Thread
Menü

Gewährleistung bezieht sich nur auf Kaufzeitpunkt


28.12.2011 22:37 - Gestartet von sediust
Grundsätzlich stimme ich ja dem Tenor des Artikels zu, allerdings fehlt mir der entscheidende Unterschied im Vergleich von Garantie und Gewährleistung: die (freiwillige) Garantie eines Herstellers bezieht sich immer auf einen ZEITRAUM, z.B. 1 Jahr oder 36 Monate ab Kaufzeitpunkt. In der Regel garantiert der Hersteller für den in seinen Garantiebedingungen spezifizierten Zeitraum die Funktion des Gerätes und repariert oder tauscht im Falle eines defektes aus. Im Gegensatz dazu steht nun die gesetzlich geregelte Gewährleistung: sie bezieht sich nur auf einen ZEITPUNKT, und zwar den Zeitpunkt des sogenannten Gefahrübergangs, in der Regel der Zeitpunkt des Kaufes. Darüber hinaus bezieht sich die Gewährleistung nur auf das Binnenverhältnis Händler - Kunde und läßt den Hersteller völlig außen vor. Der Händler ist verpflichtet, dem Kunden eine von Sach- und sonstigen Mängeln freie Ware zu liefern, und der Kunde hat ab dem KaufzeitPUNKT 2 Jahre Zeit, einen etwaigen Mangel zu reklamieren, nichts anderes sagt die Gewährleistung. Schlimmer noch: nach 6 Monaten kommt es zur Beweislastumkehr, d.h. nach 6 Monaten muß der Kunde dem Händler nachweisen, das der Mangel an der Kaufsache bereits zum Zeitpunkt des Kaufes bestanden - im schlimmsten Falle braucht man dafür ein Gutachten. D.h. wenn ich nach z.B. 15 Monaten zum Händler gehe und einen Mangel reklamiere, kann der Händler eine Nachbesserung, Wandlung oder Kaufpreisminderung ablehnen, außer ich kann BEWEISEN, dass der Mangel bereits zum Zeitpunkt des Kaufes bestand - ist dann auch die Herstellergarantie bereits abgelaufen, bleibt man evtl. auf den Reparaturkosten sitzen. Die meisten Händler versuchen natürlich, im Sinne ihrer Kunden zu handeln, aber letztlich ist das natürlich immer eine Kulanzfrage! Wie kulant ein Händler ist, weiß man beim Kauf natürlich häufig noch nicht, da hilft ggfls. ein Blick in einschlägige Foren etc.
Fazit: Gewährleistung ist gut, Garantie ist besser ;-)

Sediust
Menü
[1] Der_FLo antwortet auf sediust
29.12.2011 12:53
hervorragend erklärt!

Gerade dieser wichtigste Unterschied wurde hier nicht erklärt.

Garantie: Gerätedefekt nach dem Kauf
Gewährleistung: Gerätedefekt bereits beim Kauf

Der Beweis eines Schadens beim Kauf sollte bei heutigen Mobiltelefonen und anderer Unterhaltungselektronik - nach der Beweislastumkehr - schwierig werden. Oder wurde etwa freiwillig auf Features verzichtet?
Menü
[2] Kai Petzke antwortet auf sediust
29.12.2011 13:26
Benutzer sediust schrieb:

Schlimmer noch: nach 6 Monaten kommt es zur Beweislastumkehr, d.h. nach 6 Monaten muß der Kunde dem Händler nachweisen, das der Mangel an der Kaufsache bereits zum Zeitpunkt des Kaufes bestanden - im schlimmsten Falle braucht man dafür ein Gutachten.

Das ist in der Tat so. In den ersten 6 Monaten nach dem Kauf muss aber der Händler nachweisen, dass die Ware beim Kauf fehlerfrei war, wenn er die Gewährleistung ablehnt. Dieser Nachweis ist bei einem pfleglich behandelten und dann defekt gewordenen Gerät i.d.R. unmöglich. Zumal der Händler auch solche Fehler gegen sich gelten lassen muss, die "im Keim bereits vorhanden waren": Ein Chip, der zum Tag 0 also gerade noch so die Spezifikation einhält und wegen normaler
Degradation am Tag 100 die Spezifikation verlässt, so dass das Gerät ausfällt, geht also ebenfalls zu Lasten des Händlers, nicht des Kunden.

Fazit: Gewährleistung ist gut, Garantie ist besser ;-)

Praktisch alle üblichen Garantie-Bedingungen schließen durch äußere Einwirkung (Gewalt, Wasser, zu hohe/niedrige Temperaturen etc. pp.) nachträglich eingetretene Fehler ebenso aus wie die Gewährleistung. 6 Monate Garantie sind somit kaum besser als die 6 Monate gesetzliche Gewährleistung vor der Beweislastumkehr. Nach den 6 Monaten steht man mit Garantie oft besser da als mit Gewährleistung, aber auch nicht immer: So kann zum Beispiel in Garantiebedingungen durchaus stehen, dass der Kunde das Gerät auf eigene Kosten einsenden muss, während die Gewährleistung immer für den Kunden kostenlos zu erbringen ist. Ebenso können Garantiebedingungen lange Reparaturzeiten vorsehen, während derer der Kunde auch keinen Anspruch auf ein Ersatzgerät hat, während eine unangemessen lange Gewährleistungsreparatur eigentlich immer einen Anspruch des Kunden auf ein Ersatzgerät während der Reparaturphase, oder auf eine entsprechende Kaufpreisminderung auslöst. Auch wenn viele Kunden diesen Anspruch nicht gegen den Händler durchsetzen.

Es gibt aber auch Garantiebedingungen, die für den Kunden sehr vorteilhaft sind, etwa, wenn der Hersteller kostenlosen Versand und Vorabaustausch anbietet. Fazit: Wird ein Gerät defekt, sollte man erstmal Garantiebedingungen des Herstellers und Gewährleistungsbestimmungen (AGB) des Händlers lesen, und dann abwägen, von wem man die Reparatur abwickeln lässt.


Kai