu senden.
Das glaub ich nicht zwangsläufig. DVB-T wurde auch breit eingeführt, ohne daß es nennenswerte Stimmen in der Bevölkerung gegeben hätte, die das forderten. Wer viele Sender in digitaler Qualität wollte, schaffte eine Satellitenschüssel an.

Oder wäre schon anfangs ein breites Angebot da gewesen, hätten mehr Kunden die Radios gekauft, was dann zu massiven Preissenkungen geführt hätte.
Das schon eher. Aber digitales Satellitenradio ist ja auch eingestellt worden. Alles in allem führt das Produkt ein Nischendasein.
Mit Ausnahme der mobilen Anwendung fehlt auch ein echter Mehrwert für den Hörer. UKW reicht zum nebenbei hören normalerweise völlig aus, und genug Sender hat man auch damit. Es ist nicht anzunehmen, daß die Kunden sich massenhaft auf 500 € teure Empfänger stürzen werden, um zu Hause beim Abwasch digitales Radio zu hören.
Eine Umstellung wird eher ein Prozeß über Jahre sein.
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[1.1.1.1] GrößterNehmer antwortet auf grafkrolock
17.10.2007 17:36
Benutzer grafkrolock schrieb:
Benutzer GrößterNehmer schrieb:
allerdings wird es ohne die "Early Adopters", die gerade die noch nicht ganz ausgereiften Geräte zu überteuerten Preisen kaufen, meistens keine Standards geben.
...was aber halt das Risiko mit sich bringt, das Geld zum Fenster rausgeworfen zu haben.
So ist es halt.

Hätten sich anfangs viele Kunden so ein Radio gekauft, wäre es für die Sender interessanter gewesen nach der neuen Technik zu senden.
Das glaub ich nicht zwangsläufig. DVB-T wurde auch breit eingeführt, ohne daß es nennenswerte Stimmen in der Bevölkerung gegeben hätte, die das forderten. Wer viele Sender in digitaler Qualität wollte, schaffte eine Satellitenschüssel an.
Nicht alle können sich einfach eine Schüssel auf den Balkon klemmen. In vielen Mehrfamilienhäusern wird das vom Eigentümer nicht gestattet. Außerdem wurde doch DVB-T auch nur inselweise mit weniger Programmen gestartet. Da aber Fernsehen anders konsumiert wird als Radio, lohnte es sich für die Leute im Versorgungsgebiet sich einen Empfänger zu kaufen, wenn ihnen DVB-T eine Verbesserung brachte. Also z.B. bessere Qualität als analog, günstiger als Kabel-TV,...

Oder wäre schon anfangs ein breites Angebot da gewesen, hätten mehr Kunden die Radios gekauft, was dann zu massiven Preissenkungen geführt hätte.
Das schon eher. Aber digitales Satellitenradio ist ja auch eingestellt worden. Alles in allem führt das Produkt ein Nischendasein.
Mit Ausnahme der mobilen Anwendung fehlt auch ein echter Mehrwert für den Hörer. UKW reicht zum nebenbei hören normalerweise völlig aus, und genug Sender hat man auch damit. Es ist nicht anzunehmen, daß die Kunden sich massenhaft auf 500 € teure Empfänger stürzen werden, um zu Hause beim Abwasch digitales Radio zu hören.
Genau, es gab einfach zu wenig Vorteile für die Kunden. Man kann über Satellit schon Radio hören über den ganz normalen TV-Standard. Da wird einfach nur das Bild weggelassen. Die Qualität ist dabei immer noch sehr viel besser, als bei analoger Übertragung. Radio wird einfach zum großen Teil unterwegs gehört, da man es "nebenbei" machen kann. Satellitenradio könnte sich in Deutschland meiner Meinung nach allerdings durchsetzen, wenn man es - wie in den USA - unterwegs ohne Schüssel empfangen könnte. Allerdings muss es auch viele kostenlose Programme geben, denn hier in D ist die Bereitschaft für Programme extra zu zahlen nicht so hoch, wie in den USA (Beispiel Premiere und Co).

Gruß
GrößterNehmer
Eine Umstellung wird eher ein Prozeß über Jahre sein.
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[1.2] fruli antwortet auf grafkrolock
18.10.2007 00:12
Hi,

Benutzer grafkrolock schrieb:
Im Übrigen verstehe ich nicht, warum solche Geräte nicht zukunftssicherer gemacht werden. Die haben ihr Betriebssystem doch eh alle im Flash-ROM. Warum kann man nicht mittels Firmwareupdate auf MPEG4 aufrüsten?

Bei DVB-T kann man das bei Receivern mit CI-Steckplatz machen - siehe französischer Markt, wo entsprechende CI-Module für den sich dort etablierenden DVB-T-MPEG4-Empfang für herkömmliche MPEG2-DVB-T-Empfangsgeräte mit CI-Steckplatz angeboten werden.

Bei FTA-Billigware im Bereich von 30-40€ ohne CI-Steckplatz kann man das im übrigen auch nicht erwarten.

So long.
fruli